Letzte Worte
anderen nichts zu tun.
» Was mir zu schaffen macht, ist, dass sie so sauber getötet wurde. Nicht wie in einer Raserei. «
» Was meinst du damit? «
Er steckte die Hand zwischen die Knöpfe seiner Weste. » Man würde einfach mehr erwarten, das ist alles. «
» Mehr? «
Sein Verhalten war unvermittelt wieder wie zuvor. » Hör mir zu. Du bist hier die Ärztin. Schau es dir selbst an, und wahrscheinlich findest du viel mehr, als ich es je könnte. « Er legte ihr die Hand auf die Schulter. » Es ist wirklich gut, dass du wieder hier bist, Sara. Und du sollst wissen, dass ich wirklich glücklich für dich bin. Hör nicht auf das, was die anderen sagen. «
Sara gefiel der Ton dieser Aussage nicht. » Glücklich weswegen? «
» Deinem neuen Kerl. «
» Meinem neuen… «
» Die ganze Stadt spricht darüber. Mama hing den gesamten letzten Abend am Telefon. «
Sara spürte, dass sie rot wurde. » Brock… Dan. Er ist überhaupt nicht… «
» Pst « , warnte Brock. Auf der Treppe über ihnen hörte sie schlurfende Schritte. Er hob die Stimme. » Mama, ich muss jetzt auf den Friedhof, um Mr Billighams Leuten zu helfen. Sara wird unten arbeiten, also komm nicht runter und störe sie. Hast du mich verstanden? «
Audra Brocks Stimme war schwach, obwohl die alte Frau sie wahrscheinlich alle überleben würde. » Was hast du gesagt? «
Er rief noch lauter und noch direkter: » Lass Sara in Frieden. «
Etwas wie ein » Hmph « war zu hören, dann wieder Schlurfen, als sie in ihr Zimmer zurückkehrte.
Brock verdrehte die Augen, aber das gutmütige Lächeln lag noch immer auf seinem Gesicht. » Alles da unten ist noch so, wie du es kennst. Ich sollte in ungefähr einer Stunde wieder zurück sein, dann kann ich dir zur Hand gehen. Soll ich für deinen Kerl ein Schild an die Tür hängen? «
» Er… « Sara unterbrach sich. » Ich mache es selbst. «
» Mein Büro ist noch immer in der Küche. Ich hab’s ein bisschen aufgemöbelt. Lass mich wissen, was du davon hältst. « Er winkte ihr, bevor er die Haustür hinter sich zuzog.
Sara ging in den hinteren Teil des Hauses. Sie hatte ihre Handtasche im Auto gelassen, deshalb hatte sie weder Stift noch Papier, um Will eine Nachricht zu hinterlassen.
Die viktorianische Küche diente schon immer als Büro. Brock hatte endlich das alte Spülbecken und das Scheuerbrett ausgebaut, sodass der Raum jetzt zweckdienlicher wirkte für das Geschäft der Leichenbearbeitung. Die Sargausstellung war in die Frühstücksnische eingebaut. Kataloge mit Blumenarrangements waren dekorativ auf einem Mahagonitisch verteilt. Brocks Schreibtisch bestand aus Glas und Stahl, ein sehr modernes Design, wenn man sich überlegte, dass er der altmodischste Mensch war, den sie kannte.
Sie riss einen Post-it-Zettel von seinem Block und fing an, Will eine Nachricht zu schreiben, brach dann aber ab. Frank wollte ja ebenfalls erscheinen. Was konnte sie auf dieses kleine Papierquadrat schreiben, das Will sagte, wohin er gehen musste, ohne Frank argwöhnisch zu machen?
Sara klopfte sich mit dem Kuli an die Zähne, während sie zur Haustür ging. Schließlich entschied sie sich für » UNTEN « in Blockbuchstaben geschrieben. Um es noch deutlicher zu machen, malte sie einen dicken, nach unten zeigenden Pfeil dazu. Es konnte jedoch sein, dass das nichts brachte. Jeder Legastheniker war anders, aber es gab gewisse Charakteristika, die fast alle gemeinsam hatten. Zu den wichtigsten gehörte ein mangelnder Richtungssinn. Kein Wunder, dass Will sich auf dem Weg von Atlanta hierher verfahren hatte. Ein Anruf hätte auch nicht viel gebracht. Einem Legastheniker zu sagen, er solle rechts abbiegen, brachte ungefähr so viel, wie einer Katze zu befehlen, einen Stepptanz aufzuführen.
Sara klebte den Zettel auf die Glasscheibe der Haustür. Die Nachricht heute Morgen hatte ihr großes Kopfzerbrechen bereitet, sie hatte sie auf sechs verschiedene Art geschrieben, mit Unterschrift und ohne. Das Smiley war eine Ergänzung in letzter Sekunde gewesen, ihre Art, Will wissen zu lassen, dass zwischen ihnen alles in Ordnung war. Ein Blinder hätte sehen können, wie aufgeregt er am letzten Abend gewesen war. Sara kam sich furchtbar vor, weil sie ihn in Verlegenheit gebracht hatte. Sie war noch nie jemand gewesen, der Smileys malte, aber sie hatte zwei Augen und einen Mund in eine Ecke des Zettels gemalt, bevor sie ihn in eine Tüte steckte und unter den Scheibenwischer klemmte, weil sie hoffte, dass er es richtig
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