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Leuchtfeuer Der Liebe

Leuchtfeuer Der Liebe

Titel: Leuchtfeuer Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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bereits den ganzen Tag verschlafen."
    Sie schlurfte zum Waschtisch, klatschte sich Wasser ins Gesicht, strich den Rock glatt und ging in die Küche, wo Jesse Morgan das Abendessen zubereitete.
    Mary blieb auf der Schwelle stehen und beobachtete ihn. Er hantierte ohne Hast mit den gesetzten Bewegungen eines alten Mannes, dabei war er jung und voller Lebenskraft. Wieso wirkte er alt?
    Ich mag es nicht, wenn man mich anfasst.
    Sie hatte viele Fragen an ihren Gastgeber wider Willen, die er ihr nicht bereitwillig beantworten würde. Jedenfalls noch nicht.
    Sie räusperte sich. Er hob den Deckel eines Eisentopfes hoch und hielt in der Bewegung inne. „Abendessen ist fertig", sagte er über die Schulter.
    „Es riecht köstlich." Sie trat an den Tisch. „Wo ist der Krug mit den Wiesenblumen, die ich gepflückt habe?"
    Er runzelte die Stirn. „Draußen auf der Veranda."
    Wortlos ging sie hinaus und fand den Krug auf der Holzbalustrade. Die gelben Blütenköpfe von Arnika und Margeriten sahen aus wie kleine Sonnen. Beinahe trotzig stellte sie den Krug wieder auf den Tisch. Gelber Blütenstaub rieselte auf die Holzplatte.
    „Die machen nur Dreck", sagte Jesse.
    „Ich wische den Tisch wieder sauber."
    „In ein paar Tagen sind sie verwelkt."
    „Dann pflücke ich frische."
    Er verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. „Haben Sie gut geschlafen?"
    „Ja, wunderbar. Der Spaziergang hat mich offenbar ziemlich angestrengt." Sie dachte an ihre Unterhaltung am Nachmittag.
    Manchmal besitzen beschädigte Dinge eine eigene Schönheit, hatte Jesse gesagt. Was hatte er damit wohl gemeint? War er milder gestimmt? Begann er etwas für sie zu empfinden?
    Sie hätte beinahe laut aufgelacht. Er hatte sich vermutlich jahrelang um niemanden gekümmert, außer um sich selbst. Die paar Tage mit ihr würden daran nichts ändern. Und sie wäre eine Närrin, das ändern zu wollen.
    Dennoch reizte sie der Gedanke.
    „Soll ich Brot schneiden?" fragte sie.
    Er nickte kurz.
    Während er den Eintopf in zwei angeschlagene Emailschalen schöpfte, suchte sie ein Messer in einer Schublade und machte sich über den Laib Brot her.
    „Das ist ein Fischmesser", sagte er.
    „Jetzt ist es ein Brotmesser." Sie legte die Brotscheiben in eine Holzschale und stellte sie auf den Tisch.
    Er goss sich Bier ein.
    Sie blickte sehnsüchtig zu der mit Blech ausgeschlagenen Eisbox in der Ecke. „In letzter Zeit trinke ich schrecklich gern Milch", sagte sie.
    1
    Er bekam rote Ohren, als er ihr ein Glas Milch einschenkte. Mama hatte immer gesagt, Männer seien völlig hilflos in Gegenwart einer schwangeren Frau. Offenbar sind Männer unfähig, eine Verbindung zwischen dem Liebesakt und dem Heranwachsen eines Kindes im Mutterleib herzustellen, dachte Mary und lächelte in sich hinein.
    Sie setzte sich an den Tisch, machte das Kreuzzeichen und sprach leise ein Gebet. Jesse hielt den Löffel in der Hand und sah sie mit einem merkwürdig fragenden Blick an.
    „Gewohnheit", sagte sie, „und Glaube. Sprechen Sie nie ein Dankgebet, Captain Morgan?"
    „Wofür?"
    „Für die Früchte der Erde und des Meeres. Für die Gesundheit und das Leben."
    „Nein."
    Mama würde einen Anfall bekommen, wenn sie wüsste, dass ihre unstete Tochter die Bekanntschaft eines Heiden gemacht hatte.
    „Ich bin auch Ihnen dankbar", sagte Mary und löffelte den Eintopf. „Ihnen verdanke ich, dass ich hier sitze und es mir schmecken lasse." Sie hatte Mühe, ernst zu bleiben. „Und Ihre sprühende Gesellschaft genieße."
    Seine Miene verfinsterte sich. „Es freut mich, dass Sie das Unglück überlebt haben, glauben Sie mir", erwiderte er mürrisch. „Aber ich lebe nun mal gern allein und bin nicht daran gewöhnt, mein Haus mit jemand zu teilen."
    „Das wusste ich nicht." Um ihn aufzuheitern, fügte sie hinzu: „Das Essen schmeckt köstlich. Und ich hatte heute einen wunderschönen Tag." Erst als sie die Worte ausgesprochen hatte, wurde ihr klar, dass sie die Wahrheit gesagt hatte. Noch vor kurzem war sie der Meinung, einen schönen Tag mit einem freundlichen Menschen zu verbringen sei ein Traum, der sich für sie nie mehr erfüllen würde. Jesse Morgan war zwar nicht unbedingt freundlich zu nennen, dennoch hatte sie den Spaziergang mit ihm genossen. Sie hatte den ganzen Tag genossen. Es war etwas urzeitlich Schönes an diesem Küstenstreifen, wo Erde, Himmel und Meer einander trafen. Das hatte sie schon früher in Irland empfunden und jetzt wieder an diesem entlegenen Ort.
    „Sie werden

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