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Letzte Reise

Letzte Reise

Titel: Letzte Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Enquist
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navigiert zu sein. Als wir vorgestern ankamen, überwältigten mich die Emotionen. Ich kenne das nicht von mir und hüte mich, es irgendwo anders als hier niederzuschreiben. Der Tafelberg mit seiner dicken Decke aus grauen Wolken, die aus dem immensen Überfluß langsam die steilen Hänge herabrollten. Warum trieb mir das Tränen in die Augen? Es fühlte sich an, als käme ich nach Hause, als deckte mich jemand mit Daunendecken zu, damit ich ausruhen kann. Verrückt. Habe alle Tiere an Land bringen lassen. Schlafe selbst auch nicht an Bord. Kann dieses morsche Gelump eine Weile nicht mehr sehen.
    5. November. Die Holländer lassen keine Gelegenheit aus, einen zu belügen und zu betrügen!. Das war schon in Batavia so. Unsere Schafe sind von ihren Hunden totgebissen worden, aber sie weigern sich, irgendeine Entschädigung zu zahlen. Ich habe gleich neue Schafe gekauft, dürre Gerippe, etwas Besseres ist hier nicht zu bekommen. Ich kaufte auch einen Bullen und zwei Kühe mit Kälbern. Schweine. Vier weitere Pferde. Hühner, Ziegen, Kaninchen. Alles zusätzlich zu dem Vieh, das wir schon haben. Ich muß und werde mein Versprechen an den König einlösen. Wir haben ein Pfauenpaar an Bord. Die Vögel überstehen die Reise gut. Omai hat seine Kajüte geräumt, um Platz für die Pferde zu machen. Er schläft jetzt bei den Unteroffizieren, und das gefällt ihm, glaube ich, besser als die Einsamkeit. Es beginnt hier Sommer zu werden. Die Herren machen Ausflüge in das wunderschöne Tal bei Stellenbosch. Sie besuchen Weingüter und bewundern die Bergketten. Sie saufen und huren und geben ihr Geld aus. Ich kann mich noch nicht darum kümmern, habe alle Hände voll mit den lügnerischen Kaufleuten hierzu tun.
    Warte jeden Tag auf das Eintreffen Clerkes. Wenn er mich ablöst, wird Gore die Discovery bekommen. Ich kann ihn nicht übergehen, würde aber lieber King auf diesem Posten sehen.. Burney ist mir doch zu labil. Die Männer unterhalten sich noch gelegentlich über das Gemetzel auf Neuseeland. Dann wendet er den Kopf ab, bricht völlig zusammen und kann nur noch flüstern! Eine überempfindliche Familie.
    Ich erwäge, William Watman mit nach England zurückzunehmen. Er ist zu alt. Er wollte so gern wieder mit, aber ihm, fehlt die Kraft, um an den Schoten und dem Gangspill eingeteilt werden zu können, und schon während dieser Fahrt von nur wenigen Wochen ließ seine Kondition sichtlich nach. Ich frage mich, ob die Seefahrt Menschen nicht so viel abverlangt, daß es ab einem gewissen Alter einfach nicht mehr geht. Der Kraftaufwand. Die fortwährende Wachsamkeit. Der Wind um den Kopf.
    11. November. Clerke ist eingetroffen. Er hat gleich Rum ausgeben lassen, und nicht wenig. Er verspricht, einen 'Teil des Viehs auf der Discovery zu transportieren. Er hat gerötete Wangen, and seine Augen glänzen. Alle sind frohgemut, freuen sich über das Wiedersehen und blicken voller Erwartung neuen Abenteuern und alten Paradiesen entgegen. Ich werde verrückt vor Sorgen und ziehe mich mit den Karten und den Vorratslisten in meine Kajüte zurück. Heute abend oder morgen muß ich mit Clerke sprechen. Ich werde ein Manual mit detaillierten Instruktionen für ihn schreiben. Alles muß ich allein machen, verdammt noch mal, und sie schlemmen und singen, als wären wir auf einer Vergnügungsreise. Die Pferde trampeln sich die Beine an den Wänden von 0mais Kajüte kaputt, ich muß Strohsäcke drannageln lassen.
    31. November. Elizabeth, es tut mir leid, ich kann nicht anders. Als ich Clerke umarmte, wandte er das Gesicht ab, das war merkwürdig, ich dachte: Er möchte nicht, daß ich seinen betrunkenen, schlechten Atem rieche. Er hat FIEBER. Diese geröteten Wangen. Er zittert und bebt. Nicht vor Begeisterung, sondern von der Krankheit, die er sich in dem, feuchten Kerker zugezogen hat. Vorige Woche begann er zu husten, ein trockenes Bellen, das gar nicht mehr aufhört. Wir wissen alle, was das bedeutet. Ein jeder bleibt auf seinem Posten. Morgen laufen wir aus. Ich kann mein Versprechen an Dich nicht halten. Das schmerzt mich. Aber es ist nun einmal so. Ich werde Dir weiterhin schreiben, auch wenn Du es nicht mehr lesen kannst. Ich bleibe bei Dir, auch wenn ich nicht mehr da bin. Ich habe große Fehler gemacht. Unverzeihliche Fehler. Hier an Bord und zu Hause. Morgen steuere ich auf den schrecklichen Südpol zu. Ich bitte Dich nicht, mir zu vergeben. Das kannst Du nicht. Das Eis muß mich reinigen, abbeizen, freisprechen.

Dritter

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