Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
ansetzte, stieß sie sich mit dem linken Schwertknauf gegen die rechte Schulter. Mit schmerzverzerrtem Gesicht ging sie auf die Knie.
„Schnell. Nehmt mir die Waffen ab und fesselt mich! Es ist auch sicherer, wenn ihr mich niederschlagt. Njagranda kann mich nicht hören, oder verweigert mir die Hilfe, die ich jetzt benötigen würde. Und ich vermag mich nicht länger gegen den Feind zu stellen.“
„Wäre dem so, würdest du noch immer die Schwerter gegen uns führen.“ Soh’Hmil trat dicht an sie heran, um sie zu entwaffnen. Hätte Cadar seine Tochter in diesem Moment nicht von hinten gehalten, hätte sie den Freund wohl niedergestochen. Der Dolch ruhte längst in ihrer Hand. Während er seine Tochter bändigte, drückte der Renaorianer dabei unabsichtlich auf die tiefe Wunde, die der Giftzahn in der Schulter der ihm liebgewordenen jungen Frau hinterlassen hatte. Das brachte diese erneut zur Besinnung. Sie schleuderte das Messer von sich, während sich ihrer Brust ein verzweifelter Schrei entrang. Nach einiger Zeit wurde sie ganz still und sah die Männer an, die keuchend vor ihr standen. Diese wurden unruhig. Die Dreiundzwanzigjährige hatte etwas vor. Dass dies nichts war, was sie gutheißen würden, konnten der Elb und der Mensch in ihrem Gesicht deutlich erkennen.
„Versprecht mir, dass ihr mein Herz verbrennt. Ich will niemandem noch Unheil bringen können.“ Die Linke, die bis jetzt hinter dem Rücken geruht hatte, kam hervorgeschnellt. Sie hielt ihren zweiten Dolch umschlossen. Noch bevor die erschrockenen Männer es hätten verhindern können, trieb sich die einstige Thronerbin Let’wedens die Klinge ins Fleisch. Ashnorog war es, der mit dem Schwanzende gegen ihren Arm schlug. Dennoch drang das Messer tief zwischen die Rippen. Heller wie dunkler Dunst erhoben sich augenblicklich aus der Wunde. Es sah aus, als würden sie miteinander ringen. Weit über den Köpfen der Sprachlosen verbanden sich die Nebel, um sich dann rasch aufzulösen. Die tödlich Verletzte aber hing schlapp auf der übergroßen Schlange. Sie versuchte zu lächeln, als sie den ungläubigen Blicken der beiden Männer begegnete.
„Ihr seht, auch ich hatte nicht die Kraft, der Dunkelheit ewig zu widerstehen. Diesen Kampf habe ich nun doch verloren.“ Das Sprechen fiel ihr zusehends schwerer und so wurde sie immer leiser. Sie hatte noch so vieles sagen wollen, aber dafür war sie bereits zu schwach. Blasiges Blut begann aus dem Mund hervorzuquellen, der Atem ging röchelnd. Der Kriegerin blieb kaum noch Zeit. Ihre Hände suchten nach denen des Vaters und des Freundes. „Denkt an mein Herz. Ihr müsst dies tun, bitte!“ Ihr Kopf rutschte langsam nach unten.
„Nein! – Was hat sie getan?!“ Soh’Hmil konnte, wollte nicht begreifen, was gerade geschehen war. Er war entsetzt.
„Sie hat mit der letzten Waffe gegen die Dunkelheit gekämpft, die ihr verblieben war, ihr Leben. – Wartet hier auf mich. Ich will sehen, ob es noch Hoffnung für die Erbin der Macht gibt.“ Die Worte des gelbgrünen Reptils verhallten in den weißen Nebeln, die nun über der Stelle hingen, an der sich das Tier mit Lewyn gerade noch befunden hatte.
„Es reicht nicht aus, unsere Truppen von hier aus zu befehligen. Das habe ich dir gleich gesagt! Wir sollten auf der Stelle wieder gehen und sie niederstrecken.“ Whengra hatte ständig im Raum der Voraussicht beobachten müssen, wie seine Feindin ihm durch die Finger schlüpfte. Dann hatte er eine Entdeckung gemacht, die ihn erst einmal sprachlos hielt. Osgh reagierte auf sein plötzliches Verstummen mit einem Kopfschütteln.
„Was ist los? Du hattest doch nicht etwa eine brauchbare Idee?“, meinte er nun ironisch und erntete dafür einen wütenden Blick des alten Elben.
„Ich habe gerade erkennen müssen, warum uns dies Weib ständig entkommt. Er ist zurück! Sie hat es irgendwie geschafft, Cadar auf ihre Seite zu bringen! Es ist keine List, um sie dann aus dem Hinterhalt zu vernichten. Er schlägt tatsächlich gegen uns! Wie ist das nur möglich?!“
„Diese Hexe scheint bereits wieder über weit größere Macht zu verfügen, als wir angenommen hatten. Das durfte nicht sein. Ich muss zugeben, du hast Recht. Wir müssen nun gemeinsam gehen, es wird Zeit, dass sie stirbt!“ Die beiden dunklen Zauberer ließen die Bilder in den grauen Wänden verschwinden und wollten sich aufmachen, ihren Worten die Tat folgen zu lassen. Doch etwas hielt sie in dem großen leeren Raum fest. Dann erblickten sie
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