Lewis CS - Narnia 4
einen Irrgarten von steinigen Erhebungen und Löchern geraten waren, die einmal Durchgänge und kleine Räume gewesen sein mußten, jetzt aber von Nesseln und wilden Rosen überwuchert waren. Dahinter fanden sie eine breite Öffnung in der Schloßmauer, durch die sie in einen Wald voll hoher, dunkler Bäume gelangten. Hier fanden sie in Mengen tote Äste, verfaultes Holz, Knüppel, trockenes Laub und Tannenzapfen. Mit Bündeln davon gingen sie so lange hin und her, bis sie einen großen Haufen auf dem Podium beisammen hatten. Bei ihrem fünften Gang stießen sie gerade außerhalb der Halle auf den zwischen Unkraut versteckten Brunnen. Es zeigte sich, daß er sauber, frisch und tief war, als sie das Unkraut beseitigt hatten. Die Überreste eines Steinpflasters liefen halbwegs um ihn herum. Während die Mädchen fortgingen, um weitere Äpfel zu pflücken, legten die Jungen das Feuer an. Sie wählten dafür eine Stelle auf dem Podium im Winkel zwischen zwei Mauern, weil sie dies für den wärmsten und gemütlichsten Platz hielten. Es war nicht leicht, das Holz anzuzünden, und sie verbrauchten dabei viele Zündhölzer, aber schließlich hatten sie Erfolg. Endlich ließen sich alle vier mit den Rücken gegen die Mauer und den Gesichtern zum Feuer nieder.
Sie hätten gern auf spitzen Stöcken einige Äpfel gebraten. Aber Bratäpfel schmecken meistens ohne Zucker nicht besonders gut. Sie sind zudem zu heiß, als daß man sie mit den Fingern essen könnte. Sind sie aber erst abgekühlt, so schmecken sie längst nicht mehr so gut. Also mußten sich die Kinder mit rohen Äpfeln begnügen. Hierbei bemerkten sie, was besonders Edmund feststellte, daß das Schulessen doch gar nicht so schlecht ist. »Ich hätte im Augenblick gar nichts gegen eine gute, dicke Scheibe Brot mit Margarine«, fügte er hinzu. Aber der Abenteuergeist regte sich, und keiner wünschte sich wirklich in die Schule zurück.
Bald nachdem der letzte Apfel verspeist war, ging Suse zum Brunnen, um noch einmal zu trinken. Als sie zurückkam, trug sie etwas in der Hand.
»Seht mal!« sagte sie mit ziemlich beklommener Stimme. »Dies fand ich am Brunnen.« Sie reichte es Peter und setzte sich. Dabei sah sie so aus und sprach so - jedenfalls kam es den anderen so vor -, als wollte sie gleich anfangen zu weinen. Edmund und Lucy beugten sich eifrig vor, um zu sehen, was in Peters Hand lag - ein kleines, helles Ding, das im Schein des Feuers glänzte. »Na, ich - ich bin platt«, sagte Peter, und seine Stimme klang ebenfalls merkwürdig. Dann überreichte er es den anderen. Alle erkannten jetzt, was es war - der Springer eines Schachspiels in gewöhnlicher Größe, aber außergewöhnlich schwer, denn er bestand aus reinem Gold, und die Augen des Pferdchens waren zwei winzige Rubine - das heißt, es war nur noch einer vorhanden, der andere war herausgefallen.
»Nanu!« meinte Lucy. »Das Pferdchen ist genau wie eine von den goldenen Schachfiguren, mit denen wir spielten, als wir noch Könige und Königinnen in Feeneden waren.« »Kopf hoch, Suse«, sagte Peter zu seiner anderen Schwester. »Ich kann mir nicht helfen«, antwortete Suse, »ach, das erinnert mich so an die wunderbaren Zeiten. Ich muß daran denken, wie ich mit Faunen und guten Riesen Schach spielte und wie die Meermädchen im Meer sangen und an mein schönes Pferd und - und…«
»Nun denn«, sprach Peter mit gänzlich veränderter Stimme, »jetzt müssen wir endlich ernsthaft nachdenken.« »Weshalb?« fragte Edmund.
»Hat keiner von euch erraten, wo wir uns befinden?« fragte Peter.
»Schieß los, Peter«, sagte Lucy, »ich fühle schon seit Stunden: irgendein wundervolles Geheimnis schwebt über diesem Platz.« »Los, Peter«, sagte auch Edmund. »Wir sind alle gespannt.« »Wir befinden uns in der Ruine von Feeneden«, sagte Peter. »Na, hör mal«, entgegnete Edmund, »wie kommst du denn darauf? Dieser Platz ist seit Jahren verfallen. Schau dir doch die großen Bäume an, die an den Toren wachsen. Und diese Steine! Man kann doch sehen, daß hier seit Jahrhunderten niemand gelebt hat.«
»Ich weiß«, antwortete Peter, »das macht es so schwierig, aber daran wollen wir im Augenblick nicht denken. Ich möchte die Punkte einen nach dem anderen vornehmen: Erster Punkt: Diese Halle ist genau von der gleichen Form und Größe wie diejenige in Feeneden. Stellt euch nur ein Dach hierüber vor, einen farbigen Fußbelag statt Gras und Teppiche an den Wänden, so habt ihr eure königliche Festhalle.« Niemand
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