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Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi

Titel: Letzte Ernte. Ein kulinarischer Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hillenbrand
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Pistole seines Vaters. Der Alte war ein Waffennarr gewesen und obwohl Xavier Kieffer diese Leidenschaft nie hatte teilen können, hatte er die Halbautomatik aufgehoben. Normalerweise bewahrte er die 9-Millimeter auseinandergenommen und in Ölpapier eingeschlagen in der Cave des »Deux Eglises« auf. Nach dem Überfall in Paris hatte er die Pistole jedoch mit nach Hause genommen und sie zusammengesetzt, so wie sein Vater es ihn gelehrt hatte. Er hatte große Sorge gehabt, dass die Polizisten die Waffe bei der Hausdurchsuchung finden würden, doch offenbar war das Versteck gut gewesen. Er steckte die Glock hinten in seinen Hosenbund und ging wieder nach unten.
    Kats saß in Kieffers Wohnzimmer und rauchte. Sein Gesichtsausdruck verriet dem Koch, dass er fündig geworden war. »Es ist so, wie ich vermutet hatte. Ein Granatapfel kann sehr wohl eine Zahl sein.«
    »Wie das?«
    »Der Granatapfel hat in unserer Religion eine besondere Bedeutung. Man isst ihn zu Rosh Hashanah, dem Neujahrsfest, weil seine vielen Samen Fülle und Reichtum symbolisieren. Da ich aber kein sehr guter Jude bin, hatte ich das fast vergessen. Ich habe Rosh Hashanah das letzte Mal gefeiert, als ich ein Teenager war. Deshalb wusste ich auch nicht mehr, wie viele Samen der Überlieferung zufolge in einem Granatapfel stecken.«
    »Und? Wie viele sind es?«
    »613. Genauso viele wie die Thora Mitzvot hat, Gebote. Und natürlich ist 613 auch eine Primzahl.« Kats rieb sich die Hände. »Damit haben wir die Faktorschlüssel für den Zwillingsserver.«
    »Aber wo ist der?«
    »Ach, das wissen Sie nicht? Auf dem Kirchberg. Wollen Sie ihn sehen?«

28
    Sie fuhren in Richtung Kirchberg. Wie Efim Kats ohne gültigen Führerschein an den schwarzen Siebener BMW mit Münchner Kennzeichen gekommen war, wollte Kieffer lieber nicht so genau wissen. Das Auto war aber nur eine von mehreren Sachen, die ihm Bauchschmerzen bereiteten. Zu vieles erschien ihm seltsam, und er fragte sich, ob es klug gewesen war, den Hacker hierher zu begleiten. Zwar hielt er Kats Geschichte für halbwegs schlüssig, aber irgendein Detail irritierte ihn außerordentlich. Er konnte nur nicht genau sagen, welches. Der Koch überlegte, ob er Lobato anrufen sollte. Wie würde Kats darauf reagieren? Kieffer spürte, wie die Glock gegen seine Niere drückte.
    »Wo fahren wir denn hin?«, fragte der Koch.
    Kats nannte den Namen einer Straße in der Nähe des Flughafens. »Rue Fécamp. Erst dachte ich, Aron habe die Server in das leere Obergeschoss des Lityerses-Gebäudes gestellt. Aber das war ein Fehler.«
    »Sie sind dort eingebrochen. Gestern Nacht.«
    »Und nicht nur dort. Anders als alle anderen Beteiligten wusste ich schließlich, wonach ich suchen musste: Für den letzten Teil unseres Plans brauchte man einen Serverpark, in den gleichen Dimensionen, wie ihn Lityerses vorhält. Dafür benötigt man eine Büroetage mit gut fünfhundert Quadratmetern, die an einen Glasfaserknoten angeschlossen ist, mit eigenem Notstromaggregat, modernstem Brandschutz sowie einer exorbitanten Stromrechnung, zehnmal so hoch wie die einer Bank oder Versicherung mit Serverraum. In einem Dorf wie diesem gibt es nicht allzu viele solche Orte; ein kleiner, unautorisierter Zugriff auf die Datenbanken von Bauamt und staatlicher Telefongesellschaft reichte aus, und schon hatte ich die acht Luxemburger Gebäude, die infrage kamen. Die ersten sechs auf der Liste erwiesen sich leider als Nieten. Das Lityerses-Büro passte ins Raster, doch ich hatte es zunächst rausgestrichen. Aber dann dachte ich mir: Warum sollte der Server nicht dort stehen? Aron könnte einfach die eine leere Etage darüber gemietet haben. Es wäre die perfekte Location gewesen, außerdem hätte es mächtig Chuzpe bewiesen.«
    »Aber das stimmte nicht.«
    »Nein. So hätte ich es gemacht. Aber Aron natürlich nicht, er hat einen langweiligeren, aber vermutlich sichereren Ort gewählt. Den letzten auf meiner Liste. So viel Pech muss man erst mal haben.«
    Sie fuhren die verlassene Rue Cents entlang, unter der Autobahn hindurch und bogen dann links in die Rue Fécamp ein, eine kleine Sackgasse im Niemandsland zwischen Bankenviertel, Autobahn und Flughafen. Kats parkte vor einem Gebäude, das eher wie der Sitz einer Import-Exportfirma aussah als wie das geheime Hauptquartier von Hightech-Hackern. Über dem Eingang hing ein schmuckloses Schild, auf dem »Frères Bruckner Fournisseurs de Service« stand, »Anbieter von Dienstleistungen«. Während Kats

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