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Letzte Haut - Roman

Letzte Haut - Roman

Titel: Letzte Haut - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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gegebener Zeit werde ich Sie unterrichten, Standartenführer. Sie verstehen, ich bin zur Geheimhaltung verpflichtet. – Hier ist der Geleitbefehl, von Himmler unterschrieben. Er bevollmächtigt mich damit.“
    „Zeigen Sie her! Zeigen Sie her! Ein persönliches Schreiben vom Reichsführer SS, das hat man auch nicht alle Tage vor sich. Zeigen Sie doch her, Mann! Nicht so geizig! – Möchte man sich glatt einrahmen. Donnerwetter! ‚Der Reichsfuehrer SS hat angeordnet, dass der SS Obersturmfuehrer und SS Richter Doktor Schmelz den Auftrag hat, die von ihm vermuteten Unregelmaessigkeiten im Lager Buchenwald zu untersuchen. Der Reichsfuehrer SS wuenscht, dass mit aller Schaerfe durchgegriffen wird, und Sie haben ueber das Fortschreiten der Untersuchungen mir laufend zu berichten.‘ – Laufend zu berichten, dann stehen Sie im persönlichen Kontakt mit dem Reichsführer selbst?“
    „Jawohl, ich informiere direkt den Gerichtsherrn des Wehrkreises neun, Obergruppenführer Erbprinz von Waldeck Pymont, und der wiederum informiert direkt den Reichsführer über meine Ermittlungen. Jedes meiner Worte erreicht den Reichsführer also! – Ich kann Ihnen zwar als Untergebener nicht direkt Befehle geben, aber …“
    „Aber es wäre schon besser für meine Karriere, wenn ich Ihre, Ihre, sagen wir, Ratschläge, wie immer diese auch aussehen mögen, ernsthaft in Betracht zöge.“
    „Genau so, Standartenführer! Besser hätte ich es nicht formulieren können, meinen Respekt!“
    „Danke, danke! Hört man gerne! Ein echter Preuße, was! – Donnerwetter, Sie machen aber sofort Nägel mit Köpfen! Sie jagen den Hasen schon im Bau!“
    „Ich stehe dafür, Tatsachen zu schaffen. Meine Berufserfahrung ist, dass eine aktive Ermittlung immer erfolgversprechend ist. – Sehen, sondieren, siegen!“
    „Und was genau Sie untersuchen, Sie verstehen, das interessiert mich schon, denn es ist immerhin mein Lager, diese vermuteten Unregelmäßigkeiten da, wie es in Ihrem Geleitbrief steht, darüber können Sie mir gar nichts sagen, Obersturmführer? Überhaupt gar nichts?“
    „Rein gar nichts. Nur soviel, es betrifft vorerst nicht Sie! Weder Sie persönlich noch Ihre Befehlsgewalt. Noch Ihre Lagerorganisation.“
    „Ach so, na ja. Wenn es so ist! Schweigsam wie ein Friese beim Feiern! – Wissen Sie, es ist sehr ungewöhnlich, dass wir hier Besuch bekommen. Quasi neutrale Personen hatten wir hier noch nie. Und so unangemeldet! Kein Wort vom Reichssicherheitshauptamt, oder vom Wirtschaftshauptamt, nichts! Aber Heimlichkeit ist ja immer das beste Mittel, um große Pläne umzusetzen, das hat der Reichsführer SS selbst gesagt. Ich war dabei! – Obersturmführer, Sie sind in diesem Lagergrau eine wirkliche Attraktion, wissen Sie das? Mein Telefon stand gar nicht mehr still. Ich weiß, dass Sie Punkt elf Uhr am Tor waren, dass Sie sich sieben vor elf die Uniform zurechtgerückt haben, dass Sie sich den Bärenzwinger angesehen haben, dass Sie über den Zaun und besonders über das Tor gestaunt haben. Dass die Haarfarbe unter Ihrer Mütze da dunkelblond ist. Sie sollen sehr verwundert gewirkt haben, als Sie die Türme gemustert haben, Obersturmführer! Warum, wenn ich fragen darf? – Hängen doch keine Zigeuner dran, oder? – Kleiner Lagerwitz!“
    „Ich bin nur beeindruckt, Standartenführer, sehr beeindruckt, aber um ehrlich zu sein, ich habe nicht über das Tor gestaunt, sondern über die Worte, die eingeschmiedet sind. ‚Jedem das Seine‘, was soll das?“
    „Ein Scherz von Standartenführer Karl Koch, als er das Lager bauen ließ. Nichts Wichtiges, wenn Sie mich fragen.“
    Schmelz nickte nur, um nicht schon jetzt durch ein Nachfragen seine wahren Absichten zu verraten. Immerhin, Koch schien Bildung zu haben. Das zeigte doch einen ganz anderen Koch als jenen, welcher in den wenigen Akten zu finden war. Schmelz beschloss, die Richtung zu wechseln, räusperte sich, streckte die Brust heraus, ganz so, als stünde er vor Gericht und hielte ein Plädoyer. Sich in diese Rolle hineinzudenken, hatte ihm schon immer geholfen, auch die schwierigsten Situationen zu meistern. Er räusperte sich noch einmal und sagte: „Ich bin gewiss keine neutrale Person, wie Sie formulierten, Standartenführer! Ich weiß auch, dass so ein KL streng geheim ist. Ich weiß, es ist dermaßen gesichert, dass es heißt, in den Tower von London komme man leichter rein als aus einem KL raus, aber ich bin gewiss nicht neutral. Im politischen Sinne durchaus, wenn

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