Lewis, CS - Narnia 5
zurückzukehren, solange der Onkel Eurer Majestät an der Macht war. So habe ich geheiratet und habe seitdem hier gelebt.«
»Und wie ist der Gouverneur, dieser Gumpas? Erkennt er den König von Narnia noch als seinen Herrscher an?«
»In Worten ja. Alles geschieht im Namen des Königs. Aber es wäre ihm gar nicht recht, wenn der König von Narnia in Fleisch und Blut vor ihm stünde. Und wenn Eure Majestät unbewaffnet zu ihm ginge–dann würde er seine Königstreue nicht abstreiten, sondern er würde so tun, als zweifle er an Eurer Glaubhaftigkeit. Das Leben Eurer Gnaden wäre in Gefahr. Welche Gefolgschaft habt Ihr in diesen Gewässern?«
»Dort hinter der Landzunge liegt mein Schiff«, sagte Kaspian. »Wir bemannen dreißig Schwerter, wenn es zum Kampf kommt. Soll ich nicht mein Schiff hereinrufen, Pug überwältigen und meine gefangenen Freunde befreien lassen?«
»Das würde ich Euch nicht raten«, sagte Bern. »Sobald es zum Kampf käme, würden zwei oder drei Schiffe von Enghafen auslaufen, um Pug zu helfen. Ihr müßt Euch durch die Demonstration einer Streitkraft, die größer aussieht, als sie tatsächlich ist, und durch die Macht des königlichen Namens durchsetzen. Es darf nicht zum offenen Kampf kommen. Gumpas ist ein Angsthase und ist leicht zu beeindrucken.«
Sie unterhielten sich noch ein wenig und gingen dann westlich vom Dorf hinunter zur Küste. Dort blies Kaspian sein Horn. (Es war nicht das mächtige Zauberhorn von Narnia, Königin Suses Horn: das hatte Kaspian zu Hause gelassen für seinen Regenten Trumpkin, falls während der Abwesenheit des Königs das Land von großer Not befallen werden sollte.) Drinian, der mit Augen und Ohren nach einem Signal Ausschau hielt, erkannte das königliche Horn sofort, und die »Morgenröte« begann, sich der Küste zuzuwenden. Dann wurde das Boot wieder entsandt, und ein paar Augenblicke später gingen Kaspian und Lord Bern an Bord und schilderten Drinian die Lage. Wie Kaspian wollte auch er sofort mit der »Morgenröte« am Sklavenschiff anlegen und es entern, aber Bern wiederholte seine Einwände.
»Steuert direkt durch diesen Kanal, Kapitän«, sagte Bern, »und dann hinüber, nach Avra, wo meine Besitztümer liegen. Aber laßt zuerst die Flagge des Königs aufziehen, alle Schilde hinaushängen, und schickt so viele Männer wie nur möglich auf die Kampfplattform. Und etwa fünf Pfeilschüsse von hier, wenn Ihr mit dem Backbordbug das offene Meer erreicht habt, müßt Ihr ein paar Signale geben.«
»Signale? An wen?« fragte Drinian.
»An all die anderen Schiffe, die wir nicht haben, aber von denen es gut wäre, wenn Gumpas dächte, wir hätten sie.«
»Oh, ich verstehe«, meinte Drinian und rieb sich die Hände. »Und die anderen werden unsere Signale entschlüsseln. Was sollen wir signalisieren? Die ganze Flotte umrundet Avra im Süden und versammelt sich vor…«
»Bernhof«, sagte Lord Bern. »Das wäre ausgezeichnet. Die ganze Fahrt–sofern es die Schiffe gäbe–verliefe außerhalb der Sichtweite von Enghafen.«
Kaspian hatte Mitleid mit den anderen, die als Gefangene auf Pugs Schiff schmachteten, aber er konnte nicht umhin, den Rest des Tages zu genießen. Später am Nachmittag (denn sie mußten die ganze Strecke rudern), nachdem sie hinter dem nordöstlichen Zipfel von Doorn nach steuerbord gedreht hatten und dann hinter der Spitze von Avra wieder nach backbord, fuhren sie an der südlichen Küste von Avra, wo Berns schöne Ländereien sich bis zum Rand des Wassers hinabsenkten, in einen guten Hafen ein. Berns Leute, von denen sie viele auf den Feldern arbeiten sahen, waren alle freie Männer, es war ein glückliches und reiches Lehnsgut.
Hier gingen sie alle an Land. In einem niedrigen, mit Säulen geschmückten Haus, das die Bucht überblickte, wurden sie königlich bewirtet. Bern, seine anmutige Frau und seine fröhlichen Töchter bereiteten ihnen eine muntere Zeit. Aber nach Einbruch der Dunkelheit sandte Bern einen Mann im Boot nach Doorn, der dort einige Vorbereitungen für den nächsten Tag treffen sollte. Genaueres wollte Bern darüber nicht verraten.
Was Kaspian dort tat
Am nächsten Morgen weckte Lord Bern seine Gäste schon früh. Nach dem Frühstück bat er Kaspian, er solle allen verfügbaren Männern befehlen, volle Rüstung anzulegen. »Und vor allem«, fügte er hinzu, »muß alles so ordentlich und so sauber sein, als wäre dies der Morgen des ersten Kampfes in einem großen Krieg zwischen edlen Königen, bei
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