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Leuchtfeuer Der Liebe

Leuchtfeuer Der Liebe

Titel: Leuchtfeuer Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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geholfen, wenn sie sich nach ihrem Ehemann sehnt."
    „Ich kann nicht glauben, dass du so bitter bist."
    „Und ich kann nicht glauben, dass du so naiv bist", entgegnete er patzig.
    „Naiv? In welcher Beziehung?"
    „Wie du über die Liebe denkst."
    „Wie?"
    „Du tust so, als wüsstest du, was Liebe bedeutet. Aber du hast nie wirklich geliebt, sonst wüsstest du, dass man nicht einfach darüber hinwegkommt, wenn sie vorbei ist."
    „Du redest, als sei die Liebe eine Krankheit."
    „Vielleicht ist sie das auch. Eine Krankheit, gegen die es keine Heilung gibt." Er ging zur Tür. „Du bist ein nettes Mädchen, Mary", fuhr er fort. „Zu nett für mich. Es war schön, heute mit dir zusammen zu sein. Sehr schön sogar. Und das reicht mir. Wenn es dir zu wenig ist, hättest du deine Einwände im Büro des Richters anmelden müssen." Er ging ins Haus und warf laut die Tür zu.
    Mary hielt den Blick auf die rosigen Wolkenschlieren des Abendhimmels im Westen gerichtet, wagte sich nicht ins Haus, noch nicht. Sie fürchtete, die Nerven zu verlieren und Jesse ordentlich die Meinung zu sagen. Und wenn ihr aufbrausendes Temperament mit ihr durchging, würde sie wütend aus dem Haus laufen und sich lächerlich machen - wie schon einmal.
    Sie zwang sich zur Ruhe, verdrängte ihre Wut und ihre verletzten Gefühle. Auch wenn er sie nicht liebte, auch wenn sich ihre Hoffnungen mit ihm nicht erfüllten, blieb ihr keine andere Wahl, als bei ihm zu bleiben. Ohne Jesse wäre sie mit ihrem Kind heimatlos.
    Es gab wirklich Schlimmeres, als mit einem Mann verheiratet zu sein, der ein Gespenst liebte, der nicht den Mut aufbrachte, eine Frau aus Fleisch und Blut zu lieben.
    Noch nicht.
     
    „Sind Sie ganz sicher?" fragte Granger Clapp seinen Anwalt.
    Mr. Stoner schob ihm die gefaltete Zeitung über den Schreibtisch. „Lesen Sie die Anzeige im Journal. Außerdem habe ich das Heiratsregister persönlich eingesehen. Sie hat den Leuchtturmwärter Jesse Morgan geheiratet."
    In Grangers Gesicht zuckte kein Muskel, doch in seinem Inneren tobte ein Aufruhr. „Welche Folgen hat das für meine Ansprüche auf mein Kind?"
    Stoner räusperte sich, zog seine Taschenuhr hervor und klappte sie mehrmals auf und zu, ohne hinzusehen. „Wir haben im Grunde keine gesetzliche Handhabe, Sir. Ich fürchte ..."
    „Aha. Wie üblich fürchten Sie sich, eine Entscheidung zu treffen und das zu tun, was getan werden muss", herrschte Granger ihn an.
    „Ich verstehe nicht, Sir."
    „Egal. Sie sind entlassen." Mit zusammengekniffenen Augen blickte Granger dem Mann nach, der eilig das Büro verließ. In seinem rasenden Zorn fasste er einen folgenschweren Entschluss. Die Dinge wiederholten sich. Wieder einmal stahl Jesse Kane Morgan ihm seine Zukunft, nahm sich das, was Granger zustand, ihm ganz allein.
    Dafür würde der Kerl bezahlen, genau wie damals vor zwölf Jahren.
     
    Bald verbreiteten sich die Neuigkeiten über die Veränderungen im Haus der Witwe Swann in der Stadt. Nicht nur Mrs. Clune und ihr Nachwuchs waren dort eingezogen. Hestia hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Hinterbliebenen anderer Besatzungsmitglieder ausfindig zu machen, die auf Captain Swanns Schiff umgekommen waren. Sie hatte Mrs. Selkirk, die betagte Mutter des dritten Steuermanns, bei sich aufgenommen sowie Rheingold, den kranken Sohn des Schiffskochs. Der junge Mann hatte befürchtet, den Rest seines Lebens im Armenhaus verbringen zu müssen. Nun bewohnte er ein sonniges Zimmer im ersten Stock der Villa und wurde von Melissas Töchtern und häufig auch von Hestia selbst betreut.
    Mary und Palina kamen ein Mal in der Woche zu Besuch, brachten selbst gebackene Kuchen, Eier und Butter und freuten sich über die fröhliche Stimmung im Haus.
    „Du kannst dir die Veränderung kaum vorstellen", erzählte Mary eines Abends beim Essen. „Es ist eine reine Freude, zu sehen, wie fröhlich und heiter alle sind." Sie aß einen Löffel Gemüsesuppe. „Du solltest sie einmal besuchen."
    „Mir liegt nicht viel an Besuchen."
    „Du könntest mich in die Stadt begleiten, solange Palina und Magnus fort sind."
    „Wenn die Jonssons in Astoria sind, habe ich noch mehr Arbeit auf der Station als sonst." Jeden Herbst verbrachten die Jonssons zwei Wochen bei Verwandten in Oregon, so auch in diesem Jahr.
    Mary aß schweigend. Obwohl Jesse nie ein Wort darüber verlor, schien ihm ihr Essen zu schmecken. Die Cremesuppe war aus pürierten Karotten und Sellerie mit Sahne, in die ein saurer Apfel gerieben wurde.

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