Leute, ich fuehle mich leicht
beaucoup.«
Und Johannes steckt sich auch eine in den Mund. Ich meine, er steckt sie sich ganz in den Mund und kaut sie wie ein verdammtes Kaugummi. Ich kann es nicht fassen! Leute, wenn man eine Sache als Säugling gelernt hat, dann, dass man niemals Tabak essen sollte. Nicht mal in kleinsten Portionen. Ich starre Johannes an und denke, vielleicht sind das Zauberzigaretten und er gibt eine kleine akrobatische Performance. Er grinst mich mit ordentlich Tabak zwischen den Zähnen an, und ich sage:
»Sind das echte Zigaretten?«
»Logisch.«
»Und warum isst du die?«
»Ich wollte mal sehen, wie die so schmecken.«
Und im nächsten Moment rutscht er ganz schnell von seinem Hocker runter und quetscht sich hektisch, mit vor den Mund gehaltener Hand, an den langen Tischen vorbei, in Richtung Toilette. Ich befürchte, da hat er sich eine Eins-a-Vergiftung beigebracht. Damit wird Johannes jetzt erst einmal zu tun haben. Ich bestelle uns unterdessen zwei Bier. So viel Geld habe ich gerade noch dabei. Die rotgesichtige Tresendame mit dem Goldzahn guckt mich komisch an und fragt mit dieser verrauchten Stimme: »Wie alt bist du denn, meine Kleine?«
Ich lüge: »Sechzehn. Aber die sind sowieso nicht für mich.«
Sie zieht die Augenbrauen hoch, stellt mir aber trotzdem zwei Bierflaschen hin.
»Na, dann man Prost!«
»Danke.«
Ich warte mit dem Trinken, bis Johannes wiederkommt. Das dauert allerdings ziemlich. Ich sehe auf meine Uhr, der Zeiger zieht seine Runden, und ich realisiere, dass Mama demnächst mit Cotsch angebrettert kommen wird, um mich abzuholen. Das ist so was von peinlich. Ich darf immer nur bis zehn Uhr abends wegbleiben. Und das auch nur am Freitag. Damit ich nicht mit dem Bus nach Hause fahren muss, holt mich Mama gemeinsam mit Cotsch ab. Meine Schwester muss sich zu diesem Zweck hinters Steuer klemmen, weil Mama nachts nicht Auto fahren kann. Papa kommt für die Aktion gar nicht erst infrage, da er jedes Mal einen Anfall kriegt, wenn Mama ihn höflichst darum bittet, mich abzuholen. Er meint, wir sollen den Bus nehmen. Aber Mama hat Sorge, dass wir vergewaltigt werden. So viel zur Emanzipation der Frau. Um ehrlich zu sein, bittet Mama Papa nicht einmal selbst um den Gefallen. Ich muss das machen. Wenn Mama die Abhol-Frage nämlich direkt mit ihm bespricht, schüttelt er nur den Kopf und meint: »Ich bin doch nicht der Familienchauffeur.«
Das Gleiche sagt er allerdings auch zu mir, wenn ich ihn frage. Ich stehe dann blöde im Keller neben dem hohen Schuhregal herum, wo er gerne seine Schuhe putzt, und in meinen Ohren rauscht es vor lauter Anspannung. Ich meine, ich würde auch ein Taxi nach Hause nehmen, so ist es nicht. Aber Mama behauptet: »Dafür haben wir kein Geld.« Ich halte das für etwas übertrieben, weil mir Mama auf der anderen Seite fünf Euro gibt, wenn ich für sie mitten in der Nacht bei diversen Leuten durchklingle, um rauszukriegen, ob meine Schwester Cotsch sich zufällig bei ihnen aufhält. Cotsch haut nämlich des Öfteren ab, und dann wissen wir nicht, wo sie steckt. Die meisten Eltern freuen sich, wenn ich mal wieder durchrufe. Die wissen schon, was ich will, und geben mir Tipps, bei wem ich es noch versuchen könnte. Mama ist das alles total peinlich. Sie hockt dann in ihrem Nachthemd neben mir auf der Fensterbank und kaut aufgeregt an ihrem Daumen herum. Unterdessen liegt Papa oben im Bett und schnarcht sich einen ab. Der macht sich keine Sorgen - es sei denn, Cotsch brettert alleine in seinem Wagen davon. Den Fall hatten wir auch schon mal. Da war vielleicht was los! Cotsch hat ja - wie schon angedeutet - noch keinen Führerschein. Den macht sie ja gerade erst. Sie ist eben erst siebzehn. Nur wenn Mama dabei ist, darf sie es sich auf dem Fahrersitz bequem machen. Weil Mama eine so aufmerksame Beifahrerin ist. Die ist wichtig, wenn Cotsch fährt. Einmal hat Mama aus Versehen gepennt. Da hat Cotsch die Gunst der Stunde genutzt und ist an der roten Ampel voll durchgestartet - obwohl vor ihr noch einer stand. Ich sage nur: kleiner bis mittelgroßer Blechschaden.
Endlich kommt Johannes von der Toilette zurück. Er ist etwas grün im Gesicht. Er schiebt sich neben mich auf den Barhocker, und ich muss nah rankommen, um zu verstehen, was er sagt:
»Probiere niemals Tabak. Da ist irgendwas drin, das einem auf den Magen schlägt.«
Ich nicke. Das hätte ich ihm vorher sagen können.
»Und ich muss gleich los. Nach Hause.«
»Echt? Jetzt schon? Es ist doch noch nicht mal
Weitere Kostenlose Bücher