Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
dass nicht er es war, der diesmal die Heimat verlassen musste.
„Nicht, Wengor, erhebe dich.“ Sie suchte nach den passenden Worten. Obwohl sie wusste, dass der Älteste nur versucht hatte, sein Volk vor Schaden zu bewahren, so hatte er es letztlich doch großer Gefahr ausgesetzt und ihr hatte seine Entscheidung unendlich viel Schmerz bereitet. Vergeben konnte sie ihm sein blindes Handeln sicher nicht, aber sie versuchte Verständnis aufzubringen.
„Ich denke, wir sollten nicht jetzt und nicht hier reden. Zeit dafür werden wir noch genügend haben. Bitte, ich möchte endlich die Stadt der Könige betreten können.“ Sie hatte längst Regos und Nhaslin am Tor entdeckt. Das freche Grinsen des Freundes, das natürlich auch jetzt in seinen Zügen lag, war für sie unglaublich wohltuend. Von diesem Tage an würde sie es sicher wieder öfter zu sehen bekommen. Auch seine Gemahlin strahlte. Der Grund dafür lag aber nicht nur im Erscheinen der Halbelbin. Lediglich noch ein paar Tage und sie würde ihren Sohn in den Armen halten können.
Hinter diesen beiden zeigten sich die anderen Freunde, die offen zu ihr gestanden, ihre Freundschaft gezeigt hatten. Neben Nagalenos und Lheassa entdeckte sie ebenfalls Andail. Fjanara aber vermisste die Kriegerin. Das traurige Lächeln des einstigen Begleiters gab ihr schließlich die Gewissheit, dass es die junge Frau nicht bis in die Mauern Leranoths geschafft hatte. Sicher waren noch mehr der wenigen Freunde in den schweren Kämpfen der vergangenen Jahre gefallen.
„Endlich, endlich bist du zurück. Nun musst du nicht den Zorn der Weisen oder eine heimtückisch gegen dich gerichtete Waffe fürchten. Endlich haben sie sehen gelernt und begriffen.“ Regos mochte die so lang vermisste Freundin gar nicht mehr loslassen. Ihre Reaktion auf seine Worte brachten ihn aber doch dazu.
„Was ist, ließen dich die Visionen etwas anderes sehen?“ Erschrocken blickte er zu ihr.
„Nein. Aber ich glaube nicht, dass sie wirklich begriffen haben. Sieh dich um. Die Angst in ihren Augen ist deutlich erkennbar. – Ach, genug davon. Ich bin nicht hier, um mich trübsinnigen Gedanken hinzugeben. Ich freue mich, wieder in Leranoth verweilen zu können. Ich bin glücklich, dich wieder an meiner Seite zu haben.“ Lewyn ließ den Freund los und wandte sich dessen Gemahlin zu. Anschließend das große Tor zu passieren und die nächsten Meter hinter sich zu bringen, dauerte einige Zeit. Die Freunde wollten alle begrüßt werden. Zu denen zählte auch Xandia. Sie hatte still in einer der hinteren Reihen gestanden. Doch war sie von der Prinzessin rasch entdeckt wurden. Auch dieses Wiedersehen war äußerst herzlich.
Bevor die Halbelbin der von Elben gesäumten Straße weiter folgte, blickte sie sich nach Soh’Hmil und ihrem Vater um. Ersteren konnte sie direkt hinter sich entdecken. Cadar aber war bei Hergew verblieben. Er wusste, dass ihm in der Stadt nichts als Hass begegnen würde. Seine Tochter ahnte diese Gedanken. Sie grübelte darüber nach, wie Leranoths Bewohner verstehen konnten. Wie sollten sie?! Sie waren ja nicht einmal in der Lage, einer alten Prophezeiung Glauben zu schenken. Wie hätten sie den Wandel des Renaorianers begreifen können?
Wengor und sein Bruder waren wieder hinter der Kriegerin. Sie folgten ihrem Blick. Ihre Gesichter wurden ernst.
„Er ist hier?“ Feregor hatte es erraten.
„So ist es. Er hat mich von Beginn meiner Verbannung an begleitet. Lange Zeit gewährte er mir heimlichen Schutz. Später half mir zudem seine Erfahrung. Ich werde meinen Vater jetzt nicht wegschicken. Verwehrt ihr ihm den Zutritt, werde auch ich nicht bleiben.“
„Wie die Zeit doch eine Meinung ändern kann.“ Der Weise lächelte. Er erinnerte sich an die Begegnung in der Taseres. Lewyn war zu dieser Zeit nicht gerade glücklich über die Begleitung des Mannes aus Wyndor. Und jetzt wollte sie lieber Leranoth wieder den Rücken kehren, als ihn von sich zu weisen.
„Hab keine Sorge. Wengor hat ebenfalls von Cadars Wandlung berichtet. Nun, du wirst nicht erwarten können, dass sie ihm zujubeln. Zumindest aber werden sie ihn dulden.“ Beide beobachteten den jüngeren der Brüder, wie der auf den Drachen zuhielt, der bis jetzt Cadar vor den Blicken der Leranother verborgen hatte. Schließlich erhob sich Hergew und gab damit den Blick auf die Diskutierenden frei. Ein Raunen ging durch die Menge. Er, der schwarze Zauberer, war in ihrer Reichweite. Viele Krieger griffen unwillkürlich zu
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