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Letzte Worte

Letzte Worte

Titel: Letzte Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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schon. «
    Die Tür klemmte. Lena musste sie aufreißen. Carl Phillips stand in der hinteren Ecke des Bereitschaftsraums. Er tippte sich an die Kappe, als Lena aus dem Büro stürmte.
    Marla drehte sich, die Arme vor der üppigen Brust verschränkt, auf ihrem Stuhl um, während sie Lenas Marsch durch den Raum beobachtete. Sie bückte sich und drückte auf den Knopf für die Sperre. » Auf Nimmerwiedersehen. «
    Eigentlich hätte es ein Gefühl der Anhänglichkeit, der Loyalität geben müssen, das Lena dazu hätte bringen sollen, sich noch einmal umzudrehen, aber sie ging einfach hinaus auf den Parkplatz, atmete die nasse Novemberluft ein und fühlte sich, als hätte sie sich eben selbst aus dem schlimmsten aller Gefängnisse befreit.
    Sie atmete tief durch. Ihre Lunge bebte. Es hatte ein wenig aufgeklart, aber ein kräftiger, kalter Wind trocknete den Schweiß auf ihrem Gesicht. Ihre Sicht war messerscharf. Ihre Ohren summten. Sie spürte das Herz in ihrer Brust pochen, aber sie zwang sich dazu weiterzugehen.
    Ihr Celica stand am anderen Ende des Parkplatzes. Sie schaute die Main Street hoch. Die untergehende Sonne ließ sich kurz blicken und tauchte alles in ein surreal blaues Licht. Lena fragte sich, wie viele Tage ihres Lebens sie damit vergeudet hatte, über diese elende Straße zu gehen. Das College. Der Eisenwarenladen. Die Reinigung. Der Kleiderladen. Alles wirkte so klein, so bedeutungslos. Die Stadt hatte ihr vieles genommen– ihre Schwester, ihren Mentor und jetzt ihre Marke. Sie hatte nichts mehr, das sie noch hätte geben können. Alles, was ihr blieb, war der Neuanfang.
    Auf der anderen Straßenseite sah sie die Heartsdale Children’s Clinic. Hareton Earnshaws sündhaft teurer BMW stand, zwei Stellplätze einnehmend, auf dem Parkplatz.
    Lena ging an ihrem Celica vorbei und über die Straße. Der alte Burgess stand am Schaufenster der Reinigung und winkte ihr zu. Lena winkte zurück und stieg die Stufen zur Klinik hoch. Ihre Hand brachte sie schier um. Sie glaubte nicht mehr, dass sie noch bis zu ihrem Krankenhausbesuch morgen Vormittag warten konnte.
    In Saras Zeit war die Klinik immer gut in Schuss gewesen. Jetzt ging es mit dem Gebäude bergab. Die Einfahrt hatte seit Jahren keinen Hochdruckreiniger mehr gesehen. Der Lack auf den Holzverzierungen war rissig und ausgebleicht. Blätter und Unrat verstopften die Rinnsteine, das Wasser floss seitlich am Haus entlang.
    Lena folgte den Schildern zum Eingang. Im toten Gras waren billige Trittsteine verlegt. Früher waren hier Wildblumen gewachsen. Jetzt gab es nur einen schlammigen Pfad, der zu dem Bach hinter dem Anwesen führte. Die heftigen Regengüsse hatten ihn in einen reißenden Fluss verwandelt, der aussah, als könnte er die Klinik jeden Augenblick überfluten. Die Erosion hatte sich Bahn gebrochen. Das Flussbett war mindestens fünf Meter breit und etwa halb so tief.
    Sie drückte auf die Klingel neben der Hintertür und wartete. Hare hatte sich in der Klinik eingemietet, nachdem Sara die Stadt verlassen hatte. Lena wusste, dass Sara ihren Cousin nie neben sich hätte arbeiten lassen, solange ihr die Klinik noch gehörte. Sie standen sich nahe, aber es war bekannt, dass Hare ein ganz anderer Arzt war als Sara. Er betrachtete die Arbeit als Job, Sara als Berufung. Lena hoffte, dass dies immer noch der Fall war, dass ein Doktor wie Hare sie bei ihrem Besuch als Verdienstmöglichkeit betrachtete und nicht als Todfeind.
    Lena drückte noch einmal auf den Knopf. Sie hörte drinnen die Glocke über dem leisen Murmeln eines Radios bimmeln. Sie versuchte, ihre Hand zu krümmen. Inzwischen konnte sie sie kaum noch bewegen. Die Finger waren dick angeschwollen. Sie schob den Ärmel zurück und stöhnte. Rote Striemen zogen sich über den Unterarm.
    » Scheiße « , ächzte Lena. Sie legte die Hand an die Wange: Sie glühte. Ihr Magen war übersäuert. Sie fühlte sich schon seit mehr als zwei Stunden nicht gut, aber jetzt schien alles zusammenzukommen.
    Ihr Handy klingelte. Jareds Nummer. Sie drückte noch einmal auf die Glocke, bevor sie ans Telefon ging.
    » Ist es ein schlechter Zeitpunkt? «
    Sie lief vor der Tür auf und ab. » Ich habe eben meinen Job hingeschmissen. «
    Er lachte, als hätte sie ihm einen unglaublichen Witz erzählt. » Wirklich? «
    Sie lehnte sich an die Wand. » Ich würde dich bei so was doch nicht anlügen. «
    » Heißt das, dass du bei anderen Dingen lügst? «
    Er machte nur Spaß, aber Lena rutschte das Herz in die Hose, als

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