Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leute, ich fuehle mich leicht

Titel: Leute, ich fuehle mich leicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig von Lange
Vom Netzwerk:
dachte, du machst das!«
    »Ich leide aber unter akuter Höhenangst.«
    »Ich auch.«
    »Scheiße, was machen wir jetzt?«
    Alina und ich hocken hinter dem Gebüsch und überlegen. Auf den Gehwegplatten krabbeln die Ameisen und verschwinden in den dunklen Zwischenräumen, aus denen Grasbüschel hervorsprießen. Mir tun schon die Knie weh, und in meinem Kopf beginnt es wieder zu rauschen, als Alina endlich nachdenklich mit ihren Haaren wippt und meint: »Na gut, ich klettere hoch. Sobald ich oben bin, gehst du ums Haus rum, klingelst und verwickelst Pia in ein Gespräch. Alles klar?!
    »In was für ein Gespräch?«
    »Keine Ahnung. Denk dir was aus!«
    »Und wenn die Eltern die Tür öffnen?«
    »Dann fragst du, ob Pia da ist.«
    »Und was soll ich sagen, warum ich sie sprechen will?«
    »Sag, du hättest ihr Portemonnaie gefunden und willst es ihr wiedergeben.«
    »Und wenn die Eltern sagen, dass sie gar kein Portemonnaie hat?«
    »Scheiße, Lelle! Dann musst du improvisieren!«
    Unter uns, Leute: Ehrlich gesagt muss ich gar nichts. Ich weiß auch nicht, wie ich in diese Situation hineingeraten konnte. Offenbar fällt diese Aktion unter »Freundschaftsdienst«. Ich brauche nicht zu sagen, dass ich inzwischen unter echten Beklemmungen leide. Was ist, wenn die Leute Alina auf frischer Tat erwischen und die Polizei rufen? Kommen wir dann ins Gefängnis? Ich glaube schon. Zumindest vor Gericht. Und wie menschenverachtend es da abläuft, durfte ich gemeinsam mit meiner Klasse und Herrn Falke mal hautnah miterleben, als wir einen Vormittag im Gerichtssaal verbracht haben. Dieser Richter war so was von ungerecht und arschlochmäßig zu den Jugendlichen, die da vor ihm auf der Anklagebank hockten, dass ich dachte, der Typ hat ein Herz aus Stein. Nur weil die einen Kaugummiautomaten geknackt hatten, hat er die richtig hart rangenommen und schlimm beleidigt. In echten Verhandlungen geht es ganz anders zur Sache als in diesen Fernsehshows. Das, was man da zu sehen bekommt, ist ein Witz gegen die Realität. Ich glaube, ich muss unser geplantes Vorhaben abblasen. Dafür ist es allerdings zu spät. Alina hat sich bereits auf den Weg zum Baum gemacht. Jetzt würde ich wirklich gerne umkippen und wegdriften. Das Problem wäre nur: Alina würde es nicht merken. Die krabbelt gerade wie ein bekloppter Winnetou an der niedrigen Gartenhecke entlang, direkt auf den Baum zu, der im Garten von Pias Familie steht. Als sie sich ein paarmal aus der Hocke nach allen Seiten umgesehen hat und die Luft für »rein« befunden hat, springt sie am Stamm hoch und versucht, den ersten Ast mit der Hand zu erreichen. Aber das wird nichts. Oh Gott, das sieht so behämmert aus, wie Alina da immer wieder am Stamm hochspringt und den Ast nicht zu fassen kriegt. Ich muss kichern, obwohl mir gar nicht danach ist. Besser, ich mache mir Gedanken darüber, was ich gleich sage, wenn ich vor der Haustür stehe und Pias Eltern Rede und Antwort stehen muss.
    Ha! Ich weiß es! Überraschung, Leute, das wird ein Knüller. Jetzt glotze ich wieder rüber zu Alina, die immer noch nicht weitergekommen ist. Sie hüpft und hüpft, und ich habe Hoffnung, dass wir unverrichteter Dinge wieder nach Hause abdampfen können. Ohne Inhaftierung und Gerichtstermin. Schließlich lässt Alina es sein und kommt zu mir zurück:
    »Schittenhausen. Ich kotze voll ab! Der Zweig ist zu hoch am Baum befestigt. Ich komme nicht ran.«
    Doch anstatt sich mit mir zu beraten, rennt sie an mir vorbei, wobei ihre Haare wie so eine Zuckerwatteportion nach hinten fliegen, rüber zum Gemeindehaus, wo unsere Fahrräder stehen. Sie rupft ihr Rad aus dem Ständer, schiebt es eilig zum Baum zurück und klettert auf den Sattel, wobei leider das Vorderrad wegrutscht und Alina auf die geschnittene Hecke stürzt. Ich mache mir gleich in die Hose. Der Sturz sah richtig behämmert aus. Ich reiße den Mund auf und würde am liebsten laut loslachen. Aber das geht ja nicht.
    Ich kneife die Beine zusammen und sehe zu, wie Alina versucht, aus dem Gestrüpp zu krauchen. Endlich hat sie sich wieder befreit. Ihre Frisur sieht irgendwie eingestürzt aus. Sie schreit: »Scheiße, Elisabeth! Hilf mir gefälligst.«
    Das nenne ich eine erstklassige Undercover-Aktion. Wenn Pia bis jetzt nicht auf uns aufmerksam geworden ist, würde ich sagen, sie hat was an den Ohren.
    Ich gehe also rüber zu Alina und halte ihr das Rad fest, damit sie gemütlich draufsteigen und den untersten Ast des Baumes erklimmen kann. Als sie es

Weitere Kostenlose Bücher