Leuchtfeuer Der Liebe
schneller er sie loswurde, umso besser.
Mit verbissener Entschlossenheit traf er seine Vorbereitungen. Dann beschäftigte er sich wieder mit dem Motiv. Sie lag wie eine Stoffpuppe da. Das Haar verhüllte einen Teil ihres Gesichts, so würde sie niemand erkennen.
Er sah sich gezwungen, sie zu berühren. Leise trat er ans Bett, nahm sie bei den Schultern, behutsam, um ihr verletztes Schlüsselbein zu schonen. Sie stöhnte leise, und er erschrak. Gütiger Himmel, wenn sie jetzt erwachte, würde er sie zu Tode erschrecken.
Beinahe so sehr, wie sie ihn erschreckte.
Ihr Kopf rollte zur Seite, sie schlief weiter. Er hielt sie immer noch an den Schultern.
Erst dann bemerkte er ihre Wärme. Eine Wärme, die in ihn eindrang wie Sonnenstrahlen. Ein Strom durchlief seine Finger und breitete sich tief in ihm aus. Er war sich quälend ihrer Zartheit bewusst. Die Empfindung, eine Frau zu berühren, war so überwältigend, dass er nicht mehr wusste, was er tun sollte.
Sie duftete nach Meer und Wind und Weiblichkeit. Er schloss die Augen, versuchte, einen klaren Kopf zu behalten, während seine Sinne sich wie eine Spirale drehten.
Die Qual dauerte endlose Minuten. Er lehnte sie aufrecht gegen das Kissen und rückte ihr den Kopf gerade, wusste nicht, was er mit ihren schlaffen Armen tun sollte, und verschränkte sie auf der Steppdecke. Sobald er ihre Hände gefaltet hatte, rollte ihr Kopf zur Seite. Er drückte eine Kuhle ins Kissen, um dem Kopf Halt zu geben, dann fielen ihr die Hände wieder zur Seite, als sie sich wohlig streckte.
Jesse fluchte leise vor sich hin. Schließlich gelang es ihm, dass, ihr Kopf gerade aufgerichtet, das Haar aus dem Gesicht gestrichen war und ihre Hände verschränkt blieben.
„Bleib so", flüsterte er. „Bleib nur eine Minute so liegen, ich brauche nicht länger."
Auf Zehenspitzen schlich er sich zur Kamera zurück, aus Furcht, sie könne beim leisesten Geräusch zusammenfallen wie ein Kartenhaus. Er kroch unter das schwarze Tuch und äugte durch den Sucher. In der anderen Hand hielt er die Pfanne mit dem Magnesiumpulver.
„Eins", flüsterte er, „zwei, drei ..."
Vorsichtig, um sie nicht aufzuwecken, belichtete er die Platte.
Mit einem lauten Knall und einem grellen Blitz explodierte das Magnesiumpulver.
Die Fremde richtete sich jäh auf wie ein Gespenst aus seinem ewigen Schlaf. Er erwartete ihren Schrei, doch stattdessen griff sie nach dem Krug neben dem Bett und schleuderte ihn in Jesses Richtung. Dabei schrie sie: „ Heiliger Herr Jesus Christ am flammenden Kreuz!"
4. KAPITEL
S ie kroch ans Kopfende des Bettes, das lange Nachthemd um die Beine gebauscht, und versuchte, die Öllampe auf dem Tisch zu erreichen.
Erst jetzt kam wieder Leben in Jesse. Diese dumme Person würde noch das ganze Haus niederbrennen.
„Lassen Sie die Finger davon", stieß er zwischen den Zähnen hervor und setzte sich in Bewegung. Die Scherben des zerbrochenen Krugs knirschten unter seinen Stiefelsohlen. Er griff nach der Lampe, stellte sie außerhalb ihrer Reichweite auf ein Wandbrett und betrachtete sie finster durch die gelblich grauen Rauchschwaden des verbrannten Blitzpulvers.
Ein rosiger Hauch lag auf ihren Wangen, ihre haselnussbraunen Augen blitzten zornig, wie er verwundert feststellte. „Sie haben schon genug Unheil angerichtet", sagte er brummig.
„Was erwarten Sie, frage ich Sie? Ich wache mitten in einer Schießerei auf, und Sie denken, ich ergebe mich einfach? Wenn auf mich geschossen wird, Kleiner, schieß ich zurück, das können Sie mir glauben."
Kleiner? Jesse war sich ziemlich sicher, dass ihn noch kein Mensch „Kleiner" genannt hatte. „Ich habe nicht auf Sie geschossen", verteidigte er sich.
„Es hat eine Explosion gegeben. Ich rieche das Schießpulver." Sie blinzelte in den Rauch und rümpfte die Nase, eine hübsche kleine Nase, mit Sommersprossen übersät.
Jesse begriff nicht, wieso er Notiz von ihren Sommersprossen nahm. „Sie sind Irin", stellte er verlegen fest, weil ihm nichts Besseres einfiel.
„Und Sie sind mir ein paar Erklärungen schuldig." Sie lehnte sich zur Seite und schaute an ihm vorbei. „Was, zum Teufel, ist das für ein Schießprügel?"
„Das ist kein Gewehr. Das ist eine Kamera."
Sie sah ihn ungläubig an und strich sich mit der Hand über das wirre rote Haar. „Eine Kamera?" Ja."
Wieder bildeten sich zwei rote Flecken in ihrem bleichen Gesicht. „Und wieso, in Gottes Namen, hantieren Sie hier mit einer Kamera herum?"
Jesse riss der
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