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Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)

Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)

Titel: Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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zwitscherte, murmelte und stieß lange tiefe Vokale aus, die an Walgesänge erinnerten. Nach den zornigen Worten und dem statischen Rauschen klang die Stimme von Eros wieder friedlich. Er fragte sich, welche Art Musik Diogos Freunde daraus machen würden. Langsame Tänze schienen ihrem Stil überhaupt nicht zu entsprechen. Im Kreuz spürte er ein schreckliches Jucken. Er rutschte im Anzug hin und her, um sich zu kratzen. Auf einmal musste er grinsen, dann lachte er und gab sich dem euphorischen Gefühl hin.
    Es gab fremdes Leben im Universum, und er klebte darauf wie eine Zecke auf einem Hund. Die Eros-Station hatte sich aus eigener Kraft und mithilfe eines Mechanismus bewegt, den er sich nicht einmal annähernd vorzustellen vermochte. Er hatte keine Ahnung, wie viele Jahre es her war, dass er das letzte Mal von Ehrfurcht überwältigt gewesen war. Er hatte das Gefühl ganz vergessen. Nun breitete er die Arme aus, als könne er das unendliche dunkle Vakuum umfassen.
    Mit einem Seufzen kehrte er zum Schiff zurück.
    In der schützenden Hülle öffnete er den Vakuumanzug und klemmte die Luftversorgung an die Recycler, die ihn auffüllen sollten. Da nur noch ein einziger Mensch an Bord war, sollte der Anzug, obwohl die Systeme stark heruntergefahren waren, binnen einer Stunde wieder voll aufgeladen sein. Die Batterien des Schiffs waren fast vollständig geladen. Sein Handterminal zirpte zweimal und erinnerte ihn, dass es wieder einmal Zeit für das Mittel gegen den Krebs war. Das hatte ihm der letzte Besuch auf Eros eingebrockt. Er musste das Medikament für den Rest seines Lebens nehmen. Was für ein Witz.
    Die Fusionsbomben befanden sich im Frachtraum des Schiffs: graue viereckige Kisten, ungefähr anderthalbmal so breit wie hoch, klemmten wie gemauerte Ziegelsteine in dem rosafarbenen klebrigen Schaumstoff. Miller musste zwanzig Minuten in den Lagerschränken suchen, bis er eine brauchbare Dose Lösungsmittel gefunden hatte. Das dünne Spray roch nach Ozon und Öl und schmolz den steifen Schaumstoff binnen Sekunden. Miller hockte sich neben die Bomben und aß einen Proviantriegel, der recht überzeugend nach Äpfeln schmeckte. Julie saß neben ihm und legte den schwerelosen Kopf an seine Schulter.
    Miller war einige Male fast geneigt gewesen, ein gläubiger Mensch zu werden. Vor allem in seiner Jungend, als er alles Mögliche ausprobiert hatte. Später auch, als er klüger und abgeklärter gewesen war und die sehr schmerzhafte Scheidung hatte ertragen müssen. Er verstand die Sehnsucht nach einem allmächtigen Wesen, nach einer gewaltigen, mitfühlenden Intelligenz, die alles von höherer Warte aus betrachten konnte, Kleinlichkeit und das Böse auflöste und alles gut werden ließ. Diese Sehnsucht verspürte er noch immer. Er konnte sich nur nicht mehr einreden, es sei etwas Wahres daran.
    Trotzdem, vielleicht gab es wirklich so etwas wie einen großen Plan. Vielleicht hatte das Universum ihn an die richtige Stelle gesetzt, damit er etwas tun konnte, das niemand sonst zu tun vermochte. Vielleicht hatten die Schmerzen und das Leiden in seinem Leben, all die Enttäuschungen und die seelenzermürbenden Jahre, in denen er sich in den schlimmsten Niederungen der Menschheit herumgetrieben hatte, vielleicht hatte all das nur den Sinn gehabt, ihn hierherzubringen, damit er sich in diesem Moment opfern konnte, um der Menschheit ein wenig mehr Zeit zu verschaffen.
    Es wäre schön, wenn man es sich so vorstellen könnte, sagte Julie in seinem Kopf.
    »Ja, das wäre schön«, stimmte er seufzend zu. Als er es laut aussprach, verschwand die Vision von ihr wie ein flüchtiger Tagtraum.
    Die Bomben waren schwerer, als er es in Erinnerung hatte. Bei einem vollen G hätte er sie überhaupt nicht bewegen können. Bei einem Drittel G war es eine mühsame Schlepperei, aber es ging so gerade eben. Zentimeter um Zentimeter zerrte er eine auf einen Handkarren und fuhr sie zur Luftschleuse. Über ihm sang Eros für sich selbst.
    Er musste sich ausruhen, ehe er mit dem schwierigen Teil begann. Die Luftschleuse war so eng, dass entweder nur er oder die Bombe hineinpasste. Er stieg darüber hinweg, um die äußere Luftschleuse zu erreichen, dann musste er die Bombe mit Riemen, die er aus Netzen im Frachtraum geknüpft hatte, herauszerren. Sobald sie draußen war, musste er sie mit Magnetklammern am Schiff fixieren, damit sie nicht durch Eros’ Umdrehung in die Leere geschleudert wurde. Nachdem er sie herausgezogen und an den Karren gebunden

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