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Letzte Instanz

Letzte Instanz

Titel: Letzte Instanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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kaum etwas anderes übrig blieb, um im Gefängnis überhaupt zu
überleben. Sie ist keine gewöhnliche Haftentlassene.«
    »Das ist sie nicht. Sie war auf einer
guten Schule — Bryn Mawr — und ist in Scarsdale aufgewachsen. Dieser Umstand
und dazu die Welt, aus der das Opfer stammte, machte den Zwei-Penny-Mord unter
anderem so faszinierend.«
    »Und weithin bekannt. Diese Pennies —
es stimmt doch, daß es mit ihnen irgend etwas auf sich hatte, abgesehen davon,
daß sie auf Cordy McKittridges Augen lagen?«
    »Hm. Es waren Bleimünzen aus der
Kriegszeit.«
    »Das ist falsch. Sie waren nicht aus
Blei. Sie waren aus verzinktem Stahl und wurden wegen des kriegsbedingten
Kupfermangels nur im Jahr 1943 geprägt.«
    Jack zog die Augenbrauen hoch. »Woher
kennst du dich in solchen Nebensächlichkeiten so gut aus?«
    »Als wir Kinder waren, hat mein Bruder
Joey von einem unserer Onkel eine Münzsammlung geerbt. Ich war schrecklich neidisch
und habe mich in sein Zimmer geschlichen, um sie mir genau anzuschauen, bis er
sie dann verkaufte, um sich ein Surfbrett anzuschaffen.«
    »Joey scheint nicht viel Verstand
gehabt zu haben.«
    »Ach, er ist ein Banause, aber ich
liebe ihn so, wie er ist. Um auf Lis Benedict zurückzukommen — ihre harte
Schale hat heute nachmittag ganz schön etwas aushalten müssen.« Ich erzählte
ihm von den Graffiti. »Wußtest du, daß sie auch Drohanrufe erhalten hat? Irgend
jemand will, daß sie die Stadt verläßt.«
    »Ich hatte keine Ahnung, und Judy weiß
sicher auch nichts davon.«
    »Wären die Graffiti nicht gewesen,
hätte sie mir auch nichts davon gesagt. Ich habe Tony Nueva darauf angesetzt.
Er soll den Jungen finden, der das getan hat. Möglicherweise wurde er von
jemandem angeheuert.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Weil der Anrufer am Telefon dieselben
Worte benutzte, die auch an Judys Hauswand geschmiert waren. Das Ganze sieht
eher nach einer Hexenjagd aus und nicht nach dem Einfall eines dummen Jungen.«
    Jack rieb sich das Kinn. »Arme Lis.
Wieso will jemand sie jetzt einschüchtern?«
    »Na ja, ich nehme an, die Leute
verzeihen ihr nicht. Oder die neuerliche Publicity hat die Geschichte wieder
aufgerührt. Was ist mit der Familie McKittridge? Sie hat eine vorzeitige
Freilassung immer wieder verhindert.«
    »Schikanen sind nicht ihr Stil. Und die
meisten Familienmitglieder sind inzwischen tot, bis auf Cordys Bruder, der in
England lebt.«
    »Erzähl mir von ihnen. Ich weiß nur,
daß ihr Reichtum auf den Silberboom von Nevada zurückgeht.«
    »Die McKittridges gehörten früher zur
Creme der Gesellschaft von San Francisco: herrschaftliches Haus auf den Pacific
Heights, Landgut in Hillsborough, Ranch im Napa Valley. Der alte Herr war
Mitglied des Pacific Union Club. Cordy war die klassische hochgewachsene,
aristokratische Blondine. Sie besuchte die richtige Schule — Katherine Delmar
Burke — und wurde beim Winter-Cotillion im Sheraton Palace in die Gesellschaft
eingeführt. Aber dann ging alles schief.«
    »Sie rebellierte.«
    »Hm. Weigerte sich, aufs College zu
gehen, fing an, sich mit einer wilden Meute herumzutreiben. Affären mit
verheirateten Männern, Boheme-Szene, Schnaps und Marihuana in Mengen. Das war
wohl ein Zeichen der Zeit damals: 1954 begann die kleine, in sich geschlossene
Welt der sogenannten guten Gesellschaft zu zerfallen. Der Krieg hatte alles
verändert.« Ich schwieg einen Moment und spielte mit meinem Weinglas. Der
Deutsche Schäferhund kam herangetrottet und legte seine Schnauze auf Jacks
Knie. Jack fütterte ihn mit einem Tacochip.
    »Jack«, sagte ich nach einer Weile,
»glaubst du wirklich, daß Lis Benedict unschuldig ist?«
    »Ja, wirklich.«
    Was machte ihn so sicher? Gewiß nicht
sein Verhältnis mit Judy. Jack war ein guter Strafverteidiger, und im Laufe
seines Berufslebens hatte er bestimmt mehr Lügen und sonstigen Mist gehört als
ich. Gefühle, wie stark sie auch sein mochten, würden ihn den Tatsachen
gegenüber nicht blind machen.
    »Es klingt, als dächtest du anders«,
fügte er hinzu.
    »Ich bin nicht sicher.«
    »Lies das Protokoll.«
    »Jack, ich muß dich warnen. Ich spüre
einen heftigen inneren Widerstand gegen diesen Fall.«
    »Ich habe Judy gleich gesagt, daß das
passieren würde. Und ganz gewiß mache ich dir keinen Vorwurf. Aber wieviel Mühe
kostet es dich denn, einmal das Protokoll durchzugehen?«
    »Keine besondere. Wahrscheinlich
schaffe ich es dieses Wochenende. Und ich will herausbekommen, wer für diese
Anrufe und

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