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Letzte Nacht in Twisted River

Letzte Nacht in Twisted River

Titel: Letzte Nacht in Twisted River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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wie
groß
Amy war, wie
massiv!
    Jetzt spähte Danny aus zusammengekniffenen Augen über die Bucht und in den fallenden Schnee, als wartete er darauf, dass wieder ein kleines Flugzeug am Horizont auftauchte - oder dass sich wieder ein rot-weiß-blauer Fallschirm öffnete.
    Wer auch immer sie sein mochte, diesmal würde sie nicht nackt sein, das wusste der Schriftsteller. Doch er wusste auch, dass sie ganz plötzlich da sein würde - so, wie ein Engel aus dem Himmel auf die Erde fällt. Danny hielt angestrengt nach ihr Ausschau, wusste aber, dass die Frau in dem Whiteout unvermittelt auftauchen würde, wie von Zauberhand. In dem einen Augenblick würde nichts zu sehen sein, und im nächsten würde sie die halbe Bucht bereits hinter sich gelassen haben und unaufhaltsam auf sie zukommen - einen raumgreifenden Schritt nach dem anderen.
    Danny hatte nicht bedacht, dass Hero ein Jäger war; der Jagdhund hatte noch ein gutes Ohr und eine sehr gute Nase. Ein Knurren hob im Brustkorb des Hundes an, Heros Bellen war zunächst gedämpft und blieb ihm halb im Hals stecken. Draußen, auf der gefrorenen Bucht, war niemand zu sehen, doch der Jagdhund wusste, dass sie immer näher kam. Nur Sekunden bevor Danny sie sah, bellte der Hund mit Macht los. »Aus, Hero - vertreib sie nicht«, sagte Danny, dem natürlich klar war, dass nichts sie vertreiben konnte, wenn sie Lady Sky war.
    Als Danny sie sah, war die Schneeschuhläuferin in vollem Lauf, sie rannte praktisch. Bei dem Tempo und mit dem schweren Rucksack auf dem Rücken war sie mächtig ins Schwitzen geraten. Zur Abkühlung hatte sie den Reißverschluss des Parkas geöffnet; die Kapuze, die sie vom Kopf gezogen hatte, lag auf den breiten Schultern. Danny sah ihre rotblonden Haare; sie waren ein wenig länger, als die Fallschirmspringerin sie damals getragen hatte. Danny konnte verstehen, dass sowohl Lupita als auch Andy Grant sie jünger geschätzt hatten; Amy sah wirklich jünger als Danny aus, wenn auch nicht
viel
jünger. Als sie den Anleger erreichte, hörte Hero endlich auf zu bellen.
    »Du willst doch nicht etwa auf mich schießen, oder, Danny?«, fragte ihn Amy. Doch der Schriftsteller, der in Sachen Hoffnung nicht viel Glück gehabt hatte, konnte ihr nicht antworten. Danny konnte nicht reden, und er konnte den Blick nicht von ihr wenden.
    Weil es schneite, vermischten sich die Tränen auf Dannys Gesicht mit dem Schnee; er wusste vermutlich gar nicht, dass er weinte, doch Amy sah seine Augen. »Oje, Moment - warte mal - ich komm ja schon«, sagte sie. »Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte, musst du wissen.« Sie warf ihren Rucksack samt den Skistöcken auf den Steg, kletterte über die Felsen und nahm, sowie sie fest auf dem Steg stand, ihre Schneeschuhe ab.
    »Lady Sky«, sagte Danny; mehr brachte er nicht heraus. Er spürte, wie er innerlich zerschmolz.
    »Ja, ich bin's«, sagte sie und umarmte ihn; sie zog sein Gesicht an ihren Oberkörper. Es schüttelte ihn durch und durch. »O Mann, du bist ja noch kaputter, als ich dachte«, sagte Amy zu ihm, »aber jetzt bin ich da, und ich habe dich - das wird schon wieder mit dir.«
    »Wo hast du nur gesteckt?«, stotterte er schließlich.
    »Ich hatte ein anderes Projekt in Arbeit,
zwei
sogar«, antwortete sie ihm. »Die sich als Zeitverschwendung entpuppt haben. Aber ich habe an dich gedacht - schon seit Jahren.«
    Es störte Danny nicht, wenn er jetzt Lady Skys »Projekt« war. Er konnte sich denken, dass sie eine ganze Reihe Projekte betreut hatte, nicht nur zwei. Und wennschon?, dachte der Schriftsteller. Bald wurde er 63; Danny wusste, dass er kein Hauptgewinn war.
    »Vielleicht war ich früher gekommen, wenn du Mistkerl meinen Brief beantwortet hättest«, sagte ihm Amy.
    »Deinen Brief habe ich nie gesehen. Mein Dad hat ihn gelesen und weggeworfen. Er hielt dich für eine Stripperin.«
    »Das ist schon ewig her - noch vor der Fallschirmspringerei«, sagte Amy. »War dein Dad je in Chicago? Seit Chicago habe ich nicht mehr gestrippt.« Danny fand das urkomisch, doch ehe er den Irrtum aufklären konnte, sah Lady Sky sich Hero genauer an, der verdächtig an Amys abgelegten Schneeschuhen schnüffelte. »He,
du«,
sagte Amy zu dem Hund. »Wenn du an meinen Schneeschuhen das Bein hebst, hast du vielleicht gar kein Ohr mehr - oder keinen Pillermann.« Hero wusste, wenn man mit ihm sprach; der Hund warf Amy aus seinem lidlosen Auge einen bösen, irren Blick zu, rückte aber von den Schneeschuhen ab. Etwas in Amys Tonfall

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