Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
war, wie es sein sollte. Es war nicht nur die große Freundschaft, die Lewyn vermisste, es waren auch seine Erfahrung und seine wertvollen Ratschläge.
„Schnell weg hier!“, rief Cadar plötzlich. Seine Tochter sah sich um, konnte aber keine Gefahr erkennen. Natürlich nicht. Jandahr hatte vor nicht allzu langer Zeit berichtet, der Tod dieser Berge sei nicht sichtbar.
Sie liefen ein gutes Stück zurück in die Richtung, aus der sie gerade gekommen waren.
„Was hast du gespürt oder gesehen?“
„Naria!“, war seine kurze Antwort. Er war entsetzt, wusste er doch, dass ihr lebloser Körper in einem Sarkophag ruhte.
„Das ist unmöglich!“ Sie war ebenso entsetzt. „Warum quälst du uns so? Weshalb erzählst du von ihr? Geht es mir nicht elend genug?!“ Wütend richtete sie ihren Blick auf den Mann, mit dem ihre Mutter einst Leranoth verlassen hatte. Der Zorn aber verblasste sofort wieder, denn sie konnte den tiefen Schmerz im Gesicht ihres Gegenübers erkennen.
„Es war so real. Es war, als stünde sie direkt vor mir.“ Er hatte sich umgedreht und sah zurück in die Richtung, aus der sie gerade gekommen waren. Beinahe erwartete Cadar, dass die geliebte Elbin abermals zwischen den Bäumen erschien.
„Verzeih meine Worte. Ich sollte weiser sein.“ Sie trat zu ihm und legte beruhigend eine Hand auf seine Schulter.
„Das Schicksal spielt grausam mit unseren Gefühlen. Du trägst keine Schuld daran. Ich hätte nichts sagen sollen, weiß ich doch, dass sie nicht mehr unter den Lebenden weilt.“ Er erwiderte die Geste seiner Tochter und zog sie schließlich völlig zu sich. So verhielten sie eine Zeit lang, um sich gegenseitig Trost zu geben.
„Wohin werden wir uns nun wenden? Ich verspüre keine Lust, abermals solch trügerische Bilder zu sehen.“
„Nur ein kleines Stück zurück. Es beginnt bereits zu dunkeln. Und nachts ist dieser verfluchte Wald gänzlich schweigsam. Das Ausbleiben der Rufe seiner Bewohner könnte uns nicht mehr warnen.“ Bevor es jedoch weiterging, bemühte die Heimatlose noch einmal das Zeichen, das sich in Agerass in ihren Arm gebrannt hatte. Aber auch jetzt ließ es sie keinen Weg erkennen.
Weitere Tage folgten, an denen sie immer wieder rasch umkehren mussten. Manchmal erkannten sie die Gefahr jedoch recht spät. Umodis wollte, die Beiden weiter in seine Richtung zu locken. Dahryn flehte um Hilfe. Ureaen versuchte Vater und Tochter zu zeigen, wo sich der Feind versteckt hatte. Lira und Eldilar hofften zu erfahren, ob sie den richtigen Weg aus der Dunkelheit beschritten. Naria wollte Cadar immer wieder in ihre Arme schließen.
„Wenn das nicht bald aufhört, werde ich den Verstand verlieren! Wie lange soll das noch weitergehen? Der Herbst steht in seinem Höhepunkt, die Zeit drängt.“ Schwer atmend und wieder von unglaublicher Traurigkeit erfüllt, versuchte die Heimatlose die Bilder aus ihrem Kopf zu bekommen, die sich ihr gerade gezeigt hatten.
„Bisher haben wir die Gefahr immer noch rechtzeitig erkannt. Werden wir das auch bis zu unserem Ziel schaffen? Was wird geschehen, wenn uns die Trugbilder nicht mehr loslassen?“
„Dann sind wir verloren. Wir sollten weiter auseinander gehen. Wer etwas sieht, warnt den anderen.“
„Werden wir dazu in der Lage sein?“, fragte er zweifelnd.
„Himmel! Du kannst Fragen stellen. Woher sollte ich die Antwort kennen?“ Dann suchte sie nach einer Lösung. „Wenn ich vor dir ging und sich mir die Toten zeigten, war es für dich zu erkennen?“ Das war vielleicht eine brauchbare Idee.
Der Mann grübelte einige Zeit. Er versuchte sich zu erinnern, die Bilder der vergangenen Tage wachzurufen.
„Wenn wir den Anderen sehr aufmerksam beobachten, können wir die Gefahr sehen. Du verhältst für einen Moment im Schritt, wenn das Grauen nach dir greift.“ Da er nun wusste, wodurch die Kriegerin ihr Aufeinandertreffen mit den Verstorbenen verriet und er ohnehin meist der war, der folgte, beließen sie es dabei.
„Gut. Ich werde hinter dir bleiben, um dich zurückzureißen, wenn dies notwendig wird. Lieber wäre es mir, wir würden die Gefahr rechtzeitig erkennen. Irgendwann folgen wir sonst dem Verderben. – Es muss etwas geben, was die Toten ruft.“
„Das ist auch meine Vermutung. Ich versuchte bereits in den letzten Tagen etwas zu entdecken, Nebel, der aus dem Boden kriecht, Pflanzen oder Tiere, die Gift atmen. Ich habe nichts dergleichen gefunden. Wir sollten unsere Sinne schärfen.“
„Du hast nach sichtbaren
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