Lewis, Michael
an den
Roulettetischen und bei den Würfelspielen. »Vegas brummte«, sagte Danny. »Die
Hauseigner saßen an den verdammten Tischen.« Ein Freund von Danny, der nach
einer durchzechten Nacht ins Hotel zurückgekehrt war, erzählte ihnen, dass er
eine Stripperin mit fünf verschiedenen Hypothekendarlehen kennengelernt hatte.*
* Zwei Jahre später lag Las Vegas hinsichtlich des Tempos
der Zwangsvollstreckungen landesweit an der Spitze.
Der
CDO-Händler der Deutschen Bank - ein Kerl namens Ryan Stark - war ausgewählt
worden, Eisman im Auge zu behalten und ihn daran zu hindern, Ärger zu machen.
»Vor der Tagung hat er mir E-Mails geschickt«, berichtete Danny Moses. »Er war
ziemlich nervös wegen uns. In den Mails hat er Dinge geschrieben wie >Ich
möchte den Zweck unseres Treffens klarstellen< oder >Nur um festzuhalten,
weshalb wir uns treffen< ... Er wollte einfach sicherstellen, dass wir da
waren, um Anleihen zu kaufen. Die Deutsche Bank hatte sogar die offiziellen Prospekte
für Käufer von Subprime-Papieren mitgeschickt, als eine Art Skript, an das wir
uns halten sollten.« »Der Zweck dieser Veranstaltung war es, den Leuten
einzureden, dass es noch immer in Ordnung ist, diese Scheiße zu produzieren und
zu verklopfen«, sagte Danny. »Dass ein Aktieninvestor hier auftauchte, der
Anleihen leerverkaufen wollte und auf der Suche nach Informationen war, hatte
es noch nie gegeben. Die einzige Chance, dass wir auch in den Genuss solcher
Zweiergespräche kamen, war, wenn wir beteuerten, dass wir keine Short-Position
unterhielten. Die Jungs von der Deutschen Bank verfolgten uns, weil sie
vermeiden wollten, dass wir ihre Beziehungen kaputt machten.«
Es
ergab natürlich überhaupt keinen Sinn, Eisman überwachen zu wollen. Er sah sich
selbst als Kreuzritter, als Rächer der Enterbten, als Feind der unheilvollen
Mächte. Anders ausgedrückt, er sah sich als Superheld, als Spider-Man. Er
wusste nur allzu gut, wie absurd es klang, wenn seine Frau über ihn sagte:
»Mein Mann glaubt, dass er das gleiche Leben führt wie Spider-Man.« Eisman zog
ja nicht los und erzählte Fremden von der verblüffend hohen Anzahl von
Gemeinsamkeiten zwischen ihm und Peter Parker - wann sie das College besucht,
was sie studiert, wann sie geheiratet hatten und so weiter - oder dass er
damals als Jurastudent sich den neuesten Spider-Man-Comic nur deshalb gekauft
hatte, weil er sich sicher gewesen war, darin zu erfahren, welche Wende sein
Leben schon bald nehmen würde. Doch Eisman erkannte eine gute Geschichte nach
den ersten Zeilen, da er die Welt anhand von Geschichten erklärte, und das war
eine der Geschichten, die er verwenden wollte.
Das
erste Anzeichen dafür, dass Spider-Man keinerlei Interesse an den dunklen
Machenschaften der Deutschen Bank zeigte, gab es an diesem Morgen bei einem
Vortrag des CEO von Option One, dem Hypothekeninstitut, das zu H&R Block
gehörte. Option One war im Juni 2006, also vor sieben Monaten, auf Eismans
Radar aufgetaucht, als das Unternehmen einen überraschenden Verlust bei seinem
Portfolio von Subprime-Hypothekendarlehen bekannt gab. Der Verlust war deshalb
so überraschend, weil Option One Darlehen vergab und die Forderungen an die
Wall Street weiterverkaufte - ein an sich risikoloses Geschäft also. Für diese
Geschäfte galt jedoch die Bestimmung, dass die Wall Street die Darlehen an
Option One zurückgeben durfte, wenn die Darlehensnehmer schon mit der ersten
Kreditrate in Verzug gerieten. »Wer nimmt schon ein Darlehen auf, weil er ein
Haus kaufen will, und zahlt dann nicht mal die erste Rate?«, fragte Danny
Moses. »Wer zum Teufel verleiht Geld an Leute, die nicht mal die erste Rate
zurückzahlen können?«, lautete die Frage dagegen bei Eisman.
Als
der CEO von Option One zu dem Teil seines Vortrags kam, in dem es um dessen Portfolio
von Subprime-Darlehen ging, behauptete er, das Unternehmen hätte seine
Hausaufgaben gemacht und rechne nun mit einer (bescheidenen) Ausfallquote von 5
Prozent bei seinen Darlehen. Eisman hob die Hand. Moses und Daniel versanken
förmlich in ihren Stühlen. »Das war ja keine Frage-Antwort-Runde«, meinte
Moses. »Der Typ hat eine Rede gehalten. Doch er sieht, wie Steve die Hand hebt,
und fragt ihn: >Ja, bitte?<«.
»Sind
diese 5 Prozent eher wahrscheinlich oder eher möglich?«, lautete Eismans Frage.
Eher
wahrscheinlich, antwortete der CEO und fuhr mit seinem Vortrag fort.
Eisman
hob erneut die Hand und fuchtelte wie wild damit herum. Oh nein, dachte
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