Level 6 - Unsterbliche Liebe
momentan befand, tatsächlich froh, ihn zu sehen.
„Ist hier alles in Ordnung?“, fragte er höflich und schaute die Männer streng an. Mich würdigte er dagegen kaum eines Blickes.
„Ob hier alles in Ordnung ist?“, wiederholte ich ungläubig. „Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?“
Daraufhin starrte er mich mit ausdrucksloser Miene an. „Es tut mir leid, dass es für dich so schwierig war, Kira. Herzlichen Glückwunsch dazu, dass ihr das Belohnungslevel geschafft habt. Ich bin mir sicher, dass es dich freuen wird, nach vier heftigen Aufgaben ein bisschen Privatsphäre zu genießen.“
Ich verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. „Sie haben mich angelogen, was Rogan betrifft. Hab ich recht?“
Er antwortete nicht. Stattdessen nickte er einem der Männer in Weiß zu, der mir etwas zuwarf. Mir blieb nichts anderes übrig, als es aufzufangen. Es war ein Mantel. Ein Bademantel. In Weiß.
Riesenüberraschung, was die Farbwahl anging.
Jonathan nickte den Männern noch einmal zu. „Wir lassen dich jetzt allein und geben dir ein bisschen Zeit für dich, Kira. Lass deine Kleidung hier liegen.“
„Wo ist Rogan?“
Statt mir zu antworten, drehte er sich um und folgte den Männern aus dem Zimmer. Hinter ihm fiel die Tür ins Schloss.
Ich stand allein da, zitterte und betrachtete den Frotteebademantel, den ich mir über den Arm gehängt hatte. Abrupt ließ ich ihn fallen, rannte zur Tür und hämmerte mit den Fäusten dagegen.
„Wo ist Rogan?“, schrie ich. „Was habt ihr mit ihm gemacht?“
Ich drehte mich um und schaute mich atemlos in dem kleinen weißen Zimmer um. Meine Brust hob und senkte sich schnell. Ich wartete.
Eine ganze Weile.
Nichts passierte.
Es war kein Geräusch zu hören. Keine Bewegung wahrzunehmen. Niemand kam herein, um mich dazu zu zwingen, meine Kleider auszuziehen. Ich war allein, und nichts lenkte mich ab – außer den Gedanken, die mir unentwegt durch den Kopf jagten.
Ich tastete meinen Hinterkopf ab. Meine Haare waren inzwischen stumpf und strähnig, nachdem ich in den Regen gekommen war. Ich berührte die Narbe, unter der sich das Implantat verbarg. Der Chip gab kein Alarmsignal von sich.
Rogan muss in der Nähe sein.
Ich musste mit ihm sprechen. Warum hatte ich nur Jonathan vertraut? Es war mir inzwischen vollkommen klar, dass er der Lügner war.
Wenn ich nur die Möglichkeit gehabt hätte, meine Fähigkeiten an Rogan auszuprobieren und seine Emotionen zu lesen, hätte ich überhaupt keine Zweifel an ihm gehabt. Aber es fiel mir so schwer, mich in seiner Nähe zu konzentrieren … Und das lag nicht nur an der verrückten Situation, in der wir uns befanden. Kein Junge hatte mich je so durcheinandergebracht, wie er es getan hatte. Wie er es immer noch tat.
Jonathan hatte mich offenbar getäuscht, damit das Level für die Abonnenten durch den Konflikt noch spannender wurde.
Ich hasste es, angelogen zu werden.
Und wenn ich so darüber nachdachte, hatte Rogan, als ich ihn beschuldigt hatte, meine Familie umgebracht zu haben, alles andere als schuldbewusst ausgesehen.
Er hatte enttäuscht gewirkt. Vollkommen und zutiefst enttäuscht, dass ich das von ihm denken konnte, nachdem ich kurz zuvor erklärt hatte, an seine Unschuld zu glauben.
Ich schlang die Arme fest um mich, während ich versuchte, normal zu atmen.
„Hallo?“, sagte ich laut. „Moderator? Was passiert jetzt?“
Ich erhielt keine Antwort.
Es war eigentlich ziemlich offensichtlich: Sie warteten darauf, dass ich meine Kleidung wechselte. Bis ich das nicht gemacht hätte, würde nichts geschehen.
Lass sie doch warten, dachte ich bitter.
Und so verharrte ich – weitere zehn Minuten.
Dann konnte ich die unheimliche Stille keine Sekunde länger ertragen.
Ich schlang den Bademantel um mich, da ich mich bedecken wollte. Dann schlüpfte ich, so schnell ich konnte, aus meinen feuchten, dreckigen Klamotten und ließ sie auf den glänzenden weißen Fußboden fallen. Ich zog meine gestohlenen roten Sneakers aus. Anschließend band ich den Gürtel des weißen Frotteebademantels fest um meine Taille und stand barfuß da.
„Und jetzt?“, presste ich schroff zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Es erklang ein surrendes Geräusch. Die Tür zu meiner Rechten ging auf. Sie reichte vom Boden bis zur Decke. Dahinter war es dunkel. Vorsichtig näherte ich mich der offenen Tür.
Es schien ein Zimmer in einem luxuriösen Hotel zu sein. Es war groß und prächtig und mit wunderschöner Kunst dekoriert. Auf
Weitere Kostenlose Bücher