Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
die Erde gebracht werden.
„Woher wusste er, wo du zu finden bist? Du warst sehr vorsichtig. Kein verräterischer Laut verließ deine Kehle.“
„Vielleicht hat er mich gesehen und erkannt. Agonthalith bietet vielen eine Heimat. Vielleicht aber war es wirklich das Wasser. Wir werden morgen aufbrechen. Ich will der Stadt nicht Unheil bringen.“ Sie hatte den Leichnam auf ihr Pferd geladen und wandte sich dem kahlen Hügel zu. Dahinter wollte sie den Toten loswerden. Aschiel hatte ihr geraten, ihn dort zu verscharren. Rasch hatten sie den Weg zurückgelegt. Die einstige Magierin warf den leblosen Körper von Baklas Rücken und machte sich augenblicklich daran, ein Loch auszuheben. Dazu ließ sie sich auf die Knie nieder. Die Freunde halfen. Diese wurden zur gleichen Zeit angegriffen wie die Zweiundzwanzigjährige. Tote Hände hatten die entmachtete Prinzessin am Hals gepackt. Nerairs Schwert sorgte dafür, dass sie schnell wieder atmen konnte. Aber auch er musste sich in acht nehmen. Die Erde brach an einigen Stellen auf und entließ daraus die Verstorbenen.
„Bringt euch in Sicherheit!“, rief sie.
„Du kannst sie unmöglich alle töten!“ Soh’Hmil wollte wie immer nicht von ihrer Seite weichen. Er blieb.
„Ich kann sie gar nicht töten. Sie sind bereits ohne Leben.“ Yar’nael hieb einem den knochigen Kopf von den Schultern. Der ging vorerst auf die Knie. Allerdings war er dabei lediglich bemüht, sein Haupt wiederzufinden.
„Such den Magier! Es muss einen weiteren geben. Wir halten sie auf.“ Leranoths Heerführer sorgte dafür, dass der nächste seinen Kopf verlor. Das brachte wenigstens etwas Zeit.
„Sagt, fanden nur die Toten Agonthaliths hier ihre letzte Ruhe?“
Sie befreite Aschiel von zwei sehr anhänglichen Skeletten.
„Nein, hier hinten vergruben wir die Feinde.“
„Ich fürchte, die wurden gerade von ihrem Meister gerufen. Lewyn, verschwinde endlich! Wir können ihnen nicht ewig standhalten.“ Soh’Hmil hatte mehrere der Gefallenen gegen sich stehen, ebenso wie der Rest der Freunde.
„Ethin colgana!“ Dann fluchte sie. Wieder hatte es sie Kraft gekostet, die Magie des Schwertes zu rufen. Eine Vielzahl an Knochen lag dennoch kurz darauf auf dem hier kahlen Boden verstreut. Aber die nächsten Angreifer krochen bereits aus der Erde hervor. Sie waren von der Magie unberührt geblieben.
Der Freund hatte Recht. Sie musste schnell den Mann finden, der für dieses lästige Aufleben verantwortlich war. Ein weiteres Mal wollte sie Yar’nael nicht bemühen. Den Schild vom Rücken nehmend erhob sie sich, um auf einen der Hügel zu gelangen. Bevor sie den jedoch erreichte, spürte die junge Frau einen mächtigen Druck gegen sich. Ihre Rüstung begann zu erstrahlen und die feindliche Magie abzulenken. Diese ging auf deren Verursacher zurück, als der Sajangschild abermals den Oberkörper schützte. Nun aber war der Rücken ohne Deckung. Dies bekam sie sofort schmerzlich zu spüren. Die Rüstung konnte nicht alles abhalten. Lewyn entschloss sich mit schmerzverzerrtem Gesicht, den Schild wieder nach hinten zu legen. Yar’nael, mit dem sie Magie ebenfalls schon hatte abwehren können, hielt sie oben. An der Schwertspitze vorbei wurde sie dennoch erneut Opfer des schwarzen Hexenmeisters. Sie fiel auf die Knie. Das war der Augenblick, als abermals die Erde aufbrach und mehrere der knochigen Feinde nach ihr griffen. Sie zerrten sie in die Höhe und erwarteten den vernichtenden Schlag gegen die einstige Erbin der Macht.
Die Freunde mussten das Ganze von der Talsohle aus hilflos mit ansehen. Obwohl sie versuchten, sich loszureißen, vermochten sie es jedoch nicht. Die Toten hatten noch immer ein recht einnehmendes Wesen. Die Halbelbin musste es alleine schaffen. „Nastuas!“ Ihre Hände hatten das Sonnenamulett und das Schwert umklammert. Sie hoffte auf deren Beistand. Allerdings bezweifelte sie, dass für diesen Zauber schon wieder genügend Stärke in ihr war. Aber versuchte es Asnarins Enkelin nicht, würde sie ebenfalls gleich zu den Toten zählen. Da sie ihren Widersacher endlich erblickt hatte, riskierte sie es.
„Reißt ihm das Herz heraus! Schnell!“ Soh’Hmil war als erster bei ihr. Behutsam sah er nach der entkräfteten Freundin.
Thelan und Berando eilten die gegenüberliegende Anhöhe hinauf. Schnell hatten sie getan, was sein musste. Der erfahrene Krieger kümmerte sich indes weiter um seine Schutzbefohlene. Die lag reglos vor ihm. Selbst ein Atmen war nicht zu erkennen.
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