Lewis, CS - Narnia 6
das taten wir und dann fanden wir die Tür offen.«
»Ihr hättet mich nicht gerufen, wenn ich euch nicht gerufen hätte«, erklärte der Löwe.
»Dann bist du also dieser Jemand, Herr?«, fragte Jill.
»Das bin ich. Und dies ist deine Aufgabe. Weit von hier im Lande Narnia lebt ein betagter König. Er ist traurig, weil es keinen Prinzen seines Blutes gibt, der nach ihm König werden könnte. Er hat keinen Erben, weil ihm sein einziger Sohn vor vielen Jahren geraubt wurde und keiner in Narnia weiß, wo sich dieser Prinz aufhält und ob er noch am Leben ist. Doch das ist er. Ich gebe dir den Auftrag, nach dem verlorenen Prinzen zu suchen, bis du ihn gefunden und zum Haus seines Vaters gebracht hast; oder bis du bei diesem Versuch dein Leben lassen musstest oder in deine eigene Welt zurückgekehrt bist.«
»Wie soll ich vorgehen, bitte?«, fragte Jill.
»Ich werde es dir sagen, Kind«, begann der Löwe. »Dies sind die Zeichen, durch die ich dich bei deiner Suche leiten werde. Erstens: Sobald der Junge namens Eustachius seinen Fuß auf Narnia setzt, wird er einen lieben alten Freund treffen. Diesen Freund muss er sogleich begrüßen; wenn er dies tut, wird euch wer t volle Hilfe zuteil werden. Zweitens: Ihr müsst aus Na r nia hinaus nach Norden gehen, bis ihr zur Rui nenstadt der alten Riesen kommt. Drittens: Ihr werdet auf einem Stein der Ruinenstadt Worte geschrieben finden und ihr müsst befolgen, was euch diese Worte auftragen. Viertens: Ihr werdet den verschollenen Prinzen – s o fern ihr ihn findet – daran erkennen, dass er die erste Person auf eurer Reise sein wird, die euch bittet, in meinem Namen – im Namen Aslans – etwas Bestim m tes zu tun.«
Da der Löwe geendet zu haben schien, hatte Jill das Gefühl, sie müsse etwas sagen. So sagte sie: »Vielen herzlichen Dank. Ich verstehe.«
»Kind«, erwiderte Aslan mit sanfterer Stimme als bisher, »vielleicht verstehst du nicht so gut, wie du meinst. Aber der erste Schritt ist, dir alles gut zu me r ken. Wiederhole die vier Zeichen in der richtigen Re i henfolge.«
Jill versuchte es, aber es gelang ihr nicht so recht. Der Löwe korrigierte sie und ließ Jill die Zeichen wi e der und wieder aufsagen, bis Jill sie fehlerfrei wiede r holen konnte. Er war sehr geduldig und so fasste Jill anschließend den Mut, ihn zu fragen:
»Bitte, wie komme ich nach Narnia?«
»Auf meinem Atem«, sagte der Löwe. »Ich werde dich in den Westen der Welt blasen, so wie ich Eust a chius in den Westen geblasen habe.«
»Werde ich ihn rechtzeitig einholen um ihm das e r ste Zeichen zu nennen? Aber ich nehme an, dass dies nicht so wichtig ist. Wenn er einen alten Freund trifft, wird er doch sicher hingehen und ihn begrüßen, oder nicht?«
»Du hast keine Zeit zu verlieren«, sagte der Löwe. »Deshalb muss ich dich sofort losschicken. Komm. Geh vor mir her zum Rand des Felsens.«
Jill wusste sehr wohl, dass es ihre eigene Schuld war, dass die Zeit drängte. Wenn ich mich nicht so dumm angestellt hätte, würden Eustachius und ich jetzt zusammen gehen. Und er hätte genau wie ich die A n weisungen erhalten, dachte sie. Deshalb tat sie, was man ihr befohlen hatte. Es war sehr beängstigend, zum Felsrand zurückzugehen, vor allem weil der Löwe nicht neben ihr, sondern hinter ihr ging – völlig g e räuschlos auf seinen samtenen Pfoten.
Aber lange bevor sie den Rand erreicht hatte, sagte die Stimme hinter ihr: »Steh still. Gleich werde ich blasen. Aber zuerst: Vergiss die Zeichen nicht, vergiss die Zeichen nicht. Sag sie vor dich hin, wenn du am Morgen aufstehst, wenn du dich am Abend niederlegst und wenn du mitten in der Nacht erwachst. Und welch selt same Dinge dir auch zustoßen mögen – lass dich nicht davon abbringen, den Zeichen zu folgen. Und zweitens will ich dich warnen. Hier auf dem Berg habe ich klar zu dir gesprochen: Das werde ich unten in Narnia nicht oft tun. Hier auf dem Berg ist die Luft klar und klar ist auch dein Geist; weiter unten wird die Luft dicker. Hüte dich davor, dass sie deinen Geist verwirrt. Und die Zeichen, die du hier gelernt hast, werden dort, wenn du ihnen begegnest, ganz und gar nicht so auss e hen, wie du erwartet hast. Deshalb ist es so wichtig, sie auswendig zu wissen und auf den äußeren Anschein nicht zu achten. Merke dir die Zeichen und glaube an sie. Alles andere ist unwichtig. Und nun, Tochter Evas, leb wohl …«
Die Stimme war am Ende immer leiser geworden und jetzt verstummte sie ganz. Jill sah sich um. Zu i h rem
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