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Lewis, Michael

Lewis, Michael

Titel: Lewis, Michael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: The Big Short
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Einzeldarlehen zu einem Hochhaus aufgetürmt. Floss Geld zurück, kam es
zuerst in den obersten Etagen an, die von Moody's und S&P Bestnoten
erhielten - und die niedrigsten Zinsen. Die unteren Stockwerke erreichten die
Rückzahlungen zuletzt. Sie erlitten als Erste Verluste. Und sie wurden von
Moody's und S&P am schlechtesten bewertet. Wer in die unteren Stockwerke
investierte, ging größere Risiken ein, erhielt dafür aber höhere Zinsen.
Anleger, die hypothekenunterlegte Anleihen kaufen wollten, mussten sich
entscheiden, in welche Etage des Konstrukts sie investieren wollten. Doch
Michael Burry dachte nicht daran, solche Papiere zu erwerben. Er fragte sich
vielmehr, wie er Subprime-Hypothekenanleihen leerverkaufen konnte.
    Zu
jeder Hypothekenanleihe gab es einen eigenen, quälend weitschweifigen
130-seitigen Prospekt. Las man das Kleingedruckte, merkte man, dass im Prinzip
jede Anleihe ein eigenes kleines Unternehmen darstellte. Ende 2004, Anfang
2005 überflog Burry Hunderte davon und nahm Dutzende genauer unter die Lupe. Er
war davon überzeugt, dass er - abgesehen von den Anwälten, die sie verfasst hatten
- der Einzige war, der das tat, obwohl man die Prospekte für 100 US-Dollar pro
Jahr allesamt über 10KWizard.com beziehen konnte. In einer E-Mail
erklärte er mir:
    Nehmen Sie zum Beispiel NovaStar, einen Archetyp des
KVV-Subprime-Hypothekenvergebers dieser Zeit. Die Bezeichnungen [der Anleihen]
lauteten etwa NHEL 2004-1, NHEL 2004-2, NHEL 2004-3, NHEL 2005-1 und so
weiter. NHEL 2004-1 bezieht sich zum Beispiel auf Darlehen der ersten Monate 2004 und der
letzten Monate 2003. 2004-2 beruht auf Darlehen, die Mitte des
Jahres vergeben wurden, und 2004-3 auf solchen vom Jahresende. Man
konnte anhand diese Prospekte rasch erkennen, was da in der
Subprime-Hypothekensparte der KVV-Branche vor sich ging. Und dabei stellte man
fest, dass zinsvariable Hypotheken, bei denen nur Zinszahlungen anfallen (2/28 Interest
Only ARM Mortgages), Anfang 2004 nur 5,85 Prozent des
Pools ausmachten, Ende 2004 dagegen 17,48 Prozent und
im Spätsommer 2005 satte 25,34 Prozent. Dennoch gab es bei den
durchschnittlichen FICO [Verbraucherkredit]-Scores für den Pool, demselben
Verhältnis der Höhe von [»Lügner«-]Darlehen ohne dokumentierte Kreditfähigkeit
zum Wert der Sicherungsgegenstände und anderen Indikatoren kaum Bewegung ...
Worauf es ankommt, ist, dass diese Kennzahlen einigermaßen unverändert
blieben, doch der Gesamtpool der ausgereichten, umverpackten und verkauften
Hypotheken qualitativ schlechter wurde, weil bei denselben durchschnittlichen
FICO-Werten beziehungsweise Beleihungsquoten für einen höheren Prozentsatz an
Hypotheken nur Zinszahlungen geleistet wurden.
    Ein
Blick auf die Zahlen verriet schon 2004 ganz klar, dass die Kreditvergabestandards
lockerer wurden. Noch lockerer konnten sie nach Burrys Ansicht nicht mehr
werden. Und dieses untere Extrem hatte sogar einen Namen: variabel verzinsliche
Hypotheken mit negativer Amortisierung, auf die nur Zinsen gezahlt wurden. Dem
Eigenheimkäufer wurde de facto zur Wahl gestellt, überhaupt nichts zu zahlen
und die anfallenden Zinsen dem geschuldeten Kapitalbetrag zuzuschlagen. Leicht
vorstellbar, wer sich für solche Darlehen interessieren würde: Kunden ohne
Einkommen. Was Burry nicht begreifen konnte, war, wieso ein Kreditgeber ein
solches Darlehen auszahlte.
    »Wir
sollten die Kreditgeber im Auge behalten, nicht die Kreditnehmer«, sagte er.
»Die Kreditnehmer werden immer bereit sein, bei günstigen Konditionen
zuzugreifen. Es sind die Kreditgeber, die Zurückhaltung zeigen sollten, und
wenn ihnen diese abhandenkommt, ist Vorsicht geboten.« 2003 war ihm klar, dass
die Kreditnehmer ihre Zurückhaltung bereits verloren hatten. Anfang 2005
erkannte er, dass das auch für die Kreditgeber galt.
    Viele
Hedgefondsmanager führten persönliche Gespräche mit ihren Investoren und
betrachteten ihre Quartalsbriefe als Formalität. Burry sprach nicht gern mit
Menschen, für ihn waren stattdessen die Briefe das wichtigste Medium, seine
Investoren über seine Absichten zu informieren. In diesen Quartalsbriefen
prägte er einen Begriff, um das zu beschreiben, was sich seiner Ansicht nach
abspielte: »die Ausreichung von Krediten durch Finanzinstrumente«. Damit
meinte er, dass es sich viele eigentlich nicht leisten konnten, ihre Hypotheken
auf traditionelle Weise zurückzuzahlen. Deshalb dachten sich die Kreditgeber
neue Finanzinstrumente aus, um die Vergabe neuer Kredite an

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