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Letzte Runde in Mac's Place

Letzte Runde in Mac's Place

Titel: Letzte Runde in Mac's Place Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Meter achtundsiebzig bei einem Körpergewicht von 83 Kilogramm, wovon nur ein geringer Anteil Muskeln waren. Er beäugte McCorkle mit den alten Spanielaugen - sein Markenzeichen - und fragte: »Heißt das, wir haben Ausschanksperre?«
    Mit einem Seufzer wandte McCorkle sich an Triller. »Gönnen wir beiden noch einen, bis ihr Taxi kommt.«
    »Als der Schnee zu fallen aufhörte«, sagte der größere Lobbyist in schleppendem Tonfall, »ereilte uns, wie ich fürchte, ein leichter Fall von Platzangst.«
    Bei einem Meter dreiundneunzig war der andere Lobbyist so hager und wettergegerbt, daß Fremde oft annahmen, er stamme irgendwo westlich von Cheyenne, wo man ihn vermutlich Slim, Hoot oder sogar Tex rief - bis sie erfuhren, daß er aus Connecticut stammte und von seinen Jugendfreunden und den Kommilitonen an der Phillips Academy und in Yale Nipsy genannt wurde.
    »Tun Sie mir einen Gefallen, Nipsy«, sagte McCorkle. »Wenn es das nächste Mal schneit, suchen Sie sich einen anderen Platz für Ihre Angst.«
    Siebzehn Tische waren wegen des Schnees abbestellt worden, und dieser hatte, wie üblich, in Washington ebensoviel Aufruhr verursacht, wie es in Palm Beach der Fall gewesen wäre. McCorkle ließ sich von Herrn Horst über drei weitere Abbestellungen unterrichten, bevor er seine Runde durch das Restaurant machte, Stammgästen zunickte, aber Padillo auswich, der über einem Kalbsschmorbraten den Klagen einer früheren Freundin zuhörte, die seit kurzem Witwe war und Probleme mit dem Geld und ihrem am MIT studierenden Sohn hatte.
    McCorkle fragte sich im stillen, ob der Scheck, den Padillo ihr ausstellen würde, über 2000 oder 3000 Dollar lauten würde, als eine Frauenstimme hinter ihm fragte: »Entschuldigen Sie, Sir, arbeiten Sie hier?«
    McCorkle wandte sich zu einer auffallend schlichten Frau um, die eine getönte, schneefeuchte Brille, kein Make-up, eine rote Strickmütze und einen langen hellen Regenmantel trug, der schon seit Jahren nicht mehr wasserdicht war. Der Mantel endete knapp über ihren Fußknöcheln, die in gelben Gummistiefeln steckten. Ihre roten Strickhandschuhe paßten zur Mütze. Die Hände umklammerten ein Päckchen, das in dickes weißes Papier gewickelt und mit Tesafilm zugeklebt war.
    McCorkle taxierte sie als eine alte Fünfundzwanzigjährige oder eine junge Vierzigjährige und bejahte ihre Frage mit sehr wohl, er arbeite hier.
    »Dann können Sie mir vielleicht helfen«, sagte sie.
    »Wie?«
    »Es ist ziemlich kompliziert.«
    »Möchten Sie sich vielleicht hinsetzen?«
    Nervös schaute sie umher, und McCorkle sah, wie ihre Augen sich hinter den getönten Gläsern bewegten. Vermutlich waren ihre Augen blau - nicht hellblau oder dunkelblau, sondern von schlichtem, gewöhnlichem Blau. »Nein, eigentlich nicht«, sagte sie. »Sehen Sie, ich bin nicht dafür angezogen, und, wissen Sie, ich wüßte gar nicht . . .«
    »Wir haben hier ein Büro.«
    Sie strahlte. »In einem Büro würde ich mich sehr viel wohler fühlen.«
    Als er und die schlichte Frau zum Büro gingen, bemerkte McCorkle, wie Padillo aufblickte. Als er und die Frau im Büro waren und sich an die beiden Seiten des Doppelschreibtisches gesetzt hatten, bemerkte McCorkle außerdem, daß sie das weiße Päckchen auf dem Schoß hielt. Ihre Hände, immer noch in Handschuhen, lagen obenauf.
    »Sie sind Mr. ...?«
    »McCorkle.«
    »Ich bin Miss Skelton. Reba Skelton. Ich bin
    Stenotypistin und Textverarbeiterin und mache auch ein bißchen Kalligraphie. Sie wissen schon, Einladungen, Hochzeitsanzeigen und solche Sachen.«
    McCorkle nickte.
    »Vor etwa einem Monat, vielleicht ist es auch schon ein bißchen länger her, hat mich ein Mr. Steadfast Haynes gebeten, ein Manuskript zu tippen, das er geschrieben hatte. Nur ein Exemplar. Ich nehme einen Dollar fünfzig für die Seite, aber wenn der Kunde Durchschläge will, kriege ich fünfzig Cents pro Durchschlag. Aber heute fragt kaum noch jemand nach Durchschlägen, wissen Sie. Es ist viel einfacher und billiger, die Seiten zu fotokopieren.«
    »Das denke ich mir«, sagte McCorkle, um seinen Part in dem Gespräch zu pflegen.
    »Also, das Manuskript, das Mr. Haynes mir gegeben hat, war ein schreckliches Durcheinander. Einiges war getippt - und das auch noch einzeilig. Manches in Tinte - oder jedenfalls mit Kugelschreiber. Und er hat alle möglichen Papiersorten benutzt. Schreibblöcke, Hotelbriefpapier, billiges gelbes Zeug, sogar Seiten aus Schulkladden. Also, es war alles andere als, nun ja, als

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