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Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)

Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)

Titel: Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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Jahreszahlen allein nicht beschreiben konnte. Er war schon einmal auf Eros gestorben und wollte bleiben, um die Sache zu Ende zu bringen. Das hatte er verdient. Diogo und die anderen waren es ihm schuldig.
    Er rechnete damit, dass der Junge irgendwie reagierte und es ihm auszureden versuchte.
    »Alles bingo«, erklärte Diogo. »Buona morte.«
    »Buona morte«, erwiderte Miller und schaltete das Funkgerät ab. Das Universum war stumm. Die Sterne unter ihm wanderten langsam, aber doch wahrnehmbar, während sich die Station, an der er hing, gemächlich drehte. Eins dieser Lichter war die Rosinante . Zwei andere waren die Schiffe, die Holden aufhalten sollte. Miller konnte sie allerdings nicht von den anderen unterscheiden. Julie schwebte neben ihm, das dunkle Haar wallte frei im Vakuum, die Sterne schienen durch sie hindurch. Sie wirkte sehr friedlich.
    Wenn du es noch einmal tun müsstest?, fragte sie. Wenn du noch einmal von vorne beginnen müsstest?
    »Das wollte ich nicht«, antwortete er.
    Das Transportschiff der AAP zündete die Triebwerke und flog, vom goldenen und weißen Schweif getrieben, davon, bis es nur noch ein Stern war. Ein kleiner Stern. Dann verschwand es. Miller drehte sich um sich selbst und betrachtete die dunkle leere Mondlandschaft und die ewige Nacht.
    Er wollte einfach nur noch ein paar Stunden bei ihr sein, dann wären sie beide sicher. Alle wären dann sicher. Das war genug. Miller lächelte und weinte dabei, die Tränen liefen aufwärts in die Haare.
    Es wird schön, sagte Julie.
    »Ich weiß«, antwortete Miller.
    Schweigend stand er fast eine Stunde dort, dann drehte er sich um und ging langsam und vorsichtig zu dem geopferten Schiff und betrat durch die Schleuse das dunkle Innere. Drinnen gab es noch genügend Atmosphäre, sodass er nicht im Anzug schlafen musste. Er zog sich nackt aus, entschied sich für eine Beschleunigungsliege und rollte sich auf dem harten blauen Gel zusammen. Keine zwanzig Meter entfernt warteten fünf Fusionsbomben, die stark genug waren, um die Sonne zu überstrahlen, auf das Signal. Über ihm hatte sich alles, was auf der Eros-Station jemals menschlich gewesen war, verändert und neu formiert und nahm verschiedenste Gestalten an, als habe Hieronymus Bosch die Hand im Spiel gehabt. Die Nauvoo , der Hammer Gottes, war noch fast eine Tagesreise entfernt und eilte auf ihn zu.
    Miller ließ sich von der Anzugelektronik ein paar alte Popsongs vorspielen, die er früher gemocht hatte. Dabei schlief er irgendwann ein und träumte, er habe hinten in seinem alten Wohnloch auf Ceres einen Tunnel entdeckt, durch den er endlich, endlich in die Freiheit gelangen konnte.
    Sein letztes Frühstück bestand aus einem harten Müsliriegel und einer Handvoll Schokolade, die er in einem vergessenen Überlebenspack gefunden hatte. Dazu trank er lauwarmes recyceltes Wasser, das nach Eisen und Verwesung schmeckte. Der Feed von Eros übertönte fast alle anderen Signale, doch Miller konnte genug herausfiltern, um sich ein Bild zu machen.
    Wie erwartet, hatte Holden sich durchgesetzt. Die AAP antwortete auf tausend wütende Anschuldigungen von Erde und Mars mit tausend verschiedenen Stimmen, wie es ihr entsprach. Es war zu spät. In wenigen Stunden würde die Nauvoo eintreffen. Das Ende war nahe.
    Miller legte zum letzten Mal den Anzug an, schaltete das Licht aus und kroch durch die Luftschleuse. Es dauerte einige Sekunden, bis die äußere Luke reagierte, die Warnlichter glühten unverändert rot, und er bekam Angst, er müsste die letzten Sekunden in der Röhre steckend verbringen wie ein verklemmter Torpedo. Doch dann versuchte er es noch einmal, und die Schleuse öffnete sich.
    Der Eros-Feed war jetzt wortlos, nur ein leises Murmeln wie von Wasser auf Stein. Miller überquerte die breite Fläche der Tore vor den Andockbuchten. Der Himmel über ihm verwandelte sich, die Nauvoo stieg am Horizont empor wie die Sonne. Die mit gespreizten Fingern erhobene Hand reichte bei gestrecktem Arm nicht aus, um das Glühen der Maschinen zu verdecken. Er klammerte sich mit den Stiefeln fest und beobachtete den Anflug des Schiffs. Die Phantom-Julie war bei ihm.
    Wenn er die Sache richtig berechnet hatte, musste die Nauvoo auf der Hauptachse von Eros einschlagen. Miller würde es beobachten können, wenn es geschah, und das aufgeregte Schwindelgefühl im Kopf erinnerte ihn an seine Jugend. Es würde ein spektakuläres Ereignis. Ja, ein erstaunlicher Anblick. Er überlegte, ob er es aufzeichnen sollte.

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