Letzte Reise
Getrappel. Eine heillose Unternehmung.
James versprach, rasch mit einem Plan zu kommen. Die Lakaien rückten näher und erbaten die Aufmerksamkeit des Königs.
»Ich muß Euch verlassen. Ihr seht, man kommt mich holen. Es gibt einen Zeitplan, an den sie mich erinnern, von dem darf ich nicht abweichen. Ein Wunder, daß ich Euch hier getroffen habe, daß ich meine Pläne mit Euch besprechen konnte. Ich mache hier jeden Tag einen Spaziergang, wißt Ihr, das beruhigt, das gibt Gelegenheit zur Besinnung. Und dann kommen sie wieder. Ich wäre gern den ganzen Tag mit Euch spazierengegangen.«
Tief betrübt nahm der König Abschied. Sie sahen, wie die Lakaien ihm unter die Arme griffen und ihn in straffem Tempo wegführten. Er schien sich zu sträuben, und es gelang ihm, noch einmal den Kopf zu ihnen umzuwenden, mit im Wind flatterndem Haar.
»Britische Rinder! Versprecht mir das! Britisches Rindvieh!«
James nickte. Elizabeth war versucht zu winken, hielt sich aber zurück. Der König verschwand zwischen den Bäumen.
Die Wochen vergingen wie im Flug. Die Buschwindröschen blühten, die Ufer des Flusses wurden mit den grellgelben Sternen des Scharbockskrauts übersät, und auf dem Friedhof sah Elizabeth die Knospen der Primeln schwellen. April, der Monat des zum Durchbruch gekommenen Wachstums, kein Halten mehr.
Die Vorbereitungen für die Reise nahmen kein Ende; wenn die eine Frage gelöst war, stellte sich bereits eine andere. Sie verfolgte es nicht mehr, ließ die Tage verstreichen. Trotz ihrer fortgeschrittenen Schwangerschaft begleitete sie James zu Diners und Teegesellschaften, wo stundenlang über die anstehende Expedition gesprochen wurde. Sie saß dabei, als ginge es sie nichts an; sie schaute, ob James genügend aß, und legte die Arme um ihren Bauch.
Je bekannter die Reisepläne wurden, desto mehr Menschen kamen darauf, daß sie mitfahren wollten. Sie hörte, wie sich James über die Entbehrungen, die klirrende Kälte und die kärglichen Rationen verbreitete. Die meisten ließen sich abschrecken, doch der Schriftsteller James Boswell zeigte sich ungemein beharrlich. Er führte sich als Kollege auf dem Gebiet des Reisens ein und bekundete, daß schwierige Bedingungen ihn nicht schreckten. Elizabeth schätzte ihn auf etwa fünfunddreißig, obwohl er ein glattes, kindliches Gesicht hatte. Weste mit Goldstickerei und pelzbesetzter Umhang – kein seetüchtiges Material, dachte sie. Er hatte nur Augen für James und wechselte mit ihr kein einziges Wort.
»Er findet es spannend«, sagte James später. »Ein Abenteuer, mit dem er hinterher aufschneiden kann. Er wird es an Bord aber nicht aushalten. Doch er hat gute Ideen. Wir unterhielten uns darüber, daß man nach so einem Aufenthalt auf Tahiti zwar glauben kann, man wisse nun etwas, daß das aber eigentlich eine Illusion ist. Man spricht die Sprache nicht oder schlecht. Man kann auf einen Baum zeigen, sie sagen ein Wort, man spricht es nach. Dann glaubt man zu wissen, was ›Baum‹ in ihrer Sprache heißt. Aber vielleicht nannten sie den Namen der spezifischen Baumart, auf die man zeigte. Vielleicht sagten sie ›Holz‹. Oder gaben die Farbe des Stammes an. Man weiß es nicht. Geschweige denn, daß man etwas Wesentliches von unsichtbaren Dingen wie dem Strafrecht, der Liebe oder der Sprache versteht. Er fand, daß man für zwei, drei Jahre einen Sprachkundler dort plazieren sollte. Er hat recht. Wenn der König das subventionierte, würde er sich sofort dafür melden, sagte er.«
Boswell kam noch in derselben Woche zu Besuch, um James ein Exemplar des Buches über seine Korsikareise zu bringen. Er hatte eine lange, bewundernde Widmung hineingeschrieben. Es war ein strahlender Morgen, und die Männer unterhielten sich im Garten. Elizabeth fing hin und wieder etwas auf – Reiseberichte, sprachlicher Ausdruck, Kapiteleinteilung? James schmeichelt sein Interesse, dachte sie, er bittet einen richtigen Schriftsteller um Rat. Sie hörte Boswell darlegen, daß man eine neue Figur am besten in direkter Rede einführen könne, damit die Erzählung lebendig bleibe, James wandte ein, daß er doch nicht behalten könne, was ein jeder wörtlich gesagt habe.
»Aber Ihr seid der Autor! Ihr könnt Euch das ausdenken!«
Sie erwartete einen Wutanfall, doch James begann zu lachen. Sie brachte selbst das Tablett mit dem Tee nach draußen und schenkte ein. James zog sie neben sich auf die Gartenbank.
»Ich fahre nicht mit«, sagte Boswell.
»Nein«, sagte James, »das
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