Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
Augenblicks wurde durch die Flocken verstärkt, die in dichtem Schleier auf Leranoth sanken. Sie ließen darüber den Schutz Dahnikgs flimmernd erstrahlen. Immer wieder wurde er durch silbernes Aufleuchten sichtbar, wenn der Schnee die magische Grenze durchdrang.
Ein dunkler Schatten legte sich erst über den Wald, dann über den großen freien Platz, begleitet von einem tiefen Rauschen. Flügelschlag war zu vernehmen. Hergew ließ sich kurz darauf am Waldrand nieder. Er hatte die drei Ankömmlinge längst bemerkt. Geduldig wartete der Fürst der Drachen, bis Lewyn, ihr Vater und der erste Heerführer Asnarins aus der Dunkelheit der Bäume traten. Aber vorerst verließen sie diesen Schutz nicht. Unsicher blickte die Halbelbin in Richtung des großen Tores. Würden die Bewohner sie wirklich willkommen heißen? Die fünf Gitalaner hatte sie bereits zu ihrer Großmutter geschickt. Dort sollten sie das Nahen der jungen Frau melden. Voller Ungeduld wartete die Magierin auf ein Zeichen, dass die Weisen ihr den Zutritt gewährten. Noch war es nicht soweit.
„Es ist schön, dich in deinen heimatlichen Landen zu sehen.“ Hergew neigte leicht seinen Kopf.
„Es ist schön, dass ihr noch immer hier seid, um den Elben euren Schutz zu geben. Ich hoffe sehr, dass dies nun die längste Zeit währte und ihr bald in eure Heimat zurückkehren könnt.“ Auch die Prinzessin neigte ihren Kopf.
„Den schlafenden Berg zu vernichten, wird nicht einfach werden. Danach wirst du lange geschwächt sein, wie dein Gegner. Den Kampf gegen den einen Dunklen kannst du nicht in nächster Zukunft erwarten, doch sollten seine Heerscharen durch das Bündnis zerschlagen werden. Ist das erreicht, können wir uns zurückziehen. Dann wird eure Stärke zur Verteidigung ausreichen.“ Hergew hob sein Haupt und ließ sein Feuer in Richtung Himmel steigen. Die Flammen waren so heiß, dass sie nicht nur den fallenden Schnee erst zu Wasser werden und dann verdampfen ließen. Binnen kürzester Zeit zeigte sich ein Loch in der geschlossenen Wolkendecke. Durch dieses drängten die goldenen Strahlen der Wintersonne. Sie warfen ihr warmes Licht auf die Heimgekehrte.
Zaghafte Rufe waren von der Mauer her zu hören, dann auch freudige Stimmen. Das Tor wurde geöffnet und eine Abordnung der Leranother trat daraus hervor. Ganz vorn waren Wengor und Feregor zu erkennen, gerade bei letzterem war deutlich die Freude über diese Rückkehr zu bemerken. Er hatte Mühe seine Schritte nicht schneller werden zu lassen. Aber auch sein Bruder kam mit einem Lächeln, wenn auch mit einem verlegenen, auf die junge Frau zu. In der Mitte der Männer schritt Asnarin. Und die dachte nicht daran, ihre Gefühle zu zügeln. Rasch war sie bei ihrer Enkelin, die der Gruppe entgegenkam. Sie griff deren Arme und zog sie zu sich. Eine innige, allerdings ziemlich kurze Umarmung erfolgte. Als die oberste Elbin die Magierin wieder losließ, glitzerten Tränen der Freude in ihren Augen. Beinah machten sie dem Funkeln des Schneefalls Konkurrenz. Asnarin trat wieder ein Stück zurück und neigte mit strahlendem Gesicht ihr Haupt vor der Thronfolgerin. Sie wandte sich anschließend dem Heerführer zu. Der war der Kriegerin in ihrem Auftrag gefolgt und hatte über Jahre an deren Seite gestanden. Es war noch gar nicht so lange her, dass er dies fast mit seinem Leben bezahlt hatte. Zu dieser Zeit hatte Regos ihn noch im Geheimen heilen müssen. Jetzt wussten die Elben jedoch, dass ihr größter Krieger nicht aus dem Reich der Toten zurückgeholt wurde. Er war endlich wieder willkommen.
Feregor hatte den Platz seiner Königin übernommen. Fest war der Druck, als sich seine Hände um die Oberarme seines einstigen Schützlings legten. Dann strich seine Rechte sanft über das immer noch, im Vergleich zu sonst, kurze Haar Lewyns.
„Nun bist du hier wieder gern gesehen. Endlich ist Let’wedens Prinzessin nach Hause gekommen.“ Der Weise entbot ihr seinen Respekt und trat zurück, nur um seinem Bruder das Wort zu überlassen. Langsam, die Augen fest auf die Erbin der Macht gerichtet, schritt der auf sie zu. Schließlich tat er etwas, was niemand erwartet hätte. Er beugte die Knie vor der jungen Frau und neigte ebenfalls sein Haupt. In dieser Stellung verharrte er.
„Verzeih mein Zweifeln, verzeih meinen Wahnsinn.“ Noch immer sah er nicht auf. Er wusste, dass sein Handeln den Untergang Let’wedens hätte bedeuten können. Nun hoffte er auf die Großherzigkeit der Vierundzwanzigjährigen, darauf,
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