Level 6 - Unsterbliche Liebe
nickte, stieß die Tür auf und wir gingen hinein.
Ich war noch immer zuversichtlich. Doch meine Hoffnung nahm mit jeder Minute ab. Wie sollte uns an diesem Ort jemand weiterhelfen? Ich wusste nur eines: Ich wollte nicht, dass Rogan bei dem Versuch, seinen Vater zu ermorden, getötet wurde – deshalb war jede andere Möglichkeit besser.
Aber mir war auch klar, dass der Mann aufgehalten werden musste. Irgendwie. Es gab keine andere Chance.
Und der mir wohlbekannte Freak, der in einer Ecke des dunklen Kellers am Fuße einer wackelig aussehenden Treppe hockte und ein Ballerspiel zockte, war vielleicht derjenige, der uns helfen konnte, ihn zu stoppen.
Das einzige Licht im Keller kam von den flackernden Bildschirmen der zehn Computer. Alle Typen – und es waren nur Typen und kein einziges Mädchen – starrten wie gebannt auf ihre Monitore.
Jeder Kontakt, jede Unterhaltung zwischen ihnen fand am PC statt. Es sah so aus,als würden viel mehr Leute mitspielen als nur die paar Jungs in diesem Kellerraum. Ich wusste, dass die Mitspieler überall auf der Welt sein konnten, wenn sie das Geld oder die Verbindungen hatten, in ein gutes Netzwerk zu kommen. Auf jedem Bildschirm war eine andere Szene aus dem Spiel zu sehen. Jeder Teilnehmer hatte eine Videobrille aufgesetzt, die mit dem Computer verbunden war. Oliver hatte mir einmal erzählt, dass er dem Besitzer dieser Spielhölle zwar ein kleines Vermögen für die zusätzliche Ausrüstung schuldete, doch dass sie alles noch viel realistischer machen würde – als ginge es wirklich um Leben und Tod.
Nachdem ich so ein Spiel am eigenen Leib erfahren hatte, musste ich sagen, dass um sein Leben zu spielen nicht halb so viel Spaß machte, wie man annehmen sollte.
Die abgestandene Luft im Keller roch nach Schweiß, ganz leicht nach Urin und irgendwie süßlich. Ein Gestank, bei dem einem übel wurde.
Ganz reizend.
Ich hielt mich zwar nicht immer in den schönsten, saubersten Fünfsternehotels auf, aber das hier genügte nicht einmal meinen Ansprüchen – und die waren nicht besonders hoch. Genau genommen würde ich lieber nicht sehen, was hier vielleicht herumkroch, wenn sie jemals das Deckenlicht einschalteten.
„Nett hier“, flüsterte Rogan mir zu, während er sich im Raum umschaute. „Bist du oft hierher?“
„O ja“, erwiderte ich trocken. „Jeden Tag. Ich kann nicht genug bekommen.“
„Da ist dein Freund.“ Mit einem Kopfnicken wies er auf Oliver, der sich mit dem Rücken zur Treppe über seinen Laptop gebeugt hatte.
„Warte hier“, meinte ich zu Rogan. „Sonst erkennt vielleicht jemand den berühmt-berüchtigten Rogan Ellis.“
„Das wollen wir natürlich nicht.“
Auf dem Boden lag ein Teppich, der mit einem leicht schmatzenden Geräusch unter meinen Boots nachgab. Widerlich. Ich warf einen Blick zu Rogan, während ich mich durch den dunklen Raum schlich – der glücklicherweise nicht so dunkel war, dass ich meine Phobie allzu deutlich spürte. Solange ich sehen konnte, was um mich herum geschah, war alles gut. Also so ziemlich.
Oliver war vollkommen auf seinen Bildschirm fixiert. Seine Hände, die in Cyberhandschuhen steckten, bewegten sich unaufhörlich, zeigten und winkten, als er sich Level für Level durch das Game kämpfte. Auf dem Monitor lief sein Avatar gerade durch einen düsteren Flur mit schmutzigen Wänden. Am unteren Bildrand war der Lauf einer Waffe zu erkennen – eine große Pistole, vielleicht sogar ein Flammenwerfer.
Trotz meines Desinteresses an der Welt der Computerspiele erkannte ich das Game wieder. Es ging irgendwie darum, dass die Bösen die Weltherrschaft an sich reißen wollten und dass die Guten versuchten, sie daran zu hindern.
Zuerst musste man sich entscheiden, zu welcher Seite man gehören wollte.
„Oliver.“ Ich streckte den Arm aus und legte meine Hand auf seine Schulter.
Er schreckte von seinem Platz auf und stieß einen heiseren Schrei aus. Auf dem Bildschirm sprang vor dem Computer-Oliver eine Tür auf, und ich konnte die Silhouette einer Figur wahrnehmen, die augenblicklich das Feuer eröffnete. Blut war auf dem Monitor zu sehen.
Dann erschienen die Worte:
DU BIST TOT, LOSER! NUCLEARXXX HAT DEINEN JÄMMERLICHEN ARSCH ZUR HÖLLE GEJAGT. DAS BÖSE SIEGT!
Oliver fluchte und streifte ungeduldig die Handschuhe ab. Dann setzte er die Brille abund wirbelte wütend herum, um zu gucken, wer Schuld daran hatte, dass sein Computer-Ich gestorben war.
Seine Augen wurden groß, als er bemerkte, dass ich es
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