Level X
nie hier herauskom m en.
Und wenn m i r das tatsächlich nicht gelingen sollte, wenn ich irgend w ann das Ge f ühl haben sollte, da s s ich f ür im m er gefangen wäre, wenn ich befürchten m üsste, im m er depressiver zu werden … dann, ja dann würde ich vielleicht tatsächlich wahnsinnig werden.
Und wenn das geschieht, m öchte ich wirklich nicht in seiner Ha u t stecken.
4
Je m ehr Zeit ich in Gesellschaft dieses Mannes verbringe, u m so m ehr verachte ich ihn. W e nn er in den Spiegel schaut, wende ich den Blick ab – natürlich nicht im wörtlichen Sinn, denn ich habe ja keine Augen. Aber ich ver m eide den Kontakt mit jenen Teilen seines Gehirns, die sein Spiegelbild registrieren. Und besonders ver m eide ich jene Zonen, die darau fh i n einen k l e i nen, sel b stge f älligen Wonneschauder aussenden.
Oh, was für ein Vergnügen wäre es, diesen Trottel vorzuführen, wagte ich es nur, m i t der F l a m m e m e i nes Zorns bis in die dunkelsten Tiefen seines ar m seligen Ichs hineinzuleuchten und all die sch m utzigen kleinen Gehei m nisse ans Tageslicht zu fördern, all die nichtigen Gedanken und uninspirierten, e goistischen Sehnsüchte, die er für rec h t s chaffenen Ehrge i z hält. Mein Gott, sehen wir in unserem Innern alle so aus? Lassen wir uns so sehr von den Masken täuschen, hinter denen wir uns alle tagtäglich verstecken? Oder geben wir nur vor, die Lügen der anderen zu glauben? Und wenn ja, waru m ? Dürsten wir so sehr nach d er Gesellsc h aft anderer, dass wir so etwas in Kauf neh m e n?
Ich kann nicht – nein, ich will nicht glauben, dass das all e s ist, was sich hinter dem Begri f f Gesellsc h a f t verbirgt. Sicher gibt es noch Hoffnung, irgendwo. Ist nicht allein die Tatsache, dass ich mir Hoffnung wünsche, schon eine Art Trost? Aber m ein Gott, wenn das alles ist, dann bewegt sich jeder, der der Zukunft der Menschheit m it Opti m i s m us entgegensieht, auf sehr, sehr dünnem Eis.
Da habe ich es schon wieder verwendet: »Mein Gott«. Werde ich am Ende noch religiös?
Gott, bist du da draußen? Ist irgendje m and da draußen? Stille.
Habe ich etwas anderes erwartet? Nein.
Und nein, ich werde sicher n i cht religiös. Ich bin nicht gläubiger (oder ungläubiger) als jeder andere auch, d e m plötzlich die ungeheuerliche E r kenntnis zuteil wurde, dass alle Exi s te n z sinnlos i s t. So fo rt drängt sich die Frage auf: Warum suchen wir nach einem Sinn, wenn es keinen gibt? Woher kom m t die Vorstellung, dass alles einen Sinn hat? Allein die T atsac h e, dass wir darüber nachdenken, heißt, dass es diesen Sinn irgendwo geben m uss. Wo? Bei Gott. Bingo!
Auf der anderen Seite findet m an so etwas wie Sinn vielleicht gar nicht da drauß e n. Vielleicht schaffen wir uns selbst er s t diesen Begriff. Und wenn das so ist: Hat er dann über unsere persönlich e n Bedürfnisse hinaus überhaupt eine Bedeutung? Gewinnt die Frage nach dem Sinn erst durch unser Bedü r fnis danach Bedeutung?
Keine Ahnung!
Irgendje m and hat ein m al gesagt, dass nie m and in den Augen seines Kam m erdieners ein Held zu sein ver m ag. Ich war nie ein Kammerdiener und habe nie einen gehabt. Aber ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass nie m and ein Held in den Augen desjenigen zu sein ver m ag, der in der Lage ist, seine Gedanken zu lesen.
Genug! Ich habe kein R echt, m i ch in diesem überheblich moralischen Ton zu äußern.
Nur weil ich Richard A. H a m ilton aus dieser Vogel- oder Frosch- (Frogel-?)perspektive sehe, bin ich noch lange nic h t etwas Besseres. M e in Blick ist n ach außen gewandt, weg von m i r, und ich sehe ihn, Richard, von innen. W i e kann ich m i r sicher sein, dass da nicht je m and in m einem I nnern das Gleiche erlebt – und sich genauso abgestoßen fühlt? Im m e r hin i s t Richard A. Ha m ilton ich – beziehungsweise eine täuschend ähnliche Kopie von m i r.
Aber halt d i ch lieber an das Positive, Rick: Z ähle die Unterschie d e auf!
Einen habe ich bereits erwähnt: Richard treibt keinen Sport. Das zu begr e i f en f ällt m i r schwer. W i e kann je m and, der m it m i r fast identisch ist, so unsportlich sei n ? Da m it will ich nicht a ndeuten, d a ss ich Mr. Universum oder etwas Ähnliches bin oder er ein Fettwanst, dem die W a m pe über dem Gürtel hängt. Er kleid e t s i ch sorg f ältig, und da er weiß, dass er einen Hang zur Dickleibigkeit hat, achtet er im Grunde m ehr auf sein Gewicht als ich. Sehr oft geht er sogar in eines dieser
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