Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
Er legte den Kopf auf ihre Brust und lauschte eine Weile.
„Sie lebt, dem Himmel sei Dank!“ Er begann in den Beuteln an seinem Gürtel zu kramen, fand aber nicht, was er suchte.
„Nirek, reite in die Stadt und bringe mir die Wurzel des Liandoskrautes. Schnell! Ich hoffe auf deren Hilfe.“ Einen Rest Sahdirpulver hatte er noch bei sich. Er fügte es äußerst behutsam in die Wunde am Hals.
„Ihr könnt schneller helfen, wenn wir alle zurückkehren.“
„Es würde Fragen geben.“
„Folgt mir. Niemand wird uns sehen.“ Gemeinsam ritten sie um den kahlen Hügel herum. Aschiel öffnete den Zugang zu den Gräbern. Im hinteren Teil gab es einen verborgenen Pfad, der die Gemeinschaft bis zum Palast führte. Ungesehen schafften es die Freunde schließlich bis zu Soh’Hmils Lager. Schnell schabte er einiges von der Wurzel, zerstampfte es weiter zu Brei und ließ das Ganze in heißem Wasser eine Weile lang ziehen. Dann flößte er es der Kriegerin langsam ein. Anschließend beeilte er sich, die größere Wunde zu versorgen, die ihr der Magier über dem Schlüsselbein hatte schlagen können. Es sickerte weiterhin Blut daraus hervor.
Liandoskraut
„Ich wünschte, wir hätten etwas von Ashargnas Wasser.“ Als er daraufhin Aschiels fragenden Blick auffing, überlegte er kurz, ob er dem Menschen von der großen Schlange erzählen sollte. Nach einem kleinen Zögern tat er es. Lewyn vertraute diesem Mann. Dennoch verriet er nicht, wo das übermächtige Reptil zu finden war. Sein Gegenüber lauschte den Worten gespannt.
„Mich verwundert nichts mehr, nicht wenn sie dazu gehört.“
Nun war es an Soh’Hmil einen fragenden Blick auf den blonden Burschen zu richten.
„Erzählt mir von Nagranor, auch wenn ich glaube, schon vieles über Eure Stadt gehört zu haben. Sie berichtet gerne von Eurem Mut. Sagt, was ist damals geschehen?“
„Ich denke, Ihr hörtet bereits davon?“
„Wie Ihr den Renaorianern gegenüber aufgetreten seid und dass Ihr eine kluge Entscheidung getroffen habt. Den Rest haben sie und ihre Begleiter kaum erwähnt.“ Da die Verletzte fest schlief, stand dem Wunsch des Elben nichts entgegen. Aschiel erzählte ausführlich und beantwortete jede Frage, die ihm gestellt wurde.
„Nie sah ich so viel Macht auf einmal, außer heute.“
„Ihr kennt also ihr Geheimnis. Ich danke Euch, dass Ihr es für Euch behaltet. Wie aber kann es sein, dass Eure Männer nicht wissen, wer sie ist?“
„Sie waren alle in schweren Kämpfen gefangen. Obwohl Lewyn gegen den Feind stand, hielten sie dennoch den älteren ihrer Begleiter für den Magier. Er war es, der die Brände löschte. Als der Gegner besiegt war, sahen ihn alle entkräftet am Boden hocken. Sie gingen davon aus, dass er das Unglaubliche tat.“
„Umodis. Ja, er war einer unserer Weisen. Doch war seine Macht nichts im Vergleich zu ihrer, schon damals nicht. Als Lewyn das erste Mal auf Euch traf, war sie längst nicht so stark wie zu dem Zeitpunkt, als sie in Leranoth den schwarzen Drachen vernichten konnte.“
„Dennoch konnten eure Ältesten sie besiegen.“
„Ganz sicher nicht. Obwohl sie dem Tode sehr nahe, wäre sie gewiss in der Lage gewesen, allen das Ende zu bringen.“
„Warum tat sie es nicht? Dann wäre sie noch in diesen Tagen die Erbin der Macht. Dann hätte Garnadkan weiter Hoffnung.“
„Sie glaubte, die Weisen so davon überzeugen zu können, dass sie keine Dunkelheit in sich trug. Doch diese Narren haben nichts begriffen, bis heute. Angst vor so großer Macht hat sie der Gabe des Sehens und der Weisheit beraubt.“ Seine Hand strich sanft über ihr Gesicht. Dann horchte er erneut nach dem Herzschlag der jungen Frau. Allmählich wurde er kräftiger.
Aschiel beobachtete den besorgten Elben dabei sehr genau. Ein wissendes Grinsen schlich sich auf sein Gesicht.
„Ihr liebt sie, habe ich Recht?“
„Ja. Ich liebe sie als meine Prinzessin, als meine Gefährtin und auch als eine Freundin. Doch nicht so, wie Ihr meint. Zu viele Jahrhunderte liegen zwischen uns. Und so liebe ich sie auch, wie ein Vater sein Kind lieben sollte.“
Erst am nächsten Morgen erwachte die einstige Magierin aus ihrer Bewusstlosigkeit. Soh’Hmil war noch immer an ihrer Seite, wie auch Aschiel. Die Gitalaner hatten sich erst vor kurzem zurückgezogen. Der Elb konnte ihnen endlich sagen, dass die Zweiundzwanzigjährige außer Gefahr war. Sie brauchte nur ein wenig Zeit.
Am späten Vormittag kam Teglamon in das Gemach des ersten Heerführers
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