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Leute, ich fuehle mich leicht

Titel: Leute, ich fuehle mich leicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig von Lange
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nichts dagegen, dass ich mit Brille eine heiße Affäre habe, oder?«
    Schnell mache ich die Augen auf. Was für ein Albtraum! Doch obwohl ich die Lider weit aufreiße und in die Zuschauermenge hineinsehe, will das Bild meiner Schwester nicht verschwinden. Es schiebt sich immer wieder wie so eine Diaprojektion vor meine Linse. »Du hast doch nichts dagegen, dass ich mit Brille eine heiße Affäre habe, oder?«
    Als das Bild endlich am Verblassen ist und ich kurz zu meinem Sitznachbarn hinüberglupsche, wispert er sofort los: »Kommst du mit raus, eine Zigarette rauchen?«
    »Warum nicht?«
    Ich brauche jetzt etwas zur Beruhigung. Tessi kriegt ja sowieso nicht mit, ob ich hier drinnen hocke oder nicht. Ein kurzes Zigarettenpäuschen hat noch niemandem geschadet. Ich stehe also langsam auf, bemüht, nicht zu stören. Leider fällt mir dabei meine Jacke auf den Boden. So ein Mist. Schnell klaube ich sie wieder auf und gehe steif zum Ausgang, wobei ich ziemlich aufpassen muss, den stehenden Zuschauern nicht auf die Füße zu trampeln. Endlich sind wir draußen. Mein Begleiter und ich schließen leise die schwere Holztür hinter uns und stehen im neonerleuchteten Gang. Keine zwei Meter von uns entfernt: Tessis Mutter im pinkfarbenen Kleid, mit einer Bierflasche in der Hand.
    »Elisabeth! Schön, dich zu sehen!«
    »Ah! Hallo!«
    Wie kommt die denn hierher? Ist sie echt oder auch nur eine Projektion? Möglicherweise komme ich jetzt tatsächlich in den gefährlichen Zustand, aus dem es kein Zurück mehr gibt. Mein Körper stellt körpereigene Drogen her, um mir das Verhungern zu erleichtern. Dadurch space ich voll ab und sehe Menschen, die gar nicht da sind. Tessis Mutter atmet mir ihre Bierfahne ins Gesicht, und daran merke ich, dass sie wirklich vor mir steht. Mit der Flasche zeigt sie auf meinen Sitznachbarn und zum ersten Mal erblicke ich ihn in voller Pracht.
    »Ist das dein französischer Austauschschüler?«
    Er ist eineinhalb Köpfe größer als ich, ziemlich schlank und er trägt rote, mit Pailletten besetzte Chucks. Das ist schon mal ein gutes Zeichen. Dazu eine weite Jeans und mehrere T-Shirts übereinander.
    Ich nicke und sage: »Ja, das ist François. Aus der Provence.«
    Vielleicht habe ich Glück und er macht mit. Wenn nicht, taugt er eh nichts. Und nicht mal dann macht es etwas, weil ich vermutlich wirklich bald tot bin. Aber er nickt Tessis Mutter freundlich zu, um ihr »Bonsoir« zu sagen: »Madame, de rien. De rien.«
    Und Tessis Mutter macht so einen beknackten Knicks, als wären wir hier bei Louis Quatorze im Sonnentempel oder wie das Ding heißt. Ich schätze, Tessis Mutter hat schon wieder ordentlich einen sitzen. Eigentlich hat sie immer einen sitzen.
    Sie meint mit so einem gewissen Leiern in der Stimme: »Paris, die Stadt der Liebe. Je t’aime. Je t’aime.«
    Als François ihr auch noch die Hand reichen will, macht Tessis Mutter allerdings nicht mehr mit. Sie leiert: »A-haha! Ja, ja. Lieber nicht. Ich höre, Sie haben einen schlimmen Hautausschlag!«
    Der angebliche François sieht mich etwas komisch an. Darum ziehe ich ihn an seinem Ärmel Richtung Treppe und erkläre mit französischem Akzent: »Ihm ischt nischt gut. Er ist schüschtärn.«
    Tessis Mutter nickt. »Ist ja auch nicht leicht, in einem fremden Land.«
    Und dann taumelt sie auch schon los, um den Auftritt ihrer betrogenen Tochter nicht zu verpassen.
    Als sich hinter ihr die Tür zum Zuschauerraum geschlossen hat, fragt mich mein Sitznachbar: »Schüschtärn? Was soll das denn heißen?«
    »Na, schüchtern.«
    »Aha. Und warum bin ich der französische Austauschschüler?... Nicht dass ich etwas dagegen hätte.«
    »Weil ich keine Lust hatte, mich neben sie zu setzen. Sie ist die Mutter von meiner besten Freundin und die steht total auf ihren Freund, aber der hat sie gerade...«
    »Ja?«
    »Ich erzähle es besser nicht, die Sache ist noch ziemlich frisch.«
    »Er hat sie betrogen, oder was?«
    »Woher weißt du das?«
    Mein Sitznachbar zieht die Augenbrauen hoch. Er scheint sich im zwischenmenschlichen Bereich gut auszukennen. Dann sollte ich ihn vielleicht gleich noch über meine Vermutung aufklären, dass es sich bei der Dritten im Bunde um keine Geringere als meine Schwester handelt. Aber das verkneife ich mir doch besser - erst einmal brauche ich handfeste Beweise. Schließlich bin ich ein Profi. Vernünftiger wäre es, wenn ich schnell mal ein wenig essen würde. Die Stulle, die ich vorhin in den Abfalleimer geworfen habe, täte

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