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Letzte Instanz

Letzte Instanz

Titel: Letzte Instanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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des
zweiundzwanzigsten Juni mit seinen Kollegen und ihren Frauen anläßlich des
Besuchs von Außenminister John Foster Dulles an einem Bankett im
Blue-Fox-Restaurant in der Innenstadt teilnahm — ein Ereignis, das niemand
versäumen würde.
     
    Vom Herd kam ein blubberndes Geräusch.
Die Pfanne war zu heiß geworden. Ich drehte die Flamme herunter, nahm den
Holzlöffel und probierte einen Pilz. Er hatte nicht mehr Geschmack als ein
Stück Pappdeckel, und der wurde von dem grünen Chili überdeckt. Und die
Sauce... Wahrscheinlich hatte ihr der fettarme Hüttenkäse zu dieser klumpigen
Konsistenz verholfen. Der Joghurt half dem Geschmack auch nicht auf die Beine,
und dann der Mangel an Salz... Ich griff schnell nach dem Salzfaß, schüttete
ein paar Teelöffel voll nach, zog das Protokoll näher und rührte weiter,
während ich las.
     
    Die
Hilfsmittel: Aus den vorzulegenden Beweisen wird sich ergeben, daß Lisbeth
Benedict Kalligraphie studiert hat, daß sie darin exzellent war und sogar
Schecks mit dem Namen ihres Mannes zu zeichnen pflegte, wenn er einmal selbst
nicht unterschreiben konnte. Daß sie durchaus in der Lage war, eine Nachricht
zu verfassen, die Cordelia McKittridge für die ihres Liebhabers halten mußte
und in der sie aufgefordert wurde, sich mit ihm am Abend des zweiundzwanzigsten
Juni am Taubenhaus zu treffen. Daß Mrs. Benedict sich am Nachmittag des
zweiundzwanzigsten Juni passenderweise eine ärztlich nicht bestätigte
Nahrungsmittelvergiftung zuzog und angeblich gezwungen war, die Teilnahme am
Dinner für den Außenminister abzusagen. Daß das Hauspersonal für den Abend frei
bekommen hatte und Mrs. Benedict und ihre zehnjährige Tochter Judy von sechs
Uhr abends bis Mitternacht allein auf dem Anwesen waren. Allein bis auf
Cordelia McKittridge.
     
    Ich probierte noch einmal die
Pilzmixtur. Das Salz hatte an dem grauenvollen Gemisch absolut nichts geändert.
Ohne Rücksicht auf die Gefahr eines steigenden Blutdrucks griff ich nach dem
Salzfaß und schüttete eine ganze Handvoll nach. Auf der hinteren Flamme stand
eine Pfanne mit einer Tomatensauce, die über die gefüllten Enchiladas gegossen
werden sollte. Ich zögerte erst einmal, bevor ich sie kostete. Dieser Ölfilm
auf der Oberfläche — woher mochte er kommen? Gesundheitskost galt eigentlich
nicht als fettreich. Ich nahm den Löffel und holte mir eine kleine Kostprobe
aus der Pfanne. Mein Gott, was für ein schreckliches Zeug! Ich schauderte und
wandte mich wieder dem Protokoll zu.
     
    Wir
alle, meine Damen und Herren Geschworenen, können uns nicht anmaßen zu
behaupten, daß wir wüßten, was genau dort in diesem abgelegenen Taubenhaus
zwischen Lisbeth Benedict und Cordelia McKittridge vor sich gegangen ist. Wir
können unterstellen, daß heftige Worte auf beiden Seiten gefallen sind. Wir
können unterstellen, daß die Situation emotional sehr aufgeladen war. Die
Beweise werden zeigen, daß Cordelia McKittridge mit einer Gartenschere
angegriffen und schrecklich verstümmelt wurde und daß sie verblutet ist — sie
blutete im Sinne des Wortes zu Tode auf dem Boden des Taubenhauses. Die Aussage
von Mrs. Benedicts eigener Tochter wird erweisen, daß die Angeklagte kurz nach
zehn Uhr mit roten Flecken auf dem Kleid wieder ins Haus zurückkehrte, Flecken,
die sie später — viel später nach ihrer Festnahme wegen Mordverdachts — als
Tintenflecke zu erklären versuchte. Aber, meine Damen und Herren, für solche
Flecken hätte es einer großen Menge Tinte bedurft. Cordelia McKittridge hatte
praktisch ihr ganzes Blut verloren.
     
    Ich sah von dem Blatt vor mir auf, warf
einen Blick auf die Pfanne mit der roten Sauce, versuchte dann, mit einem
Anfall von übertriebener Aktivität zu verdrängen, was nicht zu verdrängen war.
Ich gab etwas Knoblauchpulver nach, eine weitere Portion Kreuzkümmel und
Chilipulver. Rührte wild um und kostete.
    »O mein Gott!«
    Was immer ich mir an Beschränkungen
zugunsten einer gesunden Ernährung auferlegt hatte, war nun dahin. Ich öffnete
eine Flasche roten Kochwein und goß reichlich davon nach. Während das
abscheuliche Gebräu vor sich hin köchelte, las ich weiter.
     
    Ein
Verbrechen aus Leidenschaft, sagen Sie? Gewalttätig und verwerflich, aber
verständlich als Auswuchs eines momentanen Wahnsinnsanfalls? Nein, meine Damen
und Herren Geschworenen, so war es nicht.
    Die Beweise, die wir Ihnen vorlegen
werden, werden zeigen, daß nach der Mordwaffe — dieser scharfen und tödlichen
Schere —

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