Lewis, CS - Narnia 5
schmutzigen Handel anhören?«
»Dreihundert Kreszent, mein Lord, für Eure Ehrenwerte Lordschaft, aber für jeden anderen …«
»Ich gebe dir hundertfünfzig.«
»Oh, bitte, bitte!« unterbrach Lucy. »Was immer Ihr tun mögt–Ihr dürft uns nicht trennen! Ihr wißt nicht…« Aber dann hielt sie inne, denn sie sah, daß Kaspian selbst jetzt noch nicht wollte, daß man erfuhr, wer er war.
»Hundertfünfzig also«, sagte der Lord. »Was dich betrifft, mein Mädchen, so tut es mir leid, daß ich euch nicht alle kaufen kann. Nimm dem Jungen die Fesseln ab, Pug. Und behandle die anderen gut, während sie in deinen Händen sind, sonst bekommst du es mit mir zu tun!«
»Also so was!« sagte Pug. »Wer hätte je von einem Herrn meines Berufsstandes gehört, der seine Ware besser behandelt hätte als ich? Nun? Ich behandle sie wie meine eigenen Kinder.«
»Das ist sehr wahrscheinlich«, sagte der andere Mann grimmig.
Jetzt war der schreckliche Moment gekommen. Kaspian wurde losgebunden, und sein neuer Herr sagte: »Hier entlang, mein Junge.« Lucy brach in Tränen aus, und Edmund machte ein steinernes Gesicht. Aber Kaspian schaute über die Schulter zurück und sagte: »Kopf hoch. Ich bin sicher, daß alles gut werden wird. Bis bald!«
»Reg dich nur nicht so auf, Fräuleinchen, und verdirb dir nicht das Gesicht für den Markt morgen«, sagte Pug. »Sei ein braves Mädchen, dann gibt es nichts, worüber du heulen müßtest, verstehst du?«
Dann wurden sie zum Sklavenschiff hinausgerudert und nach unten in einen langen, ziemlich dunklen und nicht allzu sauberen Raum gebracht, wo sie viele andere unglückliche Gefangene vorfanden. Denn Pug war natürlich ein Pirat und war gerade von einer Kreuzfahrt zwischen den Inseln zurückgekommen, wo er eingefangen hatte, was zu kriegen war. Die Kinder trafen jedoch keinen, den sie kannten; die Gefangenen waren hauptsächlich Galmaner und Terebinthianer. Sie saßen im Stroh und überlegten, was wohl mit Kaspian geschehen würde, und sie versuchten, Eustachius zum Schweigen zu bringen, der so redete, als wären alle außer ihm für diese Sache verantwortlich.
Kaspian verbrachte inzwischen eine wesentlich interessantere Zeit. Der Mann, der ihn gekauft hatte, führte ihn einen kleinen Weg zwischen zwei Häusern des Dorfes hinab und zu einer freien Fläche hinter dem Dorf. Dann drehte er sich um und blickte Kaspian an.
»Du brauchst keine Angst vor mir zu haben, Junge«, sagte er. »Ich werde dich gut behandeln. Ich habe dich wegen deines Gesichts gekauft. Du erinnerst mich an jemand.«
»Darf ich fragen an wen?« sagte Kaspian.
»Du erinnerst mich an meinen Herrscher, König Kaspian von Narnia.«
Kaspian entschloß sich, alles auf eine Karte zu setzen.
»Mein Lord«, sagte er. »Ich bin Euer Herrscher. Ich bin Kaspian, König von Narnia.«
»Du nimmst dir sehr viel heraus!« sagte der andere. »Woher soll ich wissen, daß du die Wahrheit sprichst?«
»Zuerst einmal seht Ihr es an meinem Gesicht«, erwiderte Kaspian. »Zweitens werde ich sechsmal raten, wer Ihr seid. Ihr seid einer der sieben Lords von Narnia, die mein Onkel Miraz zur See geschickt hat und auf deren Suche ich bin–Lord Argoz, Lord Bern, Lord Octesian, Lord Restimar, Lord Mavramorn oder … oder … den letzten habe ich vergessen. Und schließlich–wenn mir Eure Lordschaft ein Schwert gibt–werde ich in einem sauberen Zweikampf beweisen, daß ich Kaspian, Sohn des Kaspian bin, rechtmäßiger König von Narnia, Herr von Feeneden und Kaiser der Einsamen Inseln.«
»Gütiger Himmel!« rief der Mann aus. »Es ist die Stimme und die Redeweise seines Vaters. Mein Herr–Eure Majestät …« Und dann kniete er sich auf dem Feld nieder und küßte die Hand des Königs.
»Das Geld, das Eure Lordschaft für mich ausgegeben hat, wird Euch aus unseren Schätzen ersetzt werden«, sagte Kaspian.
»Es ist noch nicht in Pugs Geldbörse«, sagte Lord Bern, denn das war er. »Und dort wird es auch nicht hingelangen. Ich habe Seine Hinlänglichkeit, den Gouverneur, Hunderte Male ersucht, dieses schmutzige Geschäft mit Menschen zu verbieten.«
»Mein Lord Bern«, sagte Kaspian, »wir müssen uns über die Lage auf diesen Inseln unterhalten. Aber zuerst würde ich gerne Eure Geschichte hören.«
»Sie ist recht kurz, mein Herr«, sagte Bern. »Ich kam mit meinen sechs Begleitern hierher, verliebte mich in ein Mädchen von den Inseln und hatte das Gefühl, ich hätte vom Meer genug. Es gab auch keinen Grund, nach Narnia
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