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Leuchtfeuer Der Liebe

Leuchtfeuer Der Liebe

Titel: Leuchtfeuer Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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grauenvollen Augenblick glaubte er, sie würde in Tränen ausbrechen. Gott bewahre ihn vor einer heulenden Frau. Aber Mary Dare weinte nicht. Sie stellte die Glaskugel behutsam auf den Kaminsims und baute sich vor Jesse auf, stemmte die Hände in die Hüften und funkelte ihn wütend an.
    Sein unsteter Blick wurde magisch von ihrem Mund angezogen. Vor wenigen Minuten hatte sie ihn geküsst. So wütend er auch auf sie war, er konnte nicht aufhören, an diesen Kuss zu denken. Der Boden hatte unter seinen Füßen nachgegeben wie ein Schiffsdeck im Sturm.
    Zwölf Jahre. Es waren zwölf Jahre vergangen, seit er eine Frau geküsst hatte ...
    „ Gib mir einen Abschiedskuss, Emily. Küss mich, und bald werden wir wieder zusammen sein. Die Zeit wird wie im Flug vergehen."
    „Ach, Jesse, ich reise so ungern."
    „Du musst, Liebste. Deine Stiefmutter erwartet dich." Jesse konnte ihr kaum in die Augen sehen. Ahnte Emily etwas f Sah sie ihm an, dass er ihr die Wahrheit verschwieg?
    „Brrr, es ist kalt. Ich könnte jetzt etwas Aufmunterung gebrauchen."
    „Ich aber nicht."
    „Und das", sagte sie und wies mit dem Finger auf seine Brust, „ist genau Ihr Problem, Jesse Morgan. Sie leben - nein, Sie vegetieren - wie ein Verdammter. Sie leben nur von den Geschichten in den Büchern, die Sie lesen." Sie wies mit dem Kinn zu den Bücherregalen.
    „Diese Geschichten interessieren mich."
    „Weil es die Geschichten anderer Leute sind, die Sie nichts angehen", entgegnete sie. „Sie tragen Ihre Einsamkeit wie einen Schutzschild vor sich her. Und sobald jemand an diesem Schild kratzt, geraten Sie außer sich vor Zorn, schreien herum, reißen Vorhänge herunter und versuchen, mich loszuwerden. Ich lasse mich davon nicht einschüchtern, hören Sie? Ich nicht."
    „Gut. Gehen Sie einfach. Ich will lediglich so leben, wie es mir gefällt. Suchen Sie sich einen anderen Ort, um von vorne anzufangen."
    „Und was passiert, wenn ich hier bleibe, frage ich Sie?"
    „Was?" schrie er. „Ich sage Ihnen etwas: Ich habe Sie nicht darum gebeten."
    „Na gut!" Sie wandte sich entrüstet mit wirbelnden Röcken ab. „Das Abendessen ist fertig."
    Er war zwar außer sich vor Zorn über die Veränderungen in seinem Haus, hatte aber auch großen Hunger. Verärgert nahm er den Blumenstrauß vom Tisch und warf den spitzenbesetzten Tischläufer auf die Bank. Feindselig starrten sie einander an.
    „Stellen Sie die Blumen wieder auf den Tisch", verlangte sie aufgebracht.
    „Nein", antwortete er seelenruhig.
    Sie maß ihn mit einem herausfordernden Blick, dann sagte sie schulterzuckend, als lohne sich die Mühe nicht, sich über ihn aufzuregen: „Tun Sie, was Sie wollen, Bodach."
    „Was ist ein Bodach ! fragte er.
    Sie schnaufte verächtlich. „Das gälische Wort für das, was Sie mich nannten, als Sie die neuen Vorhänge sahen."
    Sein Zorn flaute ab, er wusch sich die Hände, während Mary gebratenen Lachs, Kartoffeln und Bratäpfel anrichtete. Jesse wartete, bis sie leise ihr Tischgebet gesprochen hatte, bevor er sich hungrig über sein Essen hermachte.
    „Nicht schlecht", sagte er, nachdem er den halben Lachs verzehrt hatte, und fügte versöhnlicher hinzu: „Es schmeckt köstlich."
    Sie beobachtete ihn heimlich, während sie aß. „Palina kam heute Vormittag vorbei. Sie meinte, es sei falsch, wenn ich gehe. Es sei das Gesetz der See, dass ich bleibe, sagte sie."
    „Palina schwatzt dummes Zeug."
    „Glauben Sie nicht an die Sagen über das Meer?" Sie warf ihm einen forschenden Blick zu. „Glauben Sie nicht an die Macht des Schicksals?"
    „Ich glaube an gar nichts."
    „Ach, Jesse." Sie häufte einen Löffel Sahne auf ihren Bratapfel. „Was ist Ihnen nur widerfahren? Was hat Sie nur so verhärtet?"
    Ihre Frage war eine lästige Einmischung. Zum Teufel mit dieser Frau. „Palina, die alte Klatschbase, hat Ihnen sicher genug erzählt."
    „Sie sagte, die See hat Ihnen etwas weggenommen. Aber das sollen Sie mir selbst erzählen. Haben Sie jemanden verloren, den Sie liebten, Jesse? Bei einem Schiffsunglück? Oder ..."
    „Das geht Sie, verdammt noch mal, nichts an." Seine Kehle war wie ausgetrocknet, und er löschte seinen Durst mit einem kräftigen Schluck Bier. „Morgen bringt Magnus Sie in die Stadt und hilft Ihnen, eine anständige Unterkunft zu finden."
    Sie tat so, als habe sie ihn nicht gehört, und richtete den Blick auf die Glaskugel auf dem Kaminsims, an deren Unterseite sich die Flammen in winzigen goldenen Funken spiegelten. Mary lächelte

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