Lewis CS - Narnia 4
wieder an ihrer Seite fühlte, wo sie einstmals in den alten Tagen gehangen hatte.
Suses Gaben waren ein Bogen und Pfeile und ein Horn gewesen. Der Bogen war noch vorhanden und auch der mit Pfeilen gefüllte Köcher aus Elfenbein, aber - »oh, Suse«, sagte Lucy, »wo ist das Horn?«
»Ach du liebe Güte«, antwortete Suse, nachdem sie einen Augenblick nachgedacht hatte. »Jetzt fällt mir ein, daß ich es am allerletzten Tag mitnahm, an dem Tag, als wir den Weißen Hirsch jagten. Ich muß es verloren haben, als wir leider wieder in das andere Land - ich meine England - gerieten.« Edmund stieß einen Pfiff aus. Das war wirklich ein besonders schmerzlicher Verlust, denn es war ein Zauberhorn, und wer darauf, wann auch immer, blies, erhielt Hilfe, wo er sich auch befand.
»Das hätten wir gerade hier besonders gut gebrauchen können«, meinte Edmund.
»Laß nur«, sagte Suse, »ich habe noch den Bogen.« Und sie nahm ihn an sich.
»Ob die Sehne noch brauchbar ist, Suse?« fragte Peter. Der Bogen war - ob durch den besonderen Zauber in der Luft der Schatzkammer oder auf andre Weise - noch gut erhalten. Am liebsten beschäftigte sich Suse mit Bogenschießen und Schwimmen, was sie auch am besten konnte. Im Nu hatte sie den Bogen gespannt; darauf zupfte sie leicht die Sehne an. Diese geriet in Schwingung; ihr zwitscherndes Schwirren schwang sich durch den ganzen Raum. Und dieser kleine Ton rief in den Köpfen der Kinder mehr Erinnerungen an die alten Tage wach als alles andere, was sich bisher ereignet hatte. Alle Schlachten und Jagden und Feste kamen ihnen wieder in den Sinn.
Dann entspannte Suse den Bogen und hing sich den Köcher an die Seite.
Als nächstes nahm Peter seine Gaben herab - den Schild mit dem großen, roten Leu darauf und das königliche Schwert. Er schüttelte und pustete den Staub von den Gegenständen. Dann ergriff er den Schild und hängte sich das Schwert an die Seite. Zuerst fürchtete er, es könnte rostig geworden sein und in der Scheide steckenbleiben. Aber das war nicht so. Mit leichtem Schwung zog er es, hielt es empor und ließ es im Schein der Taschenlampe funkeln. »Das ist mein Schwert Rhindon«, sprach er, »mit dem ich den Wolf erschlug.« Seine Stimme klang ganz verändert, und die anderen spürten, daß er wieder Peter der Prächtige war. Nach einer kleinen Weile fiel den Kindern ein, daß sie die Batterie schonen mußten. Sie kletterten die Treppe hinauf, machten ein schönes Feuer und legten sich ganz eng zusammen, um warm zu bleiben. Der Boden war hart und unbequem, aber schließlich schliefen sie doch ein.
Der Zwerg
Es ist nicht schlecht, im Freien zu schlafen, aber es hat den großen Nachteil, daß man so ungewohnt früh aufwacht. Ist man aber aufgewacht, so muß man aufstehen, weil der Boden so ungemütlich hart ist. Dieses Aufwachen wird noch schlimmer dann, wenn es zum Frühstück nur Äpfel gibt, nachdem es schon am Abend zuvor nur Äpfel gegeben hat. Als Lucy nach dem Wetter geschaut und festgestellt hatte, was für ein herrlicher Morgen es war, wußte keiner etwas zu sagen, was die Stimmung der Kinder gebessert hätte. Edmund sprach das aus, was alle empfanden: »Wir müssen schnell von dieser Insel herunter!« Sie tranken am Brunnen, spritzten dann ihre Gesichter ab und gingen am Bach entlang wieder an die Küste. Dort starrten sie in den Wasserarm, der sie vom Festland trennte. »Wir müssen schwimmen«, meinte Edmund. »Suse könnte das gut machen«, äußerte Peter. (Suse hatte in der Schule mehrere Schwimmpreise errungen.) »Aber ich weiß nicht, wie es mit uns anderen steht.« Mit »uns anderen« meinte er vor allem Edmund, der sich in der Schulbadeanstalt immer noch nicht freigeschwommen hatte, und Lucy, die überhaupt nicht schwimmen konnte.
»Außerdem«, meinte Suse, »muß man mit Strömungen rechnen. Vater hält es nicht für ratsam, an einer Stelle zu baden, die man nicht kennt.«
»Peter«, sagte Lucy, »paß mal auf! Ich weiß natürlich, daß ich zu Hause - ich meine in England - um keinen Preis schwimmen kann. Aber konnten wir nicht alle vor langer Zeit - wenn es überhaupt so lange her ist - schwimmen? Damals, als wir noch in Narnia regierten? Wir konnten damals doch auch reiten und alles mögliche sonst noch. Was hältst du davon?« »Ja, aber wir waren damals sozusagen erwachsen«, erwiderte Peter. »Wir regierten viele Jahre und lernten dabei viele Dinge. Wurden wir aber nicht inzwischen wieder in unser eigentliches Alter zurückversetzt?«
»Oh!«
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