Leute, ich fuehle mich leicht
endlich geschafft hat, sage ich: »Alina, ich würde die Sache doch gerne abblasen.«
»Bist du bescheuert?«
»Ich will nur nicht wegen Einbruchs verurteilt werden.«
»Hier wird niemand verurteilt, weil wir uns nicht erwischen lassen.«
»Ich will trotzdem nicht.«
»Wenn du jetzt kneifst, dann erzähle ich Herrn Falke, dass du in ihn verliebt bist.«
Ich hechte zurück auf meinen Ausgangspunkt. Von da aus beobachte ich, wie Alina total krepelig die Baumkrone bezwingt. Als sie schließlich den breiten Ast, der auf Pias Balkon führt, erreicht hat, mache ich mich an meinen Teil der Mission. Dabei denke ich, dass ich mein Verhältnis zu Alina noch einmal überprüfen sollte. Die arbeitet ja mit erpresserischen Mafiamethoden!
Leute, es ist so weit. Ich stehe auf dem Fußabtreter von Pias Heim. Leider fällt mir jetzt erst auf, dass ich absolut die Pflicht gehabt hätte, mich für diese Angelegenheit nicht zur Verfügung zu stellen. Gerade aus freundschaftlichen Gesichtspunkten wäre ich wirklich dazu verpflichtet gewesen, Alina von ihrem Vorhaben abzuhalten. Nun ist es leider zu spät und ich muss es einfach unter der Rubrik »Auf gut Glück« abheften. Na, dann wollen wir mal. Ich räuspere mich und drücke auf den Klingelknopf, der sich originellerweise in dem Maul eines an die Häuserwand geschraubten Löwenkopfes befinden. Ganz bezaubernd. Papa hätte nur ein müdes Lächeln dafür übrig. Der kennt sich in Geschmacksfragen und Ästhetik aus. Der hält nichts von solchem Schnickschnack. Ich auch nicht. Das ist astreiner Kitsch. Ist zum Glück nicht meine Sache. Alina muss ja damit klarkommen, wenn sie ihr zukünftiges Leben mit Pia plant.
Hinter der Tür höre ich schlaffe Schritte. Ich stecke meine Hände in die Hosentaschen, damit sie mir nicht vor Aufregung um die Oberschenkel schlackern. Dann geht die Tür auf. Ich nehme an, das ist Pias Vater, der da in kurzen Hosen und labbrigem T-Shirt vor mir steht.
»Ja?«
»Guten Abend.«
»Ja?«
»Ist Ihre Tochter da?«
»Ja?«
»Könnte ich die mal sprechen?«
»Worum geht es denn?«
Meine Güte, dieser Vater ist wirklich umständlich. Kann er nicht einfach nach seiner Tochter rufen? Steht da in seinen komischen Badelatschen, und mir bleibt nichts anderes übrig, als mir seine sonnengeröteten Beine anzugucken. Ich vermute, er grillt gerne. Die meisten Männer in seinem Alter grillen gerne. Das weiß ich von Cotsch. Die hatte schon öfter was mit Männern in seinem Alter. Cotsch sagt: »Männer grillen gerne. Das liegt in ihrer Natur. Das kommt daher, weil sie damals Mammuts im Feuer gebraten haben.«
Ich räuspere mich und sage: »Ihre Tochter hat angeboten, mir Nachhilfe in Mathe zu geben.«
»Meine Tochter? Die bekommt doch selber Nachhilfe in Mathe.«
Das ist jetzt natürlich peinlich, wobei ich gleichzeitig auch den Hut vor Pias Vater ziehe. Mein Vater hätte das gar nicht gewusst. Wie gesagt, der beschäftigt sich lieber mit seinen Schuhen.
Ich räuspere mich noch einmal und sage: »Tja.«
Pias Vater zieht die Augenbrauen hoch, dann ruft er nach oben ins Haus: »Pippi?«
Als keine Antwort kommt, ruft er noch lauter: »Pippi? Dein Typ wird verlangt.«
Pippi! Ich muss mir regelrecht das Lachen verkneifen. Was mir gerade relativ leichtfällt. Irgendwie scheint mein Plan nämlich nicht aufzugehen. Pippi-Pia kommt nicht runter. Stattdessen vernehmen wir, ihr Papi und ich, einen Eins-a-Entsetzensschrei aus dem ersten Stock, der zu uns runtergellt.
»Scheiße! Was willst du denn hier?«
Bevor ich überhaupt begreife, was Phase ist, werde ich schon von Pippi-Pias Papa am Schlafittchen gepackt und ins Haus gezerrt. Die Tür fällt hinter mir ins Schloss und ich höre diesen fremden Mann schwer und unruhig atmen.
Das Dumme ist, wie ich gerade erfahre, als ich neben Alina auf dem flauschigen Wohnzimmerteppich von Pias Eltern stehe, dass Pippi-Pias Papa nicht nur gerne grillt, sondern auch beruflich mit der Polizei zu tun hat. Das ist natürlich in gewisser Weise problematisch. Er hat sich neben seiner Frau, die ebenfalls gut sonnengerötet in kurzen Hosen steckt, auf die knautschige Ledergarnitur gesetzt und klatscht immer wieder seine wurstigen Hände zusammen. Sein dickes Gesicht ist dunkelrot, und die letzten paar Haare, die sein Kopf beheimatet, stehen ihm unvorteilhaft zu Berge.
»Okay, Freunde!«
Er atmet tief aus, während ich mir die umfangreiche Sammlung von Keramik-Enten ansehe, die in unterschiedlichen Größen auf dem
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