Level 6 - Unsterbliche Liebe
mir nicht besonders klug vor.
Unglücklicherweise blieb uns nun tatsächlich keine andere Wahl mehr.
„Leg die Waffe weg!“, zischte Jonathan Rogan zu. „Oder ich helfe euch nicht.“
Ich sah zu Rogan, der meinen Blick erwiderte. Schließlich ließ er die Pistole sinken und platzierte sie auf die Anrichte neben dem Herd. Sein bedrohlicher Gesichtsausdruck blieb. Ich spürte, dass Rogan sofort zupacken und Jonathan das Genick brechen würde, falls er eine falsche Bewegung machen sollte.
Seltsamerweise beruhigte mich dieses doch sehr gewaltsame Bild.
Alle Gedanken – ob nun beruhigend oder nicht – waren vergessen, kaum dass ich den Stich der Spritze in meinem Hinterkopf fühlte. Ein paar Sekunden später verschwamm mir alles vor den Augen und ein betäubtes Gefühl breitete sich über meine hintere Kopfhaut aus, das von meinen Ohren, meinen Wangen bis zum Kiefer reichte.
Rogan setzte sich neben mich. Ich griff nach seiner Hand, und er entzog sie mir nicht.
„Es wird alles gut“, versicherte er mir angespannt.
„Wenn du das sagst.“
Es wird alles gut, wiederholte ich stumm und versuchte, mich auf irgendetwas anderes als das Ticken in meinem Kopf zu konzentrieren.
Jonathan streckte den Arm aus und wählte ein Skalpell. Ich drückte Rogans Hand, kniff die Augen zusammen und bemühte mich, tapfer zu sein. Trotz der Betäubung nahm ich wahr, wie die Klinge genau an der Stelle meine Haut einschnitt, wo der ursprüngliche Eingriff gewesen war. Warmes Blut quoll aus der Wunde und rann meinen Nacken hinab, bevor Jonathan es mit einem Tuch wegwischte.
Die Instrumente klapperten, als Jonathan etwas anderes aus der Sammlung holte. Dann presste er irgendetwas auf den Schnitt.
„Ich neutralisiere zunächst die Verbindung“, erklärte er. „Das sollte verhindern, dass das Implantat explodiert, sobald ich es entferne.“
„Es sollte verhindern, dass es explodiert?“, wiederholte Rogan. „Sie sollten sich da lieber sicher sein.“
Ich drückte Rogans Hand noch ein bisschen fester, sobald ich ein seltsames Ziehen spürte.
Dann kam ein Schmerz, der so heftig und intensiv war, dass ich unwillkürlich meine Augen öffnete. Ich konnte nichts dagegen tun – ich schrie.
„Verdammt.“ Jonathan hörte sich nervös an. „Rogan, halt sie fest!“
Rogan packte mich an den Schultern, und ich klammerte mich an der Tischkante fest. Ich fühlte, wie es ein paarmal schmerzhaft knackte – wieder und wieder, bis ich dachte, die Qualen würden niemals mehr enden.
Einen fürchterlichen Moment lang konnte ich nichts mehr sehen. Ich war vollkommen blind. Und es kam mir vor, als würde die Dunkelheit mich ersticken. Doch gerade, als die lähmende Angst vor der Dunkelheit mich ganz umhüllen wollte, konnte ich wieder etwas erkennen. Jonathan warf das blutverschmierte Implantat in einen Metallbehälter. Mit einem dumpfen Geräusch landete es dort.
Er nahm ein weiteres Instrument zur Hand. Es war das Gerät, das er kurz zuvor eingeschaltet hatte. Es leuchtete an der Spitze rot-orange, und ich wusste, dass es diese Farbe hatte, weil es extrem heiß war. Er presste es auf den Schnitt. Der Übelkeit erregende, unverkennbare Geruch von verbranntem Fleisch stieg mir in die Nase, während Jonathan meine Wunde ausbrannte.
Der tickende Countdown in meinem Kopf war verstummt. Ich empfand ein wenig Erleichterung, allerdings waren wir noch nicht am Ziel. Und es war nicht mehr viel Zeit übrig.
Ich sah auf Rogans Hand. Ich hatte sie so heftig umklammert, dass meine Fingernägel kleine halbmondförmige Kerben hinterlassen hatten, aus denen Blut quoll.
„Tut mir leid.“ Meine Worte klangen dank der Betäubung noch immer ein bisschen verwaschen.
„Schon gut.“ Er grinste mich an. „Du bist sehr tapfer.“
Ich erwiderte sein Lächeln. „Danke.“
„Wie lange haben wir noch?“, fragte Jonathan.
Rogan wandte den Blick von mir ab. „Zwei Minuten. Mir ist klar, dass es möglicherweise nicht reichen wird.“
Angst breitete sich in mir aus. „Beeilt euch.“
Rogan und ich tauschten die Plätze, und ich hielt seine Hand. Ich achtete darauf, dass ich ihm nicht wieder wehtat, als Jonathan anfing, die Prozedur an ihm zu wiederholen. Rogan schloss während des Eingriffs nicht die Augen und atmete gleichmäßig durch den Mund. Seine Miene wirkte ernst und konzentriert.
„Wie viel Zeit bleibt uns noch?“, erkundigte ich mich.
„Eine Minute“, erwiderte Rogan.
„Jonathan, Beeilung!“
„Glaubt mir“, entgegnete Jonathan.
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