Leviathan - Die geheime Mission
mit Russland verbündet sind!«, rief Alek.
»Exakt.« Plötzlich beendete Volger den Angriff, wandte ihm den Rücken zu und ging davon. »Das alte Bündnis der slawischen Völker.«
Alek blinzelte. Schweiß rann ihm in die Augen und sein Herz klopfte.
Volger nahm in der Mitte der Scheune wieder Ausgangsposition ein. »En garde, Hoheit.«
Alek näherte sich ihm vorsichtig und hielt den Säbel bereit.
Volger attackierte ihn wieder und ignorierte damit das Angriffsrecht. Das war kein Fechten mehr, erkannte Alek, sondern eher ein … Schwertkampf.
Er konzentrierte sich und dehnte sein Denken auf die ganze Länge seiner Waffe aus. Wie beim Steuern des Sturmläufers wurde der Stahl zu einem Teil seines Körpers.
»Und wer ist der engste Verbündete Russlands?«, fragte Volger, der nicht einmal außer Atem geraten war.
»Britannien«, antwortete Alek.
»Nein, nein.« Volgers Klinge durchdrang Aleks Parade und schlug ihm hart auf den rechten Arm.
»Aua!« Alek senkte die Klinge und rieb sich die Stelle. »Um Himmels willen, Volger! Geht es ums Fechten oder um Diplomatie?«
Volger lächelte. »Sie könnten ein wenig Unterricht in beidem gebrauchen, scheint mir.«
»Aber das britische Marinekommando hat sich letztes Jahr mit den Russen getroffen! Vater hat erzählt, das habe den Deutschen große Sorgen bereitet.«
»So etwas ist kein Bündnis, Alek. Noch nicht.« Volger hob den Säbel. »Wer ist also demnach mit Russland verbündet?«
»Frankreich, denke ich.« Alek schluckte. »Sie haben einen Vertrag geschlossen, richtig?«
»Korrekt.« Volger hielt kurz inne und malte mit der Säbelspitze ein Muster in die Luft. Dann runzelte er die Stirn. »Die Klinge nach oben, Alek. Ich werde Sie jetzt nicht noch einmal warnen; so wie Ihre Feinde es auch nicht tun.«
Alek seufzte und wappnete sich für den nächsten Angriff. Er spürte, dass er seinen Säbel zu fest hielt, und zwang sich, den Griff zu lockern. Hielt Volger diese Ablenkungsmanöver für sinnvoll?
»Schauen Sie auf die Augen«, sagte Volger, »nicht auf die Säbelspitze.«
»Wo wir von Augen sprechen: Wir tragen keine Masken.«
»Im Krieg gibt es keine Masken.«
»Aber im Krieg gibt es auch nicht allzu viele Schwertkämpfe, oder? Heutzutage nicht mehr.«
Volger zog eine Augenbraue hoch und Alek empfand einen kleinen Triumph. Das Spiel, den anderen zu verärgern, beherrschte er ebenfalls.
Es folgte ein Ausfall und Alek reagierte mit einer Parade und Riposte. Sein Säbel ging um Haaresbreite an Volgers Arm vorbei.
Er zog sich zurück und hob die Klinge.
»Fassen wir also zusammen«, sagte Volger, dessen Säbel wieder aufblitzte. »Österreich wird sich an Serbien rächen. Was geschieht dann?«
»Um Serbien zu schützen, erklärt Russland Österreich den Krieg.«
Während Alek sprach, blieb er in Gedanken auf das Fechten konzentriert. Man bekam einen eigenartig klaren Kopf, wenn man keine Maske trug. Er hatte deutsche Offiziere von den Militärschulen kennengelernt, die jeden Schutz für feige hielten. Narben breiteten sich auf ihren Wangen aus wie ein künstliches, grausames Lächeln.
»Und dann?«, fragte Volger.
»Deutschland verteidigt die Ehre der Mechanisten, indem es Russland den Krieg erklärt.«
Volger schlug nach Aleks Knie, ein unerlaubtes Ziel. »Und dann?«
»Frankreich hält sich an seinen Vertrag mit Russland und erklärt Deutschland den Krieg.«
»Und dann?«
»Wer weiß?«, schrie Alek und drosch auf Volgers Waffe ein. Er verlor das Gleichgewicht – und gab sich damit eine zu große Blöße. Also bemühte er sich um Korrektur. »Britannien wird sicherlich eine Möglichkeit finden, um ebenfalls mitzumischen. Die Darwinisten gegen die Mechanisten.«
Volger machte erneut einen Ausfall und drehte dabei den Säbel, sodass er sich um Aleks herumwand wie eine Schlange und ihm die Waffe aus der Hand riss. Metall funkelte, als sie durch die Scheune flog und mit dumpfem Schlag in der halb verrotteten Holzwand stecken blieb.
Der Wildgraf trat vor und setzte Alek seine Klinge an die Kehle.
»Und was lernen wir aus dieser Lektion, Hoheit?«
Alek starrte Volger böse an. »Wir lernen, Graf, dass es idiotisch ist, während des Fechtens über Politik zu diskutieren.«
Volger lächelte. »Für die meisten Menschen vielleicht. Aber manchen von uns wird da keine Wahl gelassen. Das Spiel der Nationen ist Ihr Geburtsrecht, Alek. Alles, was Sie tun, ist Teil der Politik.«
Alek drückte Volgers Säbel zur Seite. Ohne eine Waffe in der
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