Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
erhoben und blickte in die Umgebung.
„Weshalb glaubst du, haben wir im Augenblick nichts zu befürchten? Schon so oft waren deine Feinde kurz hinter dir.“
„Schon. Aber die, die uns an der Seite des Verräters und Osghs folgten, konnten wir vernichten. Auch die beiden Magier sind gefallen. Ich weiß, der Mensch wird eines Tages erneut gegen uns stehen. Doch nehme ich an, dass dies einige Zeit dauern wird. Und der eine Dunkle? Die Drachen sagten, er sei sehr geschwächt. In den Tiefen des Berges glaube ich, ihn zudem erneut verletzt zu haben. In jedem Fall aber kostet ihn Whengras Verlust viel Kraft. Die nächsten Tage werden wir sicher nur darauf acht geben müssen, nicht dem Grauen dieser Region zu nahe zu kommen. Du weißt nicht, worin es besteht? Hergew wollte es mir nicht sagen.“
„Leider werde auch ich es erst wissen, wenn wir damit in Berührung kommen. Ich gestehe, in diesem Fall verzichte ich gern auf diese Bekanntschaft.“ Der Renaorianer unterbrach kurz seine Beschäftigung, er versuchte das Kribbeln aus den Beinen zu massieren und grinste der jungen Frau entgegen.
„Hm, ich auch. Ich möchte einmal ein Ziel ohne Kampf erreichen können.“ Sie bedeutete ihrem Vater, dass er sich Zeit lassen konnte und verschwand in Richtung des Waldrandes. Von da aus spähte sie über die Weite der vor ihr liegenden Hügellandschaft. In einiger Entfernung, am nördlichen Horizont, zeigten sich drei der neun Bergkämme, die ihren Weg bestimmten. Bis dahin würden sie sicher zwei, eher drei Tage benötigen. Die Söhne des Windes standen ihnen leider nicht zur Verfügung. Durch den Zauber der Lichtung hatten sie einander verpasst. Aber vielleicht würden sie später auf die Tiere treffen.
Nachdem die Halbelbin ihre Umgebung gründlich erkundet hatte, wandte sie sich erneut dem Wald zu. Sie ließ Cadar wissen, dass bisher nichts Auffälliges zu finden war. Dann tauchte sie in das Dunkel der Bäume und sah sich dort um. Sie war wirklich froh, als sie in dem Dickicht ebenfalls nichts Ungewöhnliches entdecken konnte.
„Hast du dich erholen können? Der Weg ist frei und wir sollten diese Gunst nutzen.“ Sie hatte ihn überrascht. Der Mann war während ihrer Abwesenheit eingeschlafen und schreckte nun hoch. Rasch rollte der gut Fünfzigjährige seine Lederdecke zusammen. Danach nahm er der jungen Frau ein Blatt ab, das sie wie einen Trichter in ihrer Hand hielt. Darin befanden sich Früchte des Waldes. Sie hatte die Gelegenheit genutzt und außer nach Feinden zudem nach etwas Essbarem gesucht. Keiner von beiden konnte wissen, ob es später dafür die Möglichkeit geben würde. So aber konnten sie die vorhandenen Vorräte aufsparen.
„Wenn wir uns nicht verausgaben, werden wir die Berge in drei Tagen erreichen.“ Sie standen an der Grenze zur Ebene.
„Das lässt uns sicher genügend Zeit, um nach dem Tor Farusias zu suchen“, entgegnete der Renaorianer zwischen zwei Bissen.
„Darauf würde ich mich nicht verlassen. Die Drachen meinten, wir würden nicht so schnell an unser Ziel gelangen, wie wir es uns erhoffen.“
„Als dir Agerass dein Ziel offenbarte, sahst du die Blätter fallen. Bis dahin vergehen noch ein paar Tage.“
„Das ist richtig. Ich fürchte nur, der Fluch der Berge der zwei Könige besteht in den Irrwegen darin. Geben wir nicht acht, werden wir zu jenen gehören, die sie nicht mehr verlassen.“
„Das Zeichen auf deinem Arm, weist es dir denn nicht mehr den Weg? Ich glaubte, es sei ein sicherer Führer.“
„Noch kann ich den Hinweisen folgen. Doch bin ich davon überzeugt, dass uns diese Hilfe nicht mehr lange zur Verfügung steht. Es wird wie immer sein: Den Pfad an das eigentliche Ziel müssen wir allein finden.“ In der Hand Yar’nael und den Schild deckend im Rücken, betrat die Kriegerin die Landschaft, die sie zu den Bergen eines einst blühenden Reiches führen würde. Außer einigen sanften Anhöhen gab es reichlich Pflanzenwuchs, der ihnen Deckung versprach. Natürlich barg dies wieder die Gefahr, selbst überrascht zu werden. Also konzentrierte sich Cadar, der durch die Hilfe seiner Tochter recht ausgeruht war, auf die magische Beobachtung der Umgebung. Zudem hüllte er sich und die Halbelbin in einen starken Schutzzauber. Sie hingegen ließ stetig ihre Augen das Umfeld absuchen, so weit ihr dies möglich war. Aber weder siedelnde Menschen noch Feinde waren zu entdecken. Momentan waren sie hier allein unterwegs. Zudem gingen beide nicht davon aus, dass sie bis zu den
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