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Lewis, Michael

Lewis, Michael

Titel: Lewis, Michael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: The Big Short
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Moses
und wünschte sich, der Boden täte sich auf. »Steve sagt immer, dass man davon
ausgehen sollte, dass sie einem nicht die Wahrheit mitteilen«, bemerkte Daniel.
»Sie lügen dir direkt ins Gesicht.« Danny und Vinny wussten beide, was Eisman
von dieser Sorte von Kreditgebern hielt, sahen jedoch keinen Grund, weshalb er
dies ausgerechnet hier und noch dazu auf diese Weise herausposaunen sollte.
Denn Steve hob die Hand nicht als Zeichen, dass er eine Frage stellen wollte,
sondern er bildete aus Daumen und Zeigefinger einen Kreis. Steve ließ sozusagen
seine Finger sprechen. »Null!«, riefen sie.
    »Ja?«,
fragte der offensichtlich verwirrte CEO. »Haben Sie noch eine Frage?«
    »Nein«,
erwiderte Eisman. »Das ist eine Null. Null für null Wahrscheinlichkeit, dass
Ihre Ausfallquote bei 5 Prozent liegen wird.« Die Verluste bei zweitklassigen
Darlehen würden viel, sehr viel höher ausfallen. Bevor der Kerl die Chance
hatte, etwas zu erwidern, läutete Eismans Handy. Anstatt den Anruf abzuweisen,
zog Eisman sein Handy aus und meldete sich. »Entschuldigung«, bat er und erhob
sich. »Aber ich muss dieses Gespräch einfach annehmen.« Mit diesen Worten verließ
er den Saal. Am Apparat war seine Frau.
    »Es
war nichts Dringendes«, erklärte sie mit einem kleinen Seufzer. »Er nutzte den
Anruf als Vorwand.«
    Danach
musste etwas mit Eisman passiert sein, denn er hörte auf, nach einem Gegner zu
suchen; stattdessen bemühte er sich um ein tieferes Verständnis. Er zog durch
die Kasinos von Las Vegas und konnte nicht fassen, was sich da vor seinen Augen
abspielte: 7000 Leute, die alle rundum zufrieden schienen. Eine Gesellschaft,
die mit riesigen wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen hatte, manipulierte sich
selbst, um ihre Probleme zu kaschieren, und wer profitierte am meisten von
diesem Selbstbetrug? Die Mittelsmänner. Wie war so etwas nur möglich? Eisman
zweifelte sogar an sich selbst, wenngleich nur ganz kurz, und fragte sich, ob
ihm vielleicht etwas entgangen sei. »Er sagte immer wieder: >Was zum Teufel
ist hier los? Wer zur Hölle sind all diese Leute?<«, erzählte Danny Moses.
    Die
knappe Antwort auf die zweite Frage lautete: Optimisten. Der Markt für
minderwertige Hypotheken in seiner damaligen Form hatte bislang ausnahmslos
Wachstumszahlen verzeichnet. Die Menschen, die in diesem Markt als
Erfolgsmenschen angesehen wurden, waren diejenigen, von denen immer nur
»Kaufen« zu hören gewesen war. Nun war der richtige Moment gekommen, um
»Verkaufen« zu schreien, aber darin hatten sie keinerlei Übung. »Es war kein Geheimnis,
dass die Rentenleute immer davon ausgingen, dass sie mehr wussten als alle
anderen«, sagte Eisman. »Und im Allgemeinen stimmte das ja auch. Ich selbst war
kein Rentenmann, aber da stand ich, wettete gegen ihre ganze Branche und wollte
wissen, ob sie mehr Ahnung hatten als ich selbst. Sollte es wirklich so
offensichtlich sein? Sollte es wirklich so einfach sein?« Er suchte in den Besprechungen
von Kreditnehmern, Bankern und Ratingagenturen nach Zeichen höherer
Intelligenz, doch er entdeckte keine. »Er befand sich im Lernmodus«,
berichtete Vinny. »Wenn ihn ein bestimmtes Thema fasziniert, überwiegt die
Neugier seine Angriffslust. Er wird mit Sicherheit behaupten, dass er in
jahrzehntelanger Therapie gelernt hätte, sich zu benehmen, aber in Wahrheit lag
es daran, dass er zum ersten Mal einen Zusammenhang herstellen konnte.«
    Steve
Eisman war mehr als versucht, vom Schlimmsten auszugehen, was ihm auf den
US-amerikanischen Finanzmärkten von 2007 einen enormen taktischen Vorteil
verschaffte. Doch in ihm steckte auch das kleine Kind von damals, das so naiv
gewesen war, einem fremden Kind sein heiß geliebtes Fahrrad zu leihen. Eisman
war nicht zu abgebrüht, um noch schockiert zu sein. Seine Erfahrung mit Household
Finance hatte ihn jeglicher Hoffnung beraubt, dass der Staat schon einschreiten
und wohlhabende Unternehmen davon abhalten würde, mittellose Menschen schlecht
zu behandeln. Auf dem freien Markt sollte es jedoch eine Autorität geben, die
in der Lage ist, große Ungerechtigkeit zu verhindern. Die Ratingagenturen
verkörperten eine solche Schiedsstelle. Je komplexer die Wertpapiere wurden,
umso notwendiger wurden die Ratingagenturen. Jeder war in der Lage, eine
US-amerikanische Schatzanleihe zu bewerten, doch kaum jemand wusste überhaupt,
was ein mit minderwertigen Hypotheken unterlegtes CDO war. Für einen
unabhängigen Schiedsrichter war es eine

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