Leuchtfeuer Der Liebe
fördern soll."
„Ich habe keine Schwierigkeiten mit der Verdauung", stellte sie schmunzelnd fest.
Dieses Lächeln. Grausam in seiner strahlenden Schönheit. Es traf ihn wie ein Faustschlag.
Als sie fertig war, räumte er den Tisch ab. „Wollen Sie sich wieder hinlegen?" fragte er über die Schulter hinweg.
„Ich möchte gern spazieren gehen."
„Das ist zu anstrengend."
„Nur ein kurzer Spaziergang. Die frische Luft wird mir gut tun, meinen Sie nicht?"
Jesse wollte alles tun, damit sie sich wohl fühlte. Alles, um sie loszuwerden. Sie hatte keine Ahnung, wie sehr ihre Gegenwart ihm zusetzte, ihn störte in einer Art und Weise, wie er nicht gestört sein wollte.
„Gut, dann gehen wir zum Strand." Er wandte sich ihr zu. „Es gibt einen weniger steilen Weg nach unten."
Wieder traf ihn ihr Lächeln wie Sonnenstrahlen, die erfrorene Finger wärmten, bis es schmerzte. „Wie schön, Jesse", sagte sie.
Ich tue es nur für sie, redete er sich ein, als er ihr einen von Palina gestrickten Schal um die Schultern legte und ihn mit ungeschickten Fingern schlang. Mary stand wie ein artiges Kind vor ihm und ließ ihn gewähren. Sie vertraute ihm.
Die frische Luft würde ihr gut tun, und wenn sie sich besser fühlte, konnte sie gehen. Deshalb kümmerte er sich um sie.
Auf halbem Wege zum Strand rief sie seinen Namen. Er blieb stehen und drehte sich um. „Ist es zu viel für Sie?" fragte er, und ein Stich durchbohrte ihn. Wenn er sie wieder tragen müsste? Wenn er ihre Wärme und ihren Herzschlag spürte? „Sollen wir umkehren?"
„Nein. Das ist es nicht. Jesse?"
„Was denn?"
„Sie waren sehr gut zu mir, und ich will Sie nicht kritisieren. Aber darf ich Sie auf eine Kleinigkeit aufmerksam machen?"
„Was?"
„Sie sind wohl nicht daran gewöhnt, in Begleitung spazieren zu gehen."
Er schnaufte verächtlich. „Was soll das?"
„Wirklich. Sie marschieren vor mir her wie ein Soldat. Bei einem gemeinsamen Spaziergang geht man normalerweise nebeneinander."
„Wir gehen nicht gemeinsam", sagte er. „Sie wollten zum Strand gehen, und das tun wir. Wenn Ihnen der Spaziergang so nicht gefällt, können wir gerne umkehren."
Sie seufzte entnervt und stapfte in den übergroßen Gummistiefeln, die er ihr geborgt hatte, schwerfällig durch den Sand. „Bei einem Spaziergang geht man nicht einfach so", erklärte sie in einem entwaffnenden Mangel an Logik. „Bei einem Spaziergang unterhält man sich miteinander."
„Ich aber nicht." Er drehte sich wieder um und stapfte weiter.
Sie überquerten grasbewachsene Dünen und erreichten den Küstenstreifen. Er drehte sich zu ihr um. „Hören Sie, es tut mir Leid, dass Sie allein sind. Aber wenn Sie von mir Unterhaltung erwarten, muss ich Sie enttäuschen."
„Mich können Sie so schnell nicht enttäuschen", entgegnete sie schnippisch.
Ihre Bemerkung machte ihn neugierig. Andererseits wollte er nicht wissen, welche Enttäuschungen sie erlebt hatte. Und er wollte nicht wissen, was sie sich für die Zukunft erhoffte.
„Ich lebe allein, weil ich allein sein will", stellte er fest. „Ich will keine Gesellschaft."
Sie sah ihn erstaunt an, nickte aber. „Sie hatten nicht darum gebeten, mich zu retten. Wenn Sie eine andere Wahl gehabt hätten, wären Sie zweifellos nicht zum Strand gekommen, um mich zu finden."
Verdammt. Der Wunsch, sie aus seinem Leben zu haben, war doch nicht gleichbedeutend mit dem Wunsch, sie nicht gefunden zu haben. Oder? „Mary ..."
Sie hob abwehrend die Hand. „Ich habe begriffen. Gehen wir einfach weiter." Sie warf den Kopf in den Nacken und ließ sich den Wind ins Gesicht wehen. „Es ist kalt."
„Nehmen Sie meinen Mantel."
Sie schüttelte den Kopf. „Der Schal ist warm genug. Aber diese Stiefel sind mir zu lästig. Ich fühle den Sand gern unter meinen Füßen." Bevor er protestieren konnte, hatte sie ihre Gummistiefel von den Füßen geschleudert.
„Ziehen Sie die Stiefel wieder an", befahl er. „Mit kalten Füßen erkälten Sie sich, und dann habe ich Sie noch länger am Hals."
„Ein grausames Schicksal, schlimmer als der Tod." Ihre kleinen Füße hinterließen kaum Abdrücke im nassen Sand.
Und dann ging Jesse neben ihr her, ohne wissen zu wollen, warum. Eigensinnige Person. Sie sollte froh sein, von ihm wegzukommen.
Seine mürrische Art, seine schlechte Laune hatten bisher jede Frau auf Abstand gehalten. Die hier hatte keinen Respekt vor dem Eisenpanzer seiner Seele.
„Das hier ist wirklich das Ende der Welt", sagte Mary und
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