Letzte Reise
Junge brach zusammen. Sie konnte es nicht verhindern und drohte mit ihm zusammenzubrechen.
»Auf, nach oben«, sagte sie heiser, »wir packen deine Kiste. Schauen, was du mitnehmen mußt.« Er erhob sich und folgte ihr. Auf seinem Jungenbett lag ein Knäuel aus Strümpfen und Hemden. Die Kiste stand daneben auf dem Boden, randvoll, überquellend.
»Es geht nicht hinein«, sagte er. »Es paßt nicht.« Ungelenk mit den langen Armen schlenkernd, marschierte er in dem engen Raum auf und ab.
»Deine Stiefel ziehst du an. Ein zweites Paar Schuhe muß hinein. Eine Hose. Ein paar Bücher. Wieso ist die Kiste so voll?« Elizabeth tauchte mit beiden Armen in die liefe, hob Bücher und Kleidung heraus, Isaacs Matrosenbluse, die Trompete, James' alten Hut. Ihre Hände stießen auf einen harten Gegenstand, einen großen Block Holz zwischen raschelndem Papier. Die Geige lag auf dem Boden, begraben unter einem Stapel Notenblättern. Nat hatte seinen Schatz mit Bäuschen aus Strümpfen und Taschentüchern verankert.
»Man darf nur die Kiste mitnehmen. Ich kann alle Sachen, die nicht hineinpassen, übereinanderziehen. Und darüber ziehe ich dann meinen Wintermantel an. Es ist ja nur für einen Tag.«
Er muß die Geige zu Hause lassen, dachte sie. Feinfühligkeit, Schönheit. Das wird ihn hinunterziehen. Diese Seite von ihm muß hierbleiben. Bei mir.
»Er ist doch weggefahren. Ich dachte, er kommt zurück, wenn er den Wilden an Bord gebracht hat.« Nat sprach vor sich hin, gegen die Wand.
»Es ist wegen Kapitän Gierke. Der kann nicht weg. Es gibt Probleme. Bis die gelöst sind, muß dein Vater auf seinem Posten bleiben, das wirst du verstehen.«
Sie kniete vor der Kiste, und Nat schaute über ihre Schulter hinweg zu.
»Weißt du was? Wir tun die Kleidung, die du wirklich brauchst, bei Jamie ins Gepäck. Er hat noch Platz.«
Wintermantel, Hemden, Schuhe. »Hier, bring das mal zu deinem Bruder.« Die Instrumente deckte sie mit Unterhosen zu. Der Deckel ließ sich ganz leicht zuklappen.
»Danke«, sagte Nat.
Sie gingen. Der Gärtner zog das Gepäck auf einem Karren zur Haltestelle der Postkutsche. Elizabeth folgte zwischen ihren beiden ältesten Söhnen. Das Baby blieb zu Hause in den Armen der Amme.
»Kommst du uns mal besuchen?« fragte Nat. Er war im Stimmbruch und schien selbst über die Registerschwankungen in seiner Stimme zu erschrecken.
»Wenn es mit dem Kleinen weiterhin gutgeht, bitte ich Oma einmal, auf ihn aufzupassen. Dann komme ich ein paar Tage nach Portsmouth, um zu schauen, wie ihr es dort habt.«
»Benny«, sagte Jamie, »er heißt doch Ben?«
Sie spürte, wie sich Nats kalte Hand in die ihre stahl. Es standen Leute um die Kutsche herum. Vorwärts, weiter. Es mußte geschehen.
An einem Sonntag rodete sie die verwahrlosten Kardonen. Sie warf die ausgefransten Blätter und die angefressenen Stiele hinten im Garten auf einen Haufen und harkte das frei gewordene Stück. Sie hatte ihren Rock hochgebunden und fühlte das Brennen der Sonne auf ihren Waden. Die Amme war schweigend gegangen, das Kind schlief, die Kirchenglocken hatten ausgeläutet.
August. James würde seine Schiffe jetzt über den Äquator führen. Oder war er noch auf Sankt Helena, bei dem Gouverneur, der so rätselhaft große Ähnlichkeit mit ihm hatte?
Sie las die Zeitungen. Über das Auslaufen der Resolution war ausführlich berichtet worden. Am zwölften Juli, bei strömendem Regen und Gegenwind. Die Journalisten bejubelten die Vergabe der Copley-Medaille für den herausragendsten wissenschaftlichen Beitrag des Jahres; sie schilderten das Ziel der Expedition in heroisierenden Worten und beschrieben die Kälte in den Polarmeeren so schauerlich, daß es einen fröstelte. Von Gierke, der im kalten Kerker fror, kein Wort. Sollte sie Banks einen Besuch abstatten, um zu fragen, wie es um seine Freilassung stand? Sandwich einen Brief schreiben? Taten sie auch genug, um Gierke, ihren Erlöser, freizubekommen? Vielleicht bewirkte es das genaue Gegenteil, wenn sie zu größerem Einsatz drängte, vielleicht würde Sandwich den Grund ihres Interesses erahnen und Gierke ruhig weitermodern lassen, damit er sicher sein konnte, daß sein Lieblingskapitän die ganze Expedition anführte.
Nat schrieb einen Brief, eine Seite nur, aber feierlich unterzeichnet mit Nathaniel Cook. Seine Hängematte hänge zur Wand hin, das sei gut, schrieb er, und Jamie sehe er selten. Seine Klasse ist oft auf See. Wir sind noch in der Schule, um zu lernen. Morgen habe ich
Weitere Kostenlose Bücher