Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leute, ich fuehle mich leicht

Titel: Leute, ich fuehle mich leicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig von Lange
Vom Netzwerk:
Fensterbrett zwischen den umhäkelten Blumentöpfen stehen. Neben mir hampelt Alina von einem Bein aufs andere und bringt keinen Ton heraus. Mir wäre es das Liebste, sie würde das ganze Theater direkt auf ihre Kappe nehmen und einfach gestehen, dass ihr Einbruch ein Akt der Liebe war. Genau wie bei Cyrano de Bergerac, der ist auch ständig an Weinranken hinauf in fremde Gemächer geklettert oder hat es zumindest versucht. Überhaupt meint Mama gerne: »Im Leben sollte man sich immer auf die Literatur beziehen. Alles, was passiert, steht längst geschrieben.« Ich räuspere mich und versuche, einen klaren Gedanken zu fassen. Es wäre ein Leichtes, jetzt aus den Latschen zu kippen. Das würde die Situation allerdings nur kurzfristig entschärfen. Besser ist es, die Angelegenheit zu klären, bevor sie vor den Richter geht.
    Pia steht mit hochgesprühten Haaren im Türrahmen und murmelt immer wieder: »Ich fasse es nicht. Ich fasse es nicht. Klettern diese kleinen Kröten einfach in mein Zimmer.«
    Ich gebe ihr recht. Ich fasse es auch nicht. Ich muss kurzzeitig gehirnamputiert gewesen sein. Alina ist es ja ständig. Das ist ja keine Neuigkeit. Aber dass ich mich von ihr habe verführen und erpressen lassen, das haut mich wirklich um. Ich nicke und sehe zu Pia, dann zu ihrem Papa und der Mutter. Ich sage: »Es tut mir sehr leid, was passiert ist. Ich kann die Hintergründe dafür nicht offenlegen, weil sie emotional motiviert waren. Und zwar nicht durch meine Person. Ich bin quasi nur der Diener der Liebe, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Pias Mutter glotzt mich mit weit aufgerissenen Augen an und fängt an, ihre Brille zu putzen. Pippi-Pias Vater zieht hingegen seine Augenbrauen zusammen und gesteht: »Ich verstehe nur Bahnhof.«
    Da endlich stößt sich Pippi-Pia vom Türrahmen ab, macht ein paar Schritte auf Alina und mich zu - überflüssig zu erwähnen, dass sie exakt im selben Outfit wie Alina steckt - und meint: »Ich glaube, ich weiß, was sie meint. Wie heißt ihr beiden überhaupt?«
    Wie ein echter Hirni, zeige ich mit dem Zeigefinger auf mich selbst und sage: »Ich? Ich bin Elisabeth. Und das da...« Ich zeige auf Alina. »Das ist Alina.«
    Pia nickt und mustert Alina von oben bis unten. Hinter ihr meldet sich ihr Papa zu Wort: »Die sieht ja genauso aus wie du, Pippi.«
    Pia nickt: »Du sagst es.«
    Und dann geht die Klärung des Falls relativ schnell. Alina muss gestehen, dass Pippi-Pia ihr großes Idol ist und sie Tag und Nacht an sie denkt. Pia verzeiht ihr großmütig, und ich verspreche, dass Alina und ich nie wieder so einen Scheiß verzapfen. Anschließend bekommen Alina und ich sogar noch ein Glas Cola angeboten und eine kalte Bratwurst, die vom Grillen übrig geblieben ist. Wir sitzen mit Pippi-Pias Familie am Küchentisch und kauen, während Pias Vater seine Tochter mit stolzgeschwellter Brust an sich drückt und meint: »Ich habe es immer gewusst! Unsere Pippi-Pia ist ein ganz besonderes Mädel.«
    In meiner Hosentasche vibriert mein Handy. Eine SMS ist angekommen. Unter der Tischplatte gucke ich verstohlen aufs Display. Eine Nachricht von Johannes: »Babe, wo bist du?« In der Küche von Pippi-Pias Familie. Ich will hier so schnell wie möglich raus. Ich glaube, heute habe ich echt etwas Wichtiges gelernt: immer erst genau zu prüfen, ob man voll hinter den Aktionen steht, bei denen man mitwirkt. Sonst heißt es ganz schnell: mitgefangen, mitgehangen. Der einzige Mensch, der in diesem Moment nicht glücklicher sein könnte, ist Alina. Und irgendwie freut mich das auch.

14
    A ls ich in der Dämmerung nach Hause komme, ist Mama gerade damit beschäftigt, mein Zimmer aufzuräumen, obwohl sie das nicht machen soll.
    Ich sage also gleich: »Hör doch mal auf, in meinen Sachen rumzufummeln.«
    Mama legt trotzdem seelenruhig die frisch gebügelten Unterhosen in meinen Kleiderschrank und guckt mich mit großen Augen an. »Ich fummle doch gar nicht in deinen Sachen herum.«
    »Machst du wohl.«
    Mama klappt die Schranktür zu und kapiert es einfach nicht. Sie meint nur: »Früher hat dich das doch auch nicht gestört.«
    Da hat sie recht. Aber jetzt macht es mich ganz rasend. Einmal bin ich sogar, wie vielleicht schon erwähnt, mit dem großen Brotmesser auf sie los. Natürlich nur zur Warnung, ich hatte nicht vor zuzustechen. Aber Mama fand »den Akt an sich schon so schrecklich«. Damals wollte ich ihr ein für alle Mal signalisieren, dass sie nie wieder an meinen Schrank gehen soll. Wie ich

Weitere Kostenlose Bücher