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Letzte Worte

Letzte Worte

Titel: Letzte Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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dem, was heute passiert war, hatte Jeffreys Geist keine Gewalt mehr über sie.
    Delia Stephens kam wieder ins Zimmer. Sie war eine korpulente Frau, aber sie bewegte sich leise um das Bett, klopfte Brads Kissen auf, küsste seine Stirn. Sie strich die bereits schütter werdenden blonden Haare ihres Sohns zurück. » Er ist sehr gerne Polizist. «
    Lena fand ihre Stimme wieder. » Er macht das auch sehr gut. «
    Delia hatte ein trauriges Lächeln auf dem Gesicht. » Er wollte immer nur, dass Sie mit ihm zufrieden sind. «
    » Er hat mich auch nie enttäuscht « , log sie. » Er ist ein guter Detective, Ms Stephens. Und er wird schon sehr bald wieder auf der Straße sein. «
    Delias Augen verschatteten sich vor Sorge. Sie strich Brad über die Schulter. » Vielleicht kann ich ihn dazu überreden, mit seinem Onkel Sonny Versicherungen zu verkaufen. «
    » Sie werden noch genug Zeit dazu haben « , krächzte Lena. Ihr falscher Optimismus täuschte niemanden.
    Delia stand auf. Sie faltete die Hände vor dem Bauch. » Danke, dass Sie auf ihn aufgepasst haben. Er fühlt sich immer sicherer, wenn er bei Ihnen ist. «
    Lena wurde es schwindelig. Das Zimmer war zu klein, zu warm. » Ich gehe nur mal für einen Augenblick zur Toilette. «
    Delia lächelte, und ihre Dankbarkeit war so offensichtlich, dass Lena sich vorkam, als würde man ihr ein Messer in der Brust herumdrehen. » Nehmen Sie sich Zeit, meine Liebe. Sie haben schon einen langen Tag hinter sich. «
    » Ich bin gleich wieder da. «
    Mit hocherhobenem Kopf ging Lena den Gang entlang. Zwei Streifenbeamte des Grant County standen vor dem Wartebereich der Intensivstation Wache. Drinnen sah sie Ortspolizisten aus Macon beisammenstehen. Frank Wallace konnte sie nirgends entdecken. Höchstwahrscheinlich drückte er seinen Bauch an irgendeinen Tresen und versuchte, den schlechten Geschmack in seinem Mund wegzutrinken. Wahrscheinlich war es für sie das Beste, wenn sie ihn jetzt nicht sah. Wenn er im Gang gestanden hätte, hätte sie ihn wegen seiner Sauferei und seiner Lügen zur Rede gestellt– wegen allem, was sie in den letzten vier Jahren ignoriert hatte. Aber das war jetzt Geschichte. Ab morgen würde Lenas bedingungslose Loyalität zu diesem Mann nicht mehr existieren.
    Wenigstens war Gavin Wayne, der Polizeichef von Macon, hier. Er nickte, als Lena vorbeiging. Vor ein paar Wochen hatte er mit Lena über einen Wechsel zu seiner Truppe gesprochen. Sie hatte Jared gerade von seiner Schicht abgeholt, weil sein Pick-up bei der Reparatur war. Lena hatte Chief Wayne als recht sympathisch empfunden, aber Macon war eine große, sich immer weiter ausdehnende Stadt. Wayne war mehr Politiker als Polizist. Er war in keiner Weise wie Jeffrey, ein Hindernis, das ihr unüberwindlich schien, als er ihr den Job anbot.
    Lena stieß die Tür zur Damentoilette auf und war froh, dass sie leer war. Sie drehte das kalte Wasser auf und ließ es über ihre Hände laufen. Sie hatte sie schon unzählige Male gewaschen, aber das Blut– Brads Blut und ihr eigenes– klebte ihr noch immer unter den Fingernägeln.
    Die Kugel hatte ihre Hand getroffen. Es war nur ein Streifschuss an der Außenkante der Handfläche. Lena hatte sich selbst verarztet, mit dem Erste-Hilfe-Kasten im Revier. Komischerweise hatte die Wunde nicht stark geblutet. Vielleicht hatte die Hitze der Kugel sie kauterisiert. Trotzdem brauchte sie drei übereinanderliegende Pflaster, um sie abzudecken. Anfangs war der Schmerz beherrschbar, aber jetzt, da der Schock nachgelassen hatte, pochte ihre ganze Hand. Sie konnte die Wunde niemandem im Krankenhaus zeigen. Schusswunden mussten gemeldet werden. Lena würde bei jemandem einen Gefallen einfordern müssen für ein Antibiotikum, damit sie keine Infektion bekam.
    Gott sei Dank war es nur die linke Hand. Mit der rechten Hand griff sie zum Wasserhahn und mischte heißes Wasser ins kalte. Sie befeuchtete ein Papiertuch, verrieb ein wenig Seife darauf und wusch sich damit unter den Achseln. Sie machte weiter, verpasste sich am Waschbecken ein regelrechtes Nuttenbad. Wie lange war sie jetzt schon wach? Brads Anruf wegen der Leiche im See war gegen drei Uhr in der Früh gekommen. Als sie das letzte Mal auf die Uhr geschaut hatte, war es kurz vor zehn Uhr abends gewesen. Kein Wunder, dass sie fix und fertig war vor Erschöpfung.
    » Lee? « Jared Long stand in der Tür. Er trug seine Motorradpolizisten-Uniform. Seine Stiefel waren abgeschabt. Seine Haare waren zerzaust. Bei seinem Anblick

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