Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lewis, Michael

Lewis, Michael

Titel: Lewis, Michael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: The Big Short
Vom Netzwerk:
daran sei, Worten Taten folgen zu lassen, und ihm einige Credit
Default Swaps verkaufen würde.
     
    Als
Eisman am Morgen nach dem Essen mit Wing Chau aufwachte, galt sein erster
Gedanke dem Rentenmarkt und sein erster Blick der sensationellen Stuckdecke in
seinem Hotelzimmer. Im Hotel The Venetian - mit seiner dem berühmten Dogenpalast in Venedig
nachempfundenen Fassade und der Göttlichen Komödie, die sich im Innern des Hauses
abspielte - wimmelte es vor weißen Männern in dunklen Anzügen, die um diese
Uhrzeit auf die eine oder andere Weise ihre Brötchen mit minderwertigen
Hypotheken verdienten. Wie ganz Las Vegas, war auch The Venetian eine Ansammlung von seltsamen
Effekten, die irrationale Empfindungen bei den Gästen hervorrufen und
verstärken sollten: Die Tage fühlten sich an wie Nächte, die Nächte wie Tage;
die Spielautomaten spuckten ebenso wie die Geldautomaten Hundert-Dollar-Scheine
aus, und nicht zu vergessen die riesigen Hotelzimmer, die einem das Gefühl
gaben, jemand ganz Besonderes zu sein. Sinn und Zweck des Ganzen war natürlich,
bei den Gästen das Gefühl zu wecken, sie könnten in dieser Umgebung keinesfalls
verlieren, und Geld spiele sowieso keine Rolle für sie. All das deprimierte
Eisman: Er war einfach keine Spielernatur. »Selbst wenn mein Leben davon
abhinge, wäre ich nicht in der Lage, die Wahrscheinlichkeit eines Gewinns
auszurechnen«, sagte er. Am Ende eines jeden Tages setzte sich Vinny an einen
Pokertisch und spielte ein paar Runden mit niedrigen Einsätzen. Danny schloss
sich Lippmann und den anderen Rentenhändlern an und ging zu den Würfeltischen.
Eisman dagegen ging zu Bett. Interessant, dass die Rentenhändler ausgerechnet
das Würfelspiel bevorzugten. Beim Würfelspiel hat der Spieler vermeintlich die
Kontrolle über das Geschehen - schließlich war er es ja, der würfelt -, und
die oberflächliche Komplexität verdeckt gut, dass das Spiel an sich
ausgemachter Blödsinn ist. »Aus unerfindlichen Gründen glauben diese Spieler
tatsächlich, sie wären in der Lage, die Würfel zu ihren Gunsten zu beeinflussen«,
sagte Danny.
    Tausende
und Abertausende von überaus professionellen Finanzexperten, von denen die
meisten noch vor ein paar Jahren mit etwas ganz anderem ihren Lebensunterhalt
bestritten hatten, verspielten nun das Geld am Würfeltisch, das sie an
Subprime-Hypothekenanleihen verdient hatten. Dieser Teilbereich des
Finanzmarktes, über den Eisman einst weitaus mehr wusste als jeder andere Sterbliche,
war anfangs von den Kapitalmärkten kaum beachtet worden. Doch in wenigen Jahren
hatte er sich zur treibenden Kraft, sprich Einnahmequelle, entwickelt, die
Tausende von Jobs in der Wall Street sicherte - und doch aus wirtschaftlicher
Sicht völliger Unsinn war. »Es war, als ob man einer Maschine ohne Hirn zusehen
würde, die einfach nicht aufhören konnte«, sagte er. Er hatte das Gefühl, als
wäre er in ein neues Haus gezogen und hätte die Tür eines - vermeintlichen - Wandschranks
geöffnet und plötzlich einen neuen Hausflügel entdeckt. »Ich war schon öfter
auf Aktienkonferenzen gewesen«, erzählte Eisman. »Aber das war etwas völlig anderes.
Wenn's hochkommt, sind da 500 Leute. Und hier waren es an die 7 000. Allein
aufgrund der Tatsache, dass niemand aus der Aktienwelt anwesend war, wussten
wir, dass es noch keiner herausgefunden hatte. Wir kannten niemanden. Wir
gingen immer noch davon aus, dass wir die Einzigen waren, die auf der
Short-Seite standen.«
     
    Eisman
hatte kein Interesse daran, den Vorträgen anderer Leute zu lauschen. Er hatte
auch kein Interesse daran, sich an den Podiumsdiskussionen zu beteiligen und
sich dämliche Kommentare anzuhören. Das Einzige, was ihn interessierte, waren
private Gespräche mit Insidern. Lippmann hatte ihnen die Mitarbeiter der
Deutschen Bank vorgestellt, die Investoren CDOs andrehen wollten; und diese
nützlichen Kontakte hatten dafür gesorgt, dass Eisman und seine Partner die
Finanzdienstleister des Rentenmarktes kennenlernten: die Vergeber von
Hypotheken, aber auch die Banken, die Hypothekendarlehen zu Hypothekenanleihen
umverpackten, ebenso wie die Banker, die daraus CDOs schnürten, und die Ratingagenturen,
die jede Phase dieses Prozesses absegneten. Die einzigen Interessenten, die
nicht an der Veranstaltung in Las Vegas teilnahmen, waren die Kreditnehmer, die
amerikanischen Häuslebauer - doch wenn man es sich recht überlegte, waren auch
sie da: die Kellner, die Getränke servierten, oder die Croupiers

Weitere Kostenlose Bücher