Letzte Worte
damit konfrontierte. Ganz zu schweigen davon, dass es sie nichts anging.
Sie trat zu dem hohen Spind neben dem Büro, weil sie annahm, dass Brock seine Ausrüstung noch immer am selben Ort aufbewahrt. » Scheiße « , murmelte sie. Die Kamera und das gesamte Zubehör lagen auf Samttüchern, die zwei Regalflächen bedeckten. Sie nahm ein Objektiv zur Hand. » Ich weiß nicht so genau, wie man dieses Ding zusammenbaut. «
» Darf ich’s mal versuchen? « Will wartete die Antwort nicht ab. Er nahm das Objektiv zur Hand und schraubte es auf die Kamera, montierte dann die Scheinwerfer, das Blitzlicht und die Metallführung, die den Abstand anzeigte. Er drückte auf mehrere Knöpfe, bis das LCD -Display ansprang, und blätterte dann durch alle Icons, bis er gefunden hatte, wonach er suchte.
Sara hatte zwei Abschlüsse und eine amtliche Zulassung als Leichenbeschauerin in der Tasche, aber die Hölle wäre zugefroren, ehe sie herausgefunden hätte, wie man mit dieser Kamera umging. Nun war die Neugier stärker als ihr früherer Entschluss zur Zurückhaltung. » Haben Sie sich je testen lassen? «
» Nein. « Er stand hinter Sara und hielt ihr die Kamera vor das Gesicht, damit sie alles sehen konnte. » Hier zoomt man « , sagte er und drückte auf den Schalter.
» Sie könnten wahrscheinlich… «
» Das ist Makro. «
» Will… «
» Super-Makro. « Er redete über ihren Kopf hinweg, bis sie schließlich aufgab. » Hier stellen Sie die Farbe ein. Das ist das Licht. Gegen Verwackeln. Gegen rote Augen. « Er klickte sich durch das Menu wie ein Fotografielehrer.
Schließlich gab Sara nach. » Wie wär’s, wenn ich zeige, und Sie fotografieren? «
» Okay. « Sein Rücken war steif, und sie merkte, dass er irritiert war.
» Tut mir leid, dass ich… «
» Bitte entschuldigen Sie sich nicht. «
Sara schaute ihm einige Augenblicke lang in die Augen und wünschte sich, sie könnte die Situation ungeschehen machen. Es gab nichts zu sagen, wenn sie sich nicht einmal entschuldigen durfte.
» Fangen wir an «, sagte sie schließlich.
Sara dirigierte ihn um den Tisch herum, und er fotografierte Allison Spooner vom Kopf bis zu den Zehen. Die Wärmejacke. Die Stichwunde im Nacken. Den Schlitz im Stoff, wo das Messer durchgedrungen war. Die Zahnspuren auf der Innenseite ihrer Unterlippe.
Sie schlug die zerrissene Jeans zurück, um das Knie freizulegen. Ein halbmondförmiger Riss war zu sehen, ein Hautfetzen hing herunter. Eine dunkle Verfärbung markierte die Stelle des Aufpralls. » Diese Art von Verletzung kommt von einem stumpfen Schlag. Sie knallte mit Wucht auf das Knie, wahrscheinlich mit ihrem ganzen Gewicht, eindeutig auf etwas Hartes, einen Stein etwa. Der Aufprall hat die Haut aufplatzen lassen. «
» Können wir uns die Handgelenke anschauen? «
Die Jacke bauschte sich an den Händen des Mädchens. Sara schob den Stoff nach oben.
Er schoss ein paar Fotos. » Fesselspuren? «
Sara bückte sich, um sich die Striemen genauer anzusehen. Sie kontrollierte auch das andere Handgelenk. Die Adern waren von einem irisierenden Blau. Rote Linien durchzogen die Haut.
» Es dauert zwischen zwei Stunden und zwei Tage nach dem Eintauchen, bis Leichen anfangen, im Wasser zu treiben«, erklärte sie. »Die Verwesung setzt schnell ein– sobald Herz und Lunge aufhören zu arbeiten, wendet der Körper sich gegen sich selbst. Aus den Eingeweiden sickern Bakterien. Es bilden sich Gase, die den Auftrieb verursachen. Die Waschbetonblöcke dürften verhindert haben, dass die Leiche die Oberfläche durchbrach. Das kalte Wasser dürfte die Verwesung etwas verzögert haben. Ich weiß nicht, welche Temperatur der See hatte, aber wir können davon ausgehen, dass sie nur knapp über dem Gefrierpunkt lag. Wahrscheinlich trieb sie mit dem Gesicht nach unten, die Hände in Richtung Seegrund hängend. An den Fingerspitzen bildeten sich Leichenflecken, die hochwanderten und sich in den Handgelenken festsetzten. Ich nehme an, man könnte diese Verfärbungen für Fesselspuren halten. Zu dieser frühen Morgenstunde war es sicher noch dunkel. « Sara konnte nicht noch mehr Ausreden für Frank erfinden. » Ehrlich gesagt, ich dachte, Frank würde lügen, als er es mir zum ersten Mal sagte. «
» Warum bei so etwas lügen? « , fragte Will. » Die Stichwunde war doch Beweis genug, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte. «
» Das müssen Sie Frank fragen. «
» Ich habe diverse Fragen an ihn, falls er sich je zeigt. «
» Wahrscheinlich
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