Level 6 - Unsterbliche Liebe
worden. Würden die Kandidaten diese Waffen jetzt bitte hervorholen? “
Ich sah zu Rogan. Er stand neben seinem Bett, die Hände, die er herabhängen ließ, zu Fäusten geballt. Ich hingegen hatte mich noch keinen Zentimeter gerührt und lag noch immer auf der Matratze. Die Bettdecke hatte sich um meine Beine gewickelt.
Eine Digicam kam zu mir geflogen.
„ Bitte, nimm deine Waffe, Kira. “
Ich funkelte in die Linse. „Bitte, leck mich am Arsch.“
Drei kleine grüne Lichter über der Linse der Kamera wurden ein kleines bisschen heller. Ich zuckte zusammen, als ich spürte, wie mein Chip einen Schmerzimpuls aussendete. Eine Warnung.
Ich zwang mich, aufzustehen, und kniete mich dann neben das Bett, damit ich darunter schauen konnte. Es war eine Pistole. Ich schlang meine Finger um den Griff und zog die Waffe hervor.
Da war ich nun, neben dem halben Motelzimmer, neben dem grauen Asphalt der Straße, die Waffe in der Hand, und bemühte mich, Herr über meine wachsende Panik zu werden, gleichzeitig probierte ich, aus alldem hier schlau zu werden.
Rogan hatte ebenfalls eine Pistole in der Hand. Sein Arm hing schlaff an seiner Seite hinunter.
„ Rogan und Kira haben bisher Seite an Seite gekämpft, aber jetzt müssen sie gegeneinander antreten. Denn nur, wenn einer den anderen besiegt, kann er das Spiel gewinnen. Für Rogan geht es nun darum, seinen Namen von seinen Verbrechen reinzuwaschen. Sollte er gewinnen, darf er ein neues Leben beginnen – frei von Vorstrafen, mit einer weißen Weste und mit der Vergebung seines Vaters. Kira kämpft ebenfalls um einen Neuanfang – in der Kolonie. Dort erwartet sie ein neues Leben, ein Luxusappartement und genug Geld bis ans Ende ihrer Tage. Das Einzige, was ihr nun noch im Weg steht, ist Rogan. Und umgekehrt. Wer auch immer am Ende von Level sechs übrig bleibt, wer auch immer noch atmet, soll der strahlende Sieger sein. Sollte keiner von beiden es schaffen, den anderen in der vorgegebenen Zeit umzubringen, endet das Level und beide Kandidaten werden eliminiert. Für dieses Level haben die Teilnehmer fünf Minuten. Und diese fünf Minuten starten jetzt. Viel Spaß! “
Als der Moderator aufhörte, zu reden, stand ich da und war wie betäubt. Ich starrte die Pistole in meiner Hand an.
Sie wollten, dass ich Rogan tötete.
Und sie wollten, dass Rogan mich umbrachte.
Töten oder getötet werden.
Und wenn keiner von uns den Abzug der Waffe betätigte, würden wir beide in fünf Minuten sterben.
Dann würde eine neue Runde mit neuen Kandidaten beginnen, und schon bald würde sich niemand mehr an uns erinnern.
Zorn drohte mich, zu überwältigen, und ich musste mich mühsam zusammenreißen, um nicht laut zu schreien. Die Wut brannte direkt unter der Oberfläche. Mit Sicherheit konnten die Abonnenten in meinen Augen sehen, was ichdachte, als ich zur Linse hochschaute. Sie konnten bestimmt erkennen, wie sehr ich sie hasste – diese reichen, gesichtslosen, blutdurstigen Mistkerle, die irgendwo da draußen saßen und jeden meiner Schritte verfolgten. Diese Arschlöcher, für die der Anblick von Gewalt und Schmerz ein Kick war und die so versuchten, ihr langweiliges Leben aufzupeppen.
Einen Moment lang war ich so versunken in meine Gedanken, so abgelenkt, dass ich nicht merkte, wie Rogan sich näherte. In letzter Sekunde nahm ich seine schweren Schritte wahr, als er auf mich zuging.
„Komm nicht näher.“ Automatisch hob ich die Waffe und zielte auf ihn. Er blieb stehen und streckte die Hände in die Luft.
„Locker, Kira. Ganz locker.“
„Locker?“, brachte ich hervor. „Hier ist überhaupt nichts locker. Du hast gehört, was er gesagt hat. Bleib dahinten.“
„ Für dieses Level von Countdown verbleiben noch vier Minuten. “
Unbehaglich beäugte er die Pistole in meiner Hand. „Wirst du mich erschießen?“
Meine Hände waren ruhig, doch der Rest von mir zitterte. „Das wollen sie zumindest. Sie wollen, dass wir uns gegenseitig kalt machen. Jonathan und dein Vater haben mir schon den Vorschlag unterbreitet. Ich hätte dich in einem früheren Level töten und das Spiel damit gewinnen können.“
Er presste die Lippen aufeinander. „Jonathan hat mir den gleichen Deal angeboten.“
„Was? Wann?“
„Durch eine Stimme in meinem Kopf vor Level vier.“
Ein eisiger Schauer durchlief mich. „Aber du hast es nicht getan.“
„Nein. Das habe ich nicht.“
Eindringlich betrachtete ich sein Gesicht. Vertraute ich ihm wirklich? Nachdem es nun so weit
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