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Letzte Fischer

Titel: Letzte Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Harry Altwasser
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Sirs Stimme über die Außenlautsprecher: »Wir geben Ihnen Gelegenheit, sich zu ergeben. Wir garantieren Ihnen einen fairen Prozess vor dem internationalen Seegericht in Hamburg. – Nutzen Sie diese Chance! Sie erhalten bei uns an Bord eine gute Behandlung!«
    »Du willst ihnen die Eier abreißen«, sagte Bolek und grinste: »Schätze, da werden sie etwas dagegen haben.«
    »Umso besser!«, sagte Luise: »Wenn sie tatsächlich fast hundert Schiffe vor den Azoren versenken wollen, dann werden wir wenigstens die vier da versenken. Man jagt einen Bären nur, wenn man ihn auch töten will.«
    Luise beobachtete, wie die Mannschaften der drei Boote die schwimmenden Kameraden aus der Seenot retteten, und wartete; Warten sei eine Tugend des Kriegers.
    Plötzlich aber überkam es sie wieder, und Luise musste erneut heftig schlucken, um sich nicht doch noch zu übergeben. Sie würgte. Was war das nur?
    Machte sie einen Fehler? Was für einen? Luise wurde die Ahnung, mit Robert könne etwas Schlimmes geschehen sein, immer deutlicher. Sie versuchte, an Mathilde zu denken, aber auch das half nicht. Im Gegenteil!
    Mit ihren Eltern stimme etwas nicht, Luise war sich sicher, und hätte sie jetzt nicht auf dem Brückendach gelegen, sie hätte unmittelbar angerufen. Sah sie Robert vor sich, wie er im Meer versank, ein Handy in der toten Hand? Die Leiche, die Hunderte von Metern sank? Tausende? Luise biss sich auf die Unterlippe, rammte sich die Fingerspitzen in den Schenkel und drückte unerbittlich zu.
    Sie musterte den Horizont, suchte weitere Schlauchboote, fand aber keines mehr. Die Rimbaud befand sich schon fast im Schatten der hohen und schmalen Felsen von Spitzbergen, deren Enden alle in einer Eis- und Schneeschicht funkelten. Wie Diamanten an der Perlenkette einer Riesin, meinte Luise.
    Sie konnte schon die lange und am Ende gekrümmte Pier des Hafens ausmachen, mit bloßem Auge. Dennoch nahm sie den Seestecher hoch und blickte hindurch. Viele Leute standen dort. Sie hielten Transparente hoch! Selbst wenn sie den vier Booten entkämen, könnten sie doch nicht im Hafen festmachen! Luise kniff die Augen zusammen. Fieberhaft überlegte sie, ehe sie sich sicher war. Sie brauchten einige Aktivisten, sie brauchten Geiseln! Sie brauchten ein Pfand, um aus der Falle zu kommen. Ein Faustpfand!
    Das Spiel war Ernst geworden. Sie mussten also zum Angriff übergehen, ohne anzugreifen.
    Luise biss sich wieder auf die Unterlippe. Sie schmeckte Blut. Das Bild des toten Stiefvaters aber blieb ihr vor Augen. Es war doch zum Verrücktwerden! Unkonzentriert blickte sie sich zu ihren Kameraden um, die zu ihr sahen. Sie schwiegen und warteten.
    »Der Einsatz ist gerade erhöht worden«, sagte Luise: »Auf der Pier stehen weitere Aktivisten, um uns das Leben schwerzumachen. Wir haben jetzt keine Wahl mehr.«
    »Geiseln?«, fragte Thomas.
    »Geiseln«, sagte Luise: »Am besten alle! Diese Idioten lassen uns keine andere Wahl.«
    »Wir haben aber nur die Freigabe B Strich sieben«, sagte Oleg: »Angreifen dürfen wir nicht.«
    »Dann warten wir, bis sie an Bord sind, um sie zu überrumpeln«, sagte Bolek.
    »Du meinst, sie kommen noch?«
    »Ja, es sind doch Deutsche darunter«, sagte Luise und musste bei dieser Feststellung selbst lachen.
    »Du willst dir also keine Rückendeckung aus der Zentrale holen?«, fragte Thomas.
    »Klar. Natürlich. – Später«, sagte Luise und drehte sich wieder nach vorn um.
    Sie befahl durchs Sprechgerät: »Team Eins: Fahren Sie weiter den Schlingerkurs, umkreisen Sie dabei die Schlauchboote und nehmen Sie noch nicht Kurs auf den Hafen. Ich wiederhole: Fahren Sie danach auf die offene See zurück, ein paar Minuten lang.«
    »Wenn Sie meinen«, sagte Sir .
    »›Ich hatte auf sonderbare Weise Angst vor dieser Frau, die ich nach achtern geleitete. Und außerdem war ich verlegen. Mir schien es, als begriffe ich zum ersten Mal, was für ein zartes und zerbrechliches Wesen eine Frau doch ist. Und als ich ihren Arm ergriff, um ihr den Niedergang hinabzuhelfen, war ich überrascht, wie schmal und weich er war. Tatsächlich war sie nicht schwächlicher oder graziler als andere Frauen auch, aber sie kam mir so ätherisch und zart vor, dass ich schon fast meinte, ihr Arm würde meinem Griff nicht standhalten. Dies alles sage ich hier ganz frei heraus, um nach langer Entwöhnung meinen ersten Eindruck von Frauen im Allgemeinen und von Maud Brewster im Besonderen wiederzugeben‹«, zitierte Thomas erneut aus dem

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