Letzte Runde in Mac's Place
die Haynes in Los Angeles stets gemieden hatte. Aber der Kaffee war gut, und wenn im Angebot auch Marmeladen- Doughnuts fehlten, so enthielt es doch frische Erdbeertörtchen, und das im Januar. Pouncy bestellte sich zwei Törtchen und Kaffee. Haynes begnügte sich mit Kaffee.
Als er beide Törtchen vertilgt hatte, wischte Pouncy sich mit einer Stoffserviette ein-, zweimal geziert über den Mund und verkündete: »Im Obduktionsbericht heißt es, sie ist ertrunken.«
»War sie bei Bewußtsein?«
»Wahrscheinlich. Kein Anzeichen von Gehirnerschütterung. Keine Kratzer, Quetschungen oder Prellungen, bis auf die Stellen, wo sie gefesselt wurde. Wir haben den Knebel gefunden, mit dem man sie vermutlich zum Schweigen gebracht hat. Er lag im Müll. Aber keine Spur von Opiaten und keine nennenswerten Spuren von Alkohol.«
»Zum Mittagessen hatte sie ein Glas Wermut«, sagte Haynes.
»Nimmt man das Mittagessen als Anhaltspunkt, war sie nach Ansicht des Leichenbeschauers noch nicht lange tot, als Sie und Burns in der Wohnung auftauchten. Es sieht so aus, als hätten sie die Gelinet mit den Drahtbügeln gefesselt, die Wanne gefüllt und die Frau ertränkt.«
»Für einen einzelnen ist es nicht so leicht, jemanden mit Drahtbügeln zu fesseln. Man braucht beide Hände, um klarzukommen. Wie soll man es also erledigen, ohne seinem Opfer zuerst eins auf den Schädel zu geben? Vor allem, wenn das Opfer jung und fit ist und .« Pouncy machte eine kurze Pause. »Ich wollte sagen: nicht ertränkt werden will. Aber wer will das schon? Jedenfalls nehme ich an, daß sie zu zweit waren. Mindestens zu zweit. Der Boden im Badezimmer war völlig trocken. Der Aufnehmer auch. Keine nassen Handtücher.« Erneut machte er eine Pause. »Sie ist nicht vergewaltigt oder sonstwie mißbraucht worden.«
»Fehlt etwas?«
»Fernseher, Videorecorder und CD-Player sind noch da. Ebenso der hübsche neue PC. Ihre Armbanduhr war am Handgelenk.«
»Das war eine Zweiunddreißig-Dollar-Swatch.«
Pouncy bedachte Haynes' Gedächtnis mit einem schmalen Lächeln und sagte: »Ich weiß nicht, ob sie Diamanten, Gold, Perlen oder solche Sachen hatte, weil wir nichts dergleichen gefunden haben. Aber sie hatte einen hübschen, bodenlangen Nerz, und der hängt noch in ihrem Schrank. Wenn es also weder Raub noch Vergewaltigung war, muß es etwas anderes sein, und meines Erachtens gibt es zwei Möglichkeiten. Erstens, jemand hat sie auf den Tod gehaßt. Oder zweitens, sie wollte irgendwelchen Leuten etwas nicht verraten, was diese Leute wissen wollten.«
Pouncy trank seinen Kaffee aus, schob Tasse und Untertasse von sich, betupfte seine Lippen mit der Serviette, beugte sich über die weiße Marmortischplatte zu Haynes und sagte: »Deshalb also sitzen Sie und ich sonntagmorgens um Viertel vor zehn bei Erdbeertörtchen und Kaffee zusammen.«
»Weil Sie entschieden haben, daß ich wissen könnte, was, wie sie glaubten, Isabelle wußte - vorausgesetzt, es gab sie.«
Pouncy nickte.
»Ich habe Isabelle in Arlington, am Grab meines alten Herrn, zum ersten Mal nach fast zwanzig Jahren wieder gesehen. Sie hat vielleicht fünfzehn oder zwanzig Worte gesagt. Dann haben sie, Tinker Burns und ich in Mac's Place zusammen gegessen, und dort hat sie vielleicht fünfzig oder fünfundsiebzig Worte ausgesprochen. Wenn überhaupt.«
»Sie hat über ein Buch gesprochen, glaube ich.«
»Sie waren fleißig.«
»Über die Autobiographie Ihres Daddys. Seine Memoiren.«
»Sie wurden erwähnt.«
»Sie hat sie entweder geschrieben oder dabei geholfen.«
Haynes nickte.
»Was für ein Buch, glauben Sie, ist es?«
»Die Geschichte seines Lebens.«
»O ja, verdammt, das kenne ich. Was ich meine: Ist es eins von den brandaktuellen Enthüllungsbüchern? Sie wissen schon: Bill hat dies gestohlen, Tom hat jenes gestohlen - aber ich habe gar nichts gestohlen.«
»Einige Leute könnten es so sehen.«
»Sich sogar Sorgen deswegen machen?«
»Schon möglich.«
»Vielleicht sogar versuchen, es unter den Teppich zu kehren? Einen Deckel draufzulegen?«
»An was denken Sie?«
Pouncy zuckte die Achseln. »An die CIA. Was sonst?«
»Dann fragen Sie dort nach.«
»Ihr Daddy hat für sie gearbeitet, nicht?«
»Eine Menge Leute sagen das, aber Sie müssen die Leute in Langley fragen.«
»Hab' ich schon«, sagte Pouncy. »Zumindest habe ich jemanden für mich fragen lassen. Jemanden, der ein bißchen mehr Durchschlagskraft hat als ich, denn meine ist hier unten praktisch null. Wissen Sie, was
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