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Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Titel: Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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meinen Sie?«
    »Die Kamera auf der Brücke zu hacken, sodass es so aussah, als ob nur ein Kats sie betreten hätte. Und nicht zwei.«
    Ohne vom Bildschirm aufzublicken, sagte Efim Kats: »Nein, nicht schwierig. Jeder siebzehnjährige Computerfreak hätte das gekonnt.«
    »Aber warum haben Sie sich selbst nicht auch aus dem Speicher getilgt?«, fragte Kieffer.
    »Das hätte ich getan, wenn diese Kameras alle an einen Zentralrechner gekoppelt wären. Aber es gibt leider zwei Computer. Dass einer den Geist aufgibt, das geht als Zufall durch. Hätte ich jedoch beide abstürzen lassen, wäre es mit Sicherheit aufgefallen.«
    Kieffer begann, die Pistole langsam aus seinem Hosenbund zu ziehen. Kats klackerte immer noch auf der Tastatur herum.
    »Und wie haben Sie ihn über die hohe Brüstung befördert?«
    Kats drehte sich zu ihm um. Einige Schweißperlen hatten sich auf seiner hohen Stirn gebildet, ansonsten wirkte er jedoch völlig ruhig. »Ein Mensch, der einem blind vertraut. Stunden zuvor eine große Portion White Lightning LSD in seinem Orangensaft. Und mehr Hass, als Sie sich auch nur im Entferntesten vorstellen können.«
    Der Koch zog die Glock und legte an. Im selben Moment hörte er ein Brausen, ein Geräusch wie von tosender Luft. Seine Ohren knackten. Das Tosen hielt höchstens zwei oder drei Sekunden an, dann herrschte völlige Stille. In der Halle schien sich nichts verändert zu haben. Das zumindest glaubte Kieffer, bis er versuchte, zu atmen. Nichts passierte. Er spürte, wie sich sein Zwerchfell und sein Brustkorb verkrampften, als sein Körper verzweifelt versuchte, Luft in seine Lungen zu befördern. Er merkte, wie ihm schwindelig wurde.
    Vor sich sah er Kats, der inzwischen aufgestanden war und ihn interessiert betrachtete. Die Feuerschutzvorrichtung, ging es Kieffer durch den Kopf. Wie in Kwaukas Serverraum, sie saugt binnen Sekunden die Luft ab.
    Vor dem Gesicht trug Kats eine Atemmaske, deren Schlauch zu einer kleinen Druckflasche führte. Kieffer zielte auf ihn und drückte ab. Der Koch spürte den Rückschlag, hörte aber keinen Knall. Vor seinen Augen begann die Halle zu verschwimmen. Er meinte zu erkennen, dass einer der Monitore gesplittert war. Der Schuss, dachte er. Du hast den Schuss nicht gehört, weil man in einem Vakuum nichts hören kann. Dann fiel er.
    Als er wieder zu sich kam, schnappte er sofort panisch nach Luft. Atmen hatte sich noch nie so gut angefühlt. Er saß auf dem Boden, an eines der Serverregale gelehnt. Efim Kats hatte ihm die Hände hinter dem Rücken an einen der Stahlpfosten gefesselt und beobachtete ihn von seinem Bürostuhl aus. Er rauchte. »Manueller Override. Kein Rauchmelder wie bei Lityerses. Ich würde Ihnen ja auch eine anbieten, aber ich vermute, dass Sie es gerade nicht so genießen könnten.«
    Kieffer versuchte vergeblich, sich bequemer hinzusetzen. »Wieso haben Sie ihn umgebracht, Kats?«
    »Schwer zu erklären. Ich glaube, anfangs waren wir einander ebenbürtig, im Körper wie im Geiste. Als Babys, meine ich. Aber mit zwei Jahren ist Aron beinahe an einer Hirnblutung gestorben, und als er sich erholt hatte, da war er anders. Anders als ich. Anders als alle. Trotzdem liebte ich ihn, mehr als alles auf der Welt. Die Leute haben immer gesagt, dass wir uns perfekt ergänzen. Der hochintelligente, aber fast autistische Aron. Und der redegewandte Efim, der seinem lebensunfähigen Bruder so selbstlos zur Hand ging. Genau wie in der griechischen Mythologie: Pollux, der Sohn des Zeus, gesegnet mit unglaublichen Talenten. Und sein sterblicher Bruder Kastor. Trotz aller Unterschiede ein Herz und eine Seele.«
    Kats’ Gesicht verzerrte sich. »Aber es war überhaupt nicht so. Wissen Sie, was für ein kaltherziges Monster er war? Er hat mich wie seinen Lakaien behandelt, schon, als wir noch Kinder waren. Als ich dann meine Aufenthaltserlaubnis verlor, wurde es noch schlimmer.«
    »Wieso verloren Sie die?«
    »Wir waren siebzehn. Aron studierte schon in Yale, und ich erleichterte AT&T mit meinem Atari-Homecomputer um Kleingeld. Weil das nicht allzu einträglich war, verkaufte ich auf der Highschool außerdem Gras und Pillen. Damals hatte noch keiner aus meiner Familie eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, geschweige denn einen US-Pass. Und als die Bullen mich wieder mal hochnahmen, da kamen noch ein paar andere Sachen heraus, die ich gedreht hatte. Es hätte locker für zehn, fünfzehn Jahre gereicht, aber stattdessen wiesen sie mich aus. Ich sollte zurück nach

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